Nichts kitzelt die deutsche Fernsehbranche ganz offenbar so sehr wie die zuletzt immer wieder kolportierten Programmbudgets der internationalen Streamingdienste. Angesichts oft bestaunter Investitionen von Netflix und Amazon zog sich die Antwort der Screenforce Days 2018 von der Begrüßung durch Martin Krapf, Geschäftsführer der Gattungsinitiative, bis zum letzten Screening: Wir investieren ebenso - und zwar acht Milliarden Euro allein auf dem deutschen Markt. Von großen Sendergruppen bis zum kleinen Spartensender: Die Fernsehmacher überboten sich in den vergangenen beiden Tagen regelrecht mit den Prozentsätzen der Budgeterhöhungen.



Nun, einzelne Marktteilnehmer betonen die Mehrausgaben fürs Programm schon seit einigen Jahren, aber so geballt war diese Botschaft an Media-Agenturen und Werbekunden lange nicht mehr zu vernehmen: Wir stecken mal wieder so richtig Geld ins Programm. Genauer: In eigene Programme, deren Rechte dann auch vollständig und auf allen Plattformen verwertbar sind. Die Zeit eingekaufter Lizenzprogramme scheint für den Augenblick vorbei. Bei RTL überraschte das weniger, aber auch bei der ProSieben-Präsentation und dem Sky-Screening spielte neue US-Ware beispielsweise gar keine Rolle mehr.

Ein Opening zum „Game of Thrones“-Soundtrack bei Sky war das höchste der Gefühle. Vorbei sind die Zeiten in denen man stolz den Erwerb einzelner neuer US-Serien feierte oder mit einem wuchtigen Hollywood-Trailer mit möglichst prominenter Besetzung auf gefällige Art und Weise Emotionen weckte. Nur Disney versuchte es - mit der Ironie, dass kaum eine der gezeigten Blockbuster von Disney, Pixar, Marvel und Lucas Film jemals beim deutschen Disney Channel zu sehen sein wird. Nein, bei den Screenforce Days 2018 stand in dieser Woche eindeutig Fernsehen made in Germany im Mittelpunkt.

Eine Entwicklung, die zweifelsohne durch die neue Konkurrenz der internationalen Streamingdienste angestachelt wurde. Es wirkt so, als habe das werbefinanzierte Fernsehen seine Antwort auf die Wettbewerber gefunden: Mit lokalen Inhalten für den Feierabend gegen globale Programme fürs XXL-Bingewatching. Die damit verbundene Botschaft an Media-Agenturen und Werbekunden, für die der Event veranstaltet wird: Je mehr Programm in Deutschland selbst produziert wird, desto mehr Möglichkeiten gibt es auch, ihre Marken zu integrieren. Um die Gunst der Marken bzw. Marketingbudgets kämpften in Köln-Ossendorf gleich zehn Vermarkter mit eigenen Screenings.

Screenforce 2018© DWDL.de


Auch im zweiten Jahr dieses Gattungs-Events, der aus dem schnöden TV-Wirkungstag hervorgegangen ist, hätte die Vielfalt der Screenings nicht größer sein können. Es war wieder ein Mix aus Erfolgsmeldungen, Emotionen und großem Entertainment. Oft selbstironisch und gerne mit schauspielernden Programmverantwortlichen in Einspielern. Für Sky ging Programmchef Marcus Ammon im "Boot" auf Tauchstation, für die Mediengruppe RTL Deutschland half gleich die gesamte Führungsriege in einer romantischen Liebesgeschichte und bei ProSiebenSat.1 warf Wolfgang Link wieder die Frage auf, warum er hinter und nicht vor der Kamera agiert.

Den größten Raum bei den Screenforce Days nehmen die Präsentationen der Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 ein, auch weil in diesem Jahr beide kräftig überzogen. Überzeugender in der Form der Präsentation war hier ProSiebenSat.1, allerdings mit nur geringem Vorsprung vor den Kölnern, die mit einer charmanten Rahmenhandlung eine sehr familiäre Präsentation ablieferten. Stark war die Präsentation von Nitro, mauer die von Super RTL. Bei Vox stifteten Roland Trettl und Michael Mittermeier mehr Verwirrung als Neugier auf ein neues Format. Dafür verkaufte RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann die Positonierung und Planungen seines Senders überzeugend. Strategische Worte gab es vorne weg von Chefin Anke Schäferkordt und hintenraus von Matthias Dang.