Nicht viele London-Besucher werden sich bei ihrem Besuch der britischen Hauptstadt für das moderne, aber von außen unscheinbare Bürogebäude am Ende der Carnaby Street in Soho interessieren. Wenige hundert Meter auseinander sitzen hier FOX, Sony Pictures und eben Turner Broadcasting System. Während die anderen nur verwalten, wird aus dem Turner House auf der Great Marlborough Street auch gesendet: CNN International hat hier seine Europa-Zentrale. Knapp 200 Journalisten sind hier stationiert, viele davon jedoch permanent auf Tour durch Europa. Gut so, möchte man sagen, wenn man durch den auch so schon fast aus allen Nähten platzenden Newsroom läuft. Das Nachrichtengeschäft hier hat nicht viel vom Glamour des brandneuen Newsrooms von BBC World News nur wenige Minuten entfernt. Es herrscht reges Gewusel zwischen den scheinbar willkürlich platzierten Tischen, die den Weg durch das europäische Herzstück von CNN International zum Zick-Zack-Kurs werden lassen.
Man hört in erster Linie das Geräusch der Tastaturen. Fernsehsignale ertönen hin und wieder aus den Einzelbüros am Rande des großen Newsrooms. Außer Pressesprecherin Claudia Coles und mir sprechen nicht viele bei unserem Rundgang an diesem Freitag. Ich spreche die Ruhe an. Die Antwort kommt scherzend: Richard Quest, jener extrovertierte und extravagante CNN-Wirtschaftsmoderator sei halt nicht da. Es wirkt wie gelassene Geschäftigkeit mit der Betonung auf gelassen. "Es ist bis jetzt ein ruhiger Tag bei uns", sagt auch Thomas Evans, Senior Director of Coverage. Trotz Boston. CNN International kann schließlich anders als die Konkurrenz von BBC World News bei Breaking News aus den USA auf die Kollegen in der Zentrale in Atlanta setzen. Dort, wo neben dem CNN-Programm für die USA auch CNN International zuhause ist. Inhaltlich speist sich das Programm von CNN International aus unzähligen Studios rund um den Globus.
Im Londoner Büro von Evans sind sie, statt auf Hochglanzposter oder gleich einer Animation auf LED-Fernseher, ganz klassich auf einer Weltkarte mit Pins markiert. Nur sechs davon senden jedoch auch täglich. Atlanta, New York, Washington, London, Hong Kong und neuerdings Abu Dhabi. Wie schnell sich Situationen im Nachrichtengeschäft ändern können, braucht man Journalisten nicht zu sagen. Es war also eine Überraschung, aber keine Herausforderung für das Londoner Büro als im Fall des Bomben-Attentats beim Bostoner Marathon bekannt wurde, dass die mutmaßlichen Täter offenbar aus Russland kommen. Evans und seine Kollegen in London, zuständig für Europa und eben auch Russland, sind also dran. Und das nicht nur für CNN International sondern auch die Kollegen des US-CNN. In den nächsten Tagen dürfte es also auch bei dieser Story mehr zu tun geben. Dass sich zuletzt einmal ein paar Tage lang das Programm von CNN International stärker als sonst aus Atlanta speiste, kam Senior Director of Coverage Thomas Evans ganz recht. Die Woche zuvor gab es in London durch den Tod von Margaret Thatcher genug zu tun.
Neben diesen aktuellen Nachrichtengeschichten bereitet man sich im Herzen von London auch auf eine News in eigener Sache vor: Voraussichtlich ab Juni wird CNN International endlich in HD und 16:9 senden. Damit kommt CNN International reichlich spät. Aber bei einem dezentral organisierten Nachrichtensender bedeutete auch eine weltweite Aufrüstung aller Studios. Eine etwas größere Herausforderung, so die Erklärung. Im Sommer soll es also endlich soweit sein. Die dafür nötige HD-Regie ist bereits fertig. Wie der Newsroom und die derzeit noch genutzte Regie ist sie auf gleicher Etage, wenige Meter vom Nachrichtenstudio entfernt. Die kurzen Wege seien wichtig für ein Nachrichtenprogramm, dass schnell reagieren können muss. Immer wenn Claudia Coles bei unserem Rundgang über CNN spricht, dann mit Leidenschaft. Seit mehr als 12 Jahren ist sie an Bord. So kann Sie sich sogar an den peinlichen Versuch erinnern mit CNN Deutschland ein deutsches Fensterprogramm beizusteuern. Aber als PR-Profi lächelt sie nur wissend.