Die Tops der Saison 2016/17
Erfolgreich für die Primetime aufgebaut: "Luke! Die Schule und ich" (Sat.1)
Die erste Staffel von "Luke! Die Woche und ich" war für Sat.1 im Frühjahr 2015 nicht gerade ein großer Erfolg, die Marktanteile dümpelten im einstelligen Bereich vor sich hin. Doch bei Sat.1 hielt man große Stücke auf Luke Mockridge, gab schon damals zu erkennen, dass man ihn aufbauen wolle, damit er sich irgendwann auch in der Primetime beweisen kann. Und siehe da: Der Plan ist aufgegangen: Nicht nur dass "Luke! Die Woche und ich" inzwischen im Schlepptau von "The Voice" ein Erfolg ist, mit "Luke! Die Schule und ich" gelang Sat.1 auch ein - dringend benötigter - Show-Erfolg abseits der großen Marke "The Voice" am Freitagabend, der dem Sender über vier Wochen stabil etwa 13 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe bescherte. Die Aufbauarbeit und die Suche nach einem zum Moderator passenden Konzept hat sich hier offensichtlich ausgezahlt.
Nacktheit zieht: "Naked Attraction" (RTL II)
Nackte Körper im Fernsehen taugen heute nicht mehr zu einem Skandal. Doch für einen Quotenerfolg sind sie allemal gut, wie RTL II in diesem Frühjahr mit "Naked Attraction - Dating hautnah" bewiesen hat. Die Sendung trieb das Dating anhand oberflächlicher Kriterien gewissermaßen auf die Spitze - die ersten Entscheidungen fielen nämlich bereits nach Ansicht einzelner Körperteile. Und wer nicht für möglich gehalten hatte, dass im deutschen Fernsehen mal ausführlich über die Form von Geschlechtsorganen des jeweils anderen Geschlechts diskutiert würde, sah sich auch eines besseren belehrt. Dem Publikum hat's jedenfalls gefallen: Nicht nur die Neugier in der ersten Woche sorgte für einen zweistelligen Marktanteil, bis zuletzt blieb das Quotenniveau auch stabil auf diesem herausragenden Niveau.
RTL II war dabei nicht der einzige Sender, der mit Nackt-Dating punkten konnte: RTL hat sein "Adam sucht Eva" nach eher übersichtlichen Quoten in den letzten Jahren diesmal mit Promis aufgepeppt und als Event eine Woche lang am späteren Abend gezeigt. Und siehe da: Auch das lief gar nicht so schlecht. Man darf also gespannt sein, ob es bald noch mehr nackte Haut im Fernsehen geben wird.
Investition in Eigenes zahlt sich aus: "Magda macht das schon" (RTL)
"Enttäuschend harmlos und unoriginell", "unmodern" und in Folge 2 bereits völlig ohne Pointe - so lautete das DWDL-Urteil zum Start der neuen Sitcom "Magda macht das schon". Doch wir müssen im Nachhinein unseren Hut ziehen: Die Macher haben mit "Magda macht das schon" ins Schwarze getroffen und genau den Geschmack des RTL-Publikums getroffen. Gemeinsam mit dem ebenfalls überaus erfolgreichen "Der Lehrer" zeigte "Magda macht das schon" zu Jahresbeginn, wieso es sich lohnt, in eigene Produktionen zu investieren - denn einen ähnlichen aus dem Ausland importierten Erfolg hat man hierzulande schon lange nicht mehr gesehen. Dass "Nicht tot zu kriegen" und "Triple Ex" danach nicht daran anknüpfen konnten, ist verschmerzbar, wenn doch immerhin ein richtiger Hit dabei rauskam, auf dem man in den kommenden Jahren nun aufbauen kann.
Daytime-Hits erobern die Primetime
"Bares für Rares" hat seine beeindruckende Erfolgsgeschichte der letzten Jahre in der vergangenen Woche gekrönt. Das Trödel-Format ist inzwischen ein echter Quotenhit am Nachmittag, wo es beim Gesamtpublikum für weit über 20 Prozent Marktanteil reicht. Auch bei den jüngeren Zuschauern setzt "Bares für Rares" längst regelmäßig gegen die gescripteten Formate von RTL und Sat.1 durch. Nebenbei hat "Bares für Rares" auch ZDFneo am Vorabend zu einem Höhenflug verholfen. Und nun auch noch das: Der erste Primetime-Ausflug lockte 6,4 Millionen Zuschauer an, holte selbst beim jüngeren Publikum über 16 Prozent Marktanteil - herausragende Werte.
Dass Daytime-Hits erfolgreich in die Primetime übertragen werden können, zeigte aber auch Das Erste mit seinen Quizshows, die am Vorabend in der letzten Saison weiter zulegen konnten. Dass "Wer weiß denn sowas" auch in einer XXL-Version am Abend funktioniert, war bereits bekannt, doch auch "Gefragt - Gejagt" stellte seine Primetime-Tauglichkeit mit über fünf Millionen Zuschauern unter Beweis. Das "Paarduell" funktioniert als XXL-Version in der Primetime ohnehin besser als am Vorabend.
Stimmig weiterentwickelt: "Die Höhle der Löwen" (Vox)
"Die Höhle der Löwen" war schon in den vergangenen beiden Jahren ein voller Erfolg - doch im Herbst letzten Jahres hat die Gründershow nochmal eine kräftige Schippe obendrauf gelegt. Von im Schnitt rund 12 schnellte der Marktanteil in der klassischen Zielgruppe auf fast 18 Prozent nach oben, hat also nochmal um rund die Hälfte zugelegt. Diese erneute Quoten-Explosion kommt nicht von ungefähr: Die Zusammensetzung der "Löwen" wirkte in der letzten Saison noch stimmiger als während der ersten beiden Staffeln. Lencke Steiner hatte mit "Ich bin raus" zwar ein gewisses Kultpotential, der knorrige Vural Öger sowieso - doch dass nun mit Ralf Dümmel ein neuer Löwe dabei ist, der auch kleinere Erfindungen erfolgreich in den stationären Handel bringen kann und dass mit Carsten Maschmeyer - so umstritten seine Vergangenheit sein mag - ein weiterer Investor mit großer Finanzkraft mit in der Höhle sitzt, tut dem Format gut.
Dass Vox sich in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf bei seinen Eigenproduktionen erarbeitet hat, tat sicherlich sein übriges. Denn auch andere Formate wie etwa der "Club der roten Bänder" oder "Kitchen Impossible" konnten in der letzten Saison nochmal deutlich zulegen.
Erfolgreich wiederbelebt: "Das Jenke-Experiment" (RTL)
"Das Jenke-Experiment" ist der Beweis dafür, dass man ein Format nur dann fortsetzen sollte, wenn man die richtigen Themen dafür findet. Das im ersten Jahr sehr erfolgreiche Format, das einst aus Jenkes Experimenten im Rahmen von "Extra" entstand, war im Frühjahr 2015 erheblich unter die Räder gekommen. Die Selbst-Experimente von Jenke von Wilmsdorff drehten sich da um Themen wie Körperkult oder Massentierhaltung - die sich eben nur sehr bedingt für den Selbstversuch eines Menschen eignen. Für Staffel 4 hat man sich mehr Zeit genommen, hat einen neuen Drogen-Selbstversuch gemacht, hat sich den Themen Essstörung, Knast und Demenz angenommen - und siehe da: Das hat funktioniert: Insbesondere das Drogen-Experiment führte das zuvor schwächelnde Format mit knapp 25 Prozent Marktanteil in der klassischen Zielgruppe zu einem neuen Bestwerten, auch sonst lief's viel besser als zuletzt. Dieser Aufschwung zeigt aber zugleich auch: Ewig wird man das Format nicht fortsetzen können.
Nicht nur Krimis taugen zum Serienhit: "Charité" (Das Erste)
Die erfolgreichste Serie des Landes hieß in der zurückliegenden Saison "Charité". Bei Kritikern stieß die Serie auf ein eher geteiltes Echo - doch das Publikum war begeistert. Über acht Millionen Zuschauer wollten sich zum Auftakt in eine Zeit zurückversetzen lassen, in der die moderne Medizin noch in den Kinderschuhen steckte, auch beim Finale waren noch mehr als sechseinhalb Millionen Zuschauer mit dabei. Am meisten ärgert man sich bei der ARD womöglich nun darüber, in welcher Geschwindigkeit man die Geschichte erzählt hat - und dass man am Ende in Einblendungen deutlich gemacht hat, wie sich das Schicksal der Hauptfiguren weiterentwickelt. Eine zweite Staffel ist trotzdem geplant, sie wird nun aber in einer anderen Zeit - nämlich während der Nazi-Herrschaft - spielen.
Der Fun-Freitag ist doch noch nicht tot (Sat.1)
Fun-Freitag - das war in der Endphase schon fast zum Schimpfwort geworden für eine große Suppe an immer gleichen Sketch-Comedys und gewollt lustigen Formaten. Ganz getrennt hat sich Sat.1 von seinen Sketch-Comedys zwar nie, doch außer einigen wenigen Folgen "Knallerfrauen" und "Ladykracher" kam in den letzten Jahren kaum noch neue Ware hinzu. Und so kommt es, dass Sat.1 sich am späten Freitagabend vorwiegend mit sehr gut abgehangenen Material durchhangeln musste. Dabei zeigten doch die beiden vorgenannten, dass es auch heute noch eine Nachfrage nach gut gemachten Sketch-Comedys gibt. Die bediente man in der zurückliegenden Saison mit "Rabenmütter" und "Knallerkerle" endlich auch mal wieder mit neuen Formaten.
Und dann holte man auch noch das altgediente "Genial daneben" hervor, dessen Konzept so genial einfach ist, dass es auch heute noch funktioniert. In der Spitze holte das Format, das auch in der Neuauflage auf Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen baut, über 13 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe - und hätte es einen erfolgreicheren Begleiter gehabt als "Paul Panzers Comedy-Spieleabend", wäre das vielleicht auch dauerhaft drin gewesen. Der Erfolg zeigte jedenfalls: Sat.1 ist nicht schlecht damit beraten, sich mal wieder auf alte Stärken zu besinnen. Und die lagen nicht zuletzt im Comedy-Bereich.
Keine Nische mehr: Promi-Darts-WM (ProSieben)
In seiner Nische hat sich Darts in den vergangenen Jahren überaus positiv entwickelt, die Fan-Gemeinde ist deutlich gewachsen - doch einem größeren Publikum wurde die "Promi-Darts-WM" erst in diesem Jahr von ProSieben vorgeführt. Mit der "Promi-Darts-WM" gelang es dem Sender, auch in der Promi-Version in der Halle einen Hauch der einzigartigen Stimmung wie man sie aus dem legendären "Ally Pally" kennt, zu erzeugen. Und weil auch sonst die Zutaten für eine gelungene Darts-Übertragung stimmten, trotz der mehr oder weniger talentierten Promis, denen man zur Sicherheit immer noch einen der echten Darts-Profis zur Seite gestellt hatte. Mehr dazu in unserer DWDL.de-Kritik. Das wurde letztlich auch vom Publikum belohnt: Über 14 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe - auch viele Raab-Events hatten da in den letzten Jahren keine besseren Werte mehr erzielen können.
Fiction erfolgreich adaptiert: "Professor T." (ZDF)
Dass Formate aus dem Ausland adaptiert werden, ist gang und gäbe. Bei fiktionalen Serien sah die Lage in der Vergangenheit anders aus. In der Regel bekommt man hierzulande eher eine synchronisierte Version zu sehen, zumal vor langer Zeit einige deutsche Adaptionen erfolgreicher Serien eher zur Peinlichkeit gerieten und kaum mit dem Original mithalten konnten. "Professor T." mit Matthias Matschke in der Hauptrolle hat bewiesen, dass eine solche Adaption durchaus ein Gewinn sein kann. Mit im Schnitt über viereinhalb Millionen Zuschauern zeigte sich auch das Publikum angetan. Im häufig eher piefigen deutschen Krimi-Serien-Genre war "Professor T." eine willkommene Abwechslung.
Richtige Zutaten für den Vorabend: "Das große Backen" (Sat.1)
"The Great British Bake-Off" ist in Großbritannien bekanntlich ein absoluter Straßenfeger. Zu solchem Kultstatus hat es die deutsche Adaption "Das große Backen" bei Weitem nicht geschafft. Doch am Sonntagvorabend ist das Format inzwischen für Sat.1 trotzdem zu einem vollen Erfolg avanciert. Beim Finale reichte es diesmal für hervorragende 17 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, auch der Staffel-Schnitt lag mit 13,5 Prozent deutlich über dem Senderschnitt und deutlich über den Werten der vergangenen Jahre. Angestachelt davon, schickte Sat.1 im Frühjahr vier Promi-Ausgaben in die Primetime. Das funktionierte dann allerdings schon wieder weniger gut. Vielleicht sollte es Sat.1 also einfach bei einem schönen Erfolg am Sonntagvorabend belassen - dafür hat die Sendung nämlich offenbar genau die richtigen Zutaten.
Ungebrochener Aufwärtstrend: "heute-show" (ZDF)
Es ist nun schon acht Jahre her, dass die "heute-show" zunächst inhaltlich holprig, nur in monatlichem Turnus und mit mäßigen Quoten gestartet ist. Doch das ZDF war von der Sendung überzeugt, gab ihr nach wenigen Monaten den festen Sendeplatz am Freitagabend - und kann sich seither Jahr für Jahr über steigenden Zuspruch freuen. Und so ist es ja nur folgerichtig, dass die zu Ende gegangenen Staffel wie alle vor ihr wieder einen neuen Rekord aufgestellt hat. Im zurückliegenden Fernsehjahr sahen freitags im Schnitt fast vier Millionen Zuschauer die Nachrichten-Satire, der Marktanteil beim Gesamtpublikum lag im Schnitt bei 16,5 Prozent - und auch das junge Publikum schaltet in sonst kaum vorstellbaren Scharen zum ZDF. Der Marktanteils-Schnitt liegt inzwischen bei 13,5 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Die "heute-show" ist damit längst eine der stärksten Programm-Marken des ZDF und macht sich von Jahr zu Jahr unverzichtbarer.
Zuschauer erfolgreich zum Richter gemacht: "Terror - Ihr Urteil" (Das Erste)
Das Erste zeigte im vergangenen Herbst ein besonderes Stück Fernsehen: "Terror - Ihr Urteil" beschäftigt sich mit der Frage, ob es gerechtfertigt ist, 164 Menschen zu töten, wenn man dafür 70.000 retten kann. Durfte ein Kampfpilot eine Lufthansa-Maschine abschießen, um zu verhindern, dass ein Terrorist das Flugzeug auf die vollbesetzte Allianz-Arena stürzen lässt? Der Film selbst stellte die Gerichtsverhandlung dar, danach waren die Zuschauer zu Hause dazu aufgerufen, abzustimmen. Begleitet wurde das Ganze mit einer Diskussion bei "Hart aber fair". Für die ARD war der "Terror"-Abend ein voller Erfolg: Fast sieben Millionen Zuschauer sahen sich den Film an und stellten sich diese moralische Frage ebenfalls. Marktanteile von über 20 Prozent wurden bei Jung und Alt erzielt. Die meisten blieben zudem auch bei der nachfolgenden Diskussion dran, die für eine Einordnung sorgte.
ProSiebenSat.1 mit Lebenszeichen im Bereich eigenproduzierter Serien
Nachdem es der gesamte ProSiebenSat.1-Konzern geschafft hatte, ein ganzes Jahr ohne eine einzige Folge einer eigenproduzierten Serie in Erstausstrahlung zu verbringen, gab die dafür zuständige Abteilung in diesem Jahr doch mal wieder vorsichtige Lebenszeichen ab. Bei Sat.1 ging eindreiviertel Jahre nach dem erfolgreichen Pilotfilm endlich die (zwischenzeitlich immerhin von sechs auf zehn Folgen aufgestockte) erste Staffel von "Einstein" an den Start. Die starken Quoten des Pilotfilms konnte sie nicht halten, mit im Schnitt 10,6 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe war "Einstein" aber erfolgreicher als die meisten US-Serien, die der Sender im Programm hat - und auch erfolgreicher als ein Großteil der Filme, die man sonst für den Dienstagabend produziert.
Und dann haben sich auch noch Maxdome und ProSieben zusammengetan und haben gemeinsam "jerks." mit Christian Ulmen und Fahri Yardim in Auftrag gegeben. Die Tatsache, dass die Serie zuerst bei Maxdome lief, macht die Beurteilung über Erfolg oder Misserfolg nicht ganz einfach, in der Spitze stiegen die Marktanteile bei ProSieben aber über 13 Prozent in der Zielgruppe. Zum Ende hin ging "jerks." dann zumindest im Free-TV die Luft aus. Dass man letztlich offenbar trotzdem zufrieden war, zeigt die Bestellung einer zweiten Staffel. Geht ja doch, ProSiebenSat.1...
Vox wird für konsequente Abkehr von Scripted Reality am Nachmittag belohnt
Obwohl "Verklag mich doch" Vox in einem damals schwachen Umfeld stets starke Quoten garantierte, entschied man sich bei Vox schon zum Jahreswechsel 2015, künftig auf Scripted Reality mit Laiendarstellern zu verzichten und stattdessen auf Dokusoaps mit echten Menschen zu setzen. Durch konsequente Entwicklungsarbeit hat man es inzwischen geschafft, der schon lange erfolgreichen "Shopping Queen" weitere erfolgreiche Formate wie "4 Hochzeiten und eine Traumreise" und "Zwischen Tüll und Tränen" zur Seite zu stellen, die allesamt regelmäßig für zweistellige Marktanteile gut sind. Auch "Mein Kind, dein Kind" schlägt sich um 14 Uhr ordentlich. Vox kann tagsüber damit nun auf ein homogenes Line-Up bauen, das trotzdem unterschiedliche Themen bedient und damit keine so gefährliche Monokultur ist wie man sie andernorts beobachten kann. Andere Sender träumen angesichts sinkender Quoten für Blaulicht & Co. längst genau davon.