CIA, FBI und neuerdings auch NSA sind zum Inbegriff moderner amerikanischer Kriminalitätsbekämpfung geworden. Organisationen, die einst bestaunt aber inzwischen ambivalent beäugt werden. Der Krimiserien-Boom von "CSI" und Co. vor gut zehn Jahren fußte nicht unwesentlich auf der Faszination für die fortschrittlichen Ermittlungsmethoden, die wir als Publikum deutschen Ermittlungsbehörden nicht zugestehen. Als beispielsweise Sat.1 einst versuchte mit "Deadline" eine Krimiserie nach US-Vorbild zu inszenieren, fühlte es sich falsch an. Solche Verbrechen, solche Aufklärungsmethoden mitten in Berlin? Nein, das deutsche TV-Bild der Polizeiarbeit entspringt dann eher der Romantik eines „Großstadtreviers“, wenn nicht gar der Betulichkeit von „Derrick“. Moderner inszeniert und von starker Qualität war „Der letzte Bulle“, aber auch die Sat.1-Serie bediente ein bekanntes mediales Bild der Polizei.

Spionage, Agenten, Tricks und Gagdets? Doch nicht bei uns! Behalten Sie das im Hinterkopf, wenn Sie an „Deutschland 83“ denken - jene neue RTL-Serie aus dem Hause UFA Fiction, die von der „New York Times“ nach ihrer Premiere bei der Berlinale in einem Atemzug mit amerikanischen Serien wie „House of Cards“, „Scandal“ oder „The Americans“ genannt wird. Vergessen ist schließlich, dass über Jahrzehnte der kalte Krieg in seiner konzentriertesten Form auf deutschem Boden ausgetragen wurde. Russen und Amerikaner setzten die damals neueste Technik und ihre besten Männer und Frauen ein - all das vor unserer Haustür und nicht in fernen Ländern. Wir reden von Spionage und Sabotage in erheblichem Umfang, so professionell, dass vieles erst nach Ende des kalten Krieges offengelegt wurde. Weil es nicht zur offenen Eskalation kam, wirkt manche Bedrohung der damaligen Zeit heute möglicherweise wie eine harmlose Episode.

Dabei mag man sich gar nicht ausmalen, wie viele "Ermittlungs-Methoden" aus späteren fiktionalen Stoffen ihren Ursprung in dieser Jahrzehnte lang kultivierten Spionage-Kultur hatten - und nicht etwa umgekehrt. "Deutschland 83" ist eine Reise zurück in diese Zeit. Anna und Jörg Winger haben eine Serie erschaffen für die sie selbst kein Label finden wollen, wie sie sagen. Ein Abenteuer? Klingt nach Indiana Jones. Ein Thriller? Das würde falsche Erwartungen wecken. Vielleicht lässt sich die Produktion aus dem Hause UFA Fiction am Besten als serielles Roadmovie beschreiben. Das ist es, was die acht-teilige Serie abhebt von all den verfilmten "deutsch-deutschen Geschichten", die ob ihrer Vielzahl nur noch selten aufhorchen lassen. RTL und UFA sprechen selbst gerne von "Event-Serie" was den Pudding inhaltlich jedoch ungefähr so gezielt an die Wand nagelt wie immer wieder lustlos beworbene "neue Hit-Serien aus den USA".

Eine gewisse Schmissigkeit ist der Primetime-Ausstrahlung geschuldet


Dieser Roadmovie in Serien-Länge nimmt rasant an Fahrt auf. Selten zog eine deutsche Serie so schnell, so effektiv in ihren Bann. Die Pilotfolge braucht keine Viertelstunde um den Zuschauer zusammen mit dem jungen Moritz Stamm (gespielt von Jonas Nay) auf eine in ihrer Plötzlichkeit unerwartete Reise zu schicken, die einen systemtreuen Bürger der DDR auf die Probe stellt und dem Publikum die Frage aufdrängt: Wem kann man vertrauen? Als ostdeutscher Spion im Westen, weggerissen von Familie und Freundin, soll Moritz Stamm als Bundeswehr-Soldat in eine Kaserne eingeschleust Informationen für Ost-Berlin besorgen. Dass er dabei mehr Eindrücke sammelt als seinen Vorgesetzten vielleicht lieb sein kann und Heimat ein ambivalenter Begriff sein kann, lässt sich nach den ersten beiden Folgen der stark besetzten Serie erahnen.

Neben der Hauptrolle von Jonas Nay, auf der auch der Vorspann der Serie zugeschnitten ist, begeistern Ludwig Trepte und Maria Schrader mit ihren Spiel. Über ihre Rollen sei an dieser Stelle nicht viel verloren. Wer ihre Charaktere in der Serie wirklich sind, ließe sich nach den ersten beiden von insgesamt acht Folgen ohnehin nur falsch beschreiben. Es ist die Summe der Dinge, die überzeugen bei "Deutschland 83" - und gemeinsam kleine Schwächen ausbügeln. Eine gewisse Schmissigkeit ist der Primetime-Ausstrahlung bei einem werbefinanzierten Sender geschuldet. Das Training von Moritz Stamm für die Spionage im Westen wird nur angerissen - das jedoch sehr kreativ und mit unerwartetem Witz durch überraschende Animationen im Schnelldurchlauf thematisiert.