Während RTL im Herbst noch mit recht guten Quoten in die TV-Saison startete, baute der Marktführer im Lauf der Saison Stück für Stück ab. Zuletzt hielt man sich nur noch knapp über der Marke von zwölf Prozent Marktanteil. Marktführer in der Krise also? Nun, es gab durchaus positive Entwicklungen. So ist es RTL gelungen, mit "Magda macht das schon" eine neue, eigenproduzierte Sitcom erfolgreich zu etablieren, die auch direkt in eine zweite Staffel geschickt wurde. "Magda" bildete ein äußerst erfolgreiches Doppel mit "Der Lehrer", das sich zuletzt noch einmal leicht steigern konnte und mittlerweile auf durchschnittlich 18 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe kommt. Auch "Alarm für Cobra 11" steigerte sich zuletzt wieder deutlich. Dass mit "Triple Ex" und "Nicht tot zu kriegen" zwei Sitcom-Neustarts nicht so sehr überzeugen konnten wie "Magda" und dementsprechend nicht verlängert wurden, ist da zu verschmerzen, zumal sie mit jeweils rund zwölf Prozent Marktanteil trotzdem in der Nähe des Senderschnitts lagen.
Keine Frage ist aber auch: Das reicht noch nicht, denn RTL muss notgedrungen wieder deutlich mehr selbst produzieren. Ähnlich wie bei den Kollegen in Unterföhring funktioniert auch beim Marktführer nur noch wenig neue US-Ware. So ging die neue Serie "Shades of Blue" mit Jennifer Lopez in der Hauptrolle unter. Von den schon länger laufenden Serien war nur auf "Bones" Verlass, "Person of Interest" oder "The Blacklist" sendet man ohnehin nur noch spät am Abend und auch dort mit wenig Erfolg. "Bones" wurde allerdings in den USA mittlerweile beendet, nur noch zwölf neue Folgen hat RTL in petto.
Aber RTL hat kräftig entwickelt. So befinden sich derzeit mit "Bad Cop", "Jenny", "Plötzlich Anwalt", "Lifelines" und "Sankt Maik" gleich fünf Drama-Serien in der Produktion. Hinzu kommt die Sitcom "Beste Schwestern" mit Mirja Boes, die man schon vor einiger Zeit angekündigt hatte und die im Sommer gedreht wird. Ziel des Senders ist es, künftig einen zweiten Abend mit eigenproduzierten Serien bestücken zu können. Erkennbar ist dabei ein Strategie-Wechsel: Statt alle Aktien auf eine teure Aushängeschild-Produktion zu setzen, die dann wie im Fall von "Deutschland 83" die Erwartungen aus Quotensicht womöglich nicht erfüllt, streut man nun breiter. Nun bleibt abzuwarten, wie hoch die natürliche Floprate ist und ob einer oder mehrere neue Hits unter den Neustarts sein werden.
Im Show-Bereich feierte man vor allem im Sommer vergangenen Jahres schöne Erfolge. "Ninja Warrior Germany" war ein Überraschungshit, "500" schlug sich mit Jauch ebenfalls gut. Doch im Herbst und Frühjahr mussten es vor allem wieder die altgedienten Formate wie "Supertalent" und "Let's dance" und "DSDS" richten, auf die man sich im Großen und Ganzen auch verlassen konnte - nur bei Letzterem hat man im Lauf der Staffel offenbar gravierende Fehler gemacht. In der Endphase der Staffel hatte die Show plötzlich mit unerwartet großen Quotenproblemen zu kämpfen. Verzichten kann RTL auf das Format, das viele Wochen teils sogar zwei Sendeplätze füllt, aber kaum.
Der erneute Versuch, mit "Dance Dance Dance" eine weitere Tanzshow zu etablieren, verlief zwar besser als bei "Stepping Out" und eine zweite Staffel ist bestellt, mehr als Mittelmaß waren die Quoten aber nicht. Experimentiert hat man auch auf ungewohntem Sendeplatz am Donnerstagabend, dort tat sich die Spielshow "Schnapp dir das Geld" aber ebenfalls schwer, die "Crash Test Promis" blieben mittwochs blass. Im Schlepptau des "Supertalents" feierte aber immerhin das von Oliver Geissen präsentierte "Big Music Quiz" einen erfolgreichen Einstand. Mehr gebracht hätte RTL aber ein Erfolg am Sonntagabend, wo man Alternativen zum wenig erfolgreichen Film-Programm sucht. Ähnlich wie Sat.1 ließ sich auch RTL vom Erfolg, den Vox dort mit Shows hatte, inspirieren und wagte sich ebenfalls auf dieses Feld, weil man mit Filmen schon lange nicht mehr gegen den "Tatort" und häufig auch nicht gegen ProSieben ankommt. Doch ebenso wie Sat.1 mit seinen Neustarts ging auch RTL damit baden. Weder "Die 2", noch "Mensch Gottschalk" oder "It takes 2" überzeugten.
Größter Hit der Kölner blieb auch in der vergangenen Saison das Dschungelcamp, das auch in diesem Jahr für rund 40 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe gut war und mehr als sechs Millionen Menschen zum Einschalten brachte. Überraschend gut hat dann auch die Strategie funktioniert, "Adam sucht Eva" in Dschungelcamp-Manier eine Woche lang am späten Abend zu zeigen. Und dann kann sich RTL natürlich auf die (teuer eingekauften) Übertragungen der Spiele der deutschen Nationalmannschaft verlassen. Während sich auch die Formel 1 zuletzt erholen konnte, war beim Boxen der Wurm drin: Nachdem zunächst der Kampf zwischen Marco Huck und Ovill McKenzie verschoben werden musste, wurde auch der Kampf zwischen Wladimir Klitschko und Tyson Fury abgesagt. Klitschko stieg später gegen Anthony Joshua in den Ring, 9,5 Millionen Menschen sahen seine bittere Niederlage. Hier steht RTL vor der Herausforderung, ein mögliches Karriereende von Klitschko kompensieren zu müssen. Huck erzielt zwar gute Quoten, die Strahlkraft von Klitschko hat er aber nicht.
Ein Aushängeschild von RTL war viele Jahre auch der Dokusoap/Real-Life-Bereich. Doch langlaufende Formate performen dort inzwischen deutlich schlechter als noch vor wenigen Jahren. So musste sich "Bauer sucht Frau" zuletzt immer häufiger hinter dem "Club der roten Bänder" einreihen, auch "Schwiegertochter gesucht" büßte Marktanteile ein. "Mario Barth deckt auf" ließ im Frühjahr kurz alte Stärke aufblitzen, ist alles in allem von alten Quotenhöhen aber ebenfalls entfernt. Viel versprochen hatte man sich von der Rückkehr von Christian Rach als "Restauranttester" - doch aus dem Format scheint langsam die Luft raus zu sein. Auf "Undercover Boss" kann man sich zwar verlassen, von Bestwerten ist man aber auch dort entfernt. Wie man ein zuletzt schwächelndes Format erfolgreich wiederbelebt, stellte man unterdessen eindrucksvoll beim "Jenke-Experiment" unter Beweis. "Das ist Deutschland" flog unterdessen nach nur einer Folge wieder aus dem Programm und endete bei RTL Nitro.
Bleibt noch der Blick aufs Tagesprogramm. Früh hat man "Guten Morgen Deutschland" zwar stabilisiert, trotzdem zieht man gegen Sat.1 noch regelmäßig den Kürzeren. Nach "Punkt 12" hat der "Blaulicht-Report" einen sehr kurzen Lebenszyklus gehabt und ist inzwischen schon wieder eingestampft. Nun will man mit ungescripteten Formaten punkten, wie Schwestersender Vox es erfolgreich vormacht. Ob das zu kurzfristigen Erfolgen führt, bleibt aber erstmal abzuwarten. Immerhin: Am Vorabend ist man nämlich nach wie vor erfolgreich unterwegs, allen voran "Gute Zeiten Schlechte Zeiten" hält die Fahne hoch. Zuletzt lag die Dailysoap rund um ihr 25-jähriges Jubiläum regelmäßig bei mehr als 20 Prozent Marktanteil. "GZSZ" bleibt damit ein fester Anker. Drumherum wird es vor allem wichtig sein, weitere eigenproduzierte Serien zu etablieren sowie die Daytime zu stabilisieren.