Etwas offener ist da Kollege Thomas Evans. Zum kürzlich erfolgten Relaunch von Konkurrent BBC World News sagt er: Es sei gut, dass man jetzt wisse, wie die Konkurrenz aussehe nach Umzug und Relaunch. Es sei zuletzt ein bisschen so gewesen wie damals als Al Jazeera sein englischsprachiges Nachrichtenangebot gestartet hat: Im Vorfeld mache man sich halt Gedanken. Und sei dann erleichtert, wenn man weiß, woran man ist. Wissen woran man ist - irgendwie umschreibt das auch die grundlegendste aller  journalistischen Tugenden: Die Überprüfung von Quellen. Doch nicht nur die Journalisten, die für das Londoner Büro in Europa unterwegs sind oder hier im Newsroom Storys recherchieren, verfolgen diesen Grundsatz. CNN baut seit vielen Jahren auf User generated Content, in Form der hier iReport genannten Rubrik.  An diesem Freitag zeigt sich, wie das in Perfektion aussehen kann - wie Zuschauer und User sinnvoll eine Nachrichtenberichterstattung ergänzen können.



Es geht natürlich wieder um die Boston-Story. Eine Stadt im Lockdown-Modus - niemand soll seine Wohnung oder sein Haus verlassen. Auf den Straßen nur Polizei und Militär, aber eben keine Zivilisten und auch keine Journalisten. Doch über Twitter und Instagram liefern die Menschen Eindrücke von vor Ort, von dieser ungewöhnlichen Situation in Watertown. Während die Kollegen in Atlanta die Beobachtung von Social Media in den USA übernehmen, widmet sich in London eine russisch-sprechende Kollegin der Analyse von Tweets und Postings aus dem russischsprachigen Raum nachdem die Herkunft der beiden mutmaßlichen Attentäter bekannt geworden ist. Abseits von der Boston-Story ist es jedoch ein ruhiger Tag. Beispielsweise für die Sport-Chefin von CNN International in London. Vorteil für mich: Sie hat Zeit für ein Gespräch.

Sport bei einem internationalen Nachrichtensender - das sei ein Balance-Akt in der Berichterstattung bestehend aus drei Komponenten: Internationale Wettbewerbe, Persönlichkeiten und Sportpolitik. Ergebnisjournalismus mache keinen Sinn. Dazu seien zu viele Sportevents weltweit nicht relevant genug. Bei welchen Sportarten liegen britische Begeisterung und internationales Interesse am weitesten auseinander? Sie lacht und sagt ohne lange zu überlegen: Cricket und Rugby. Und welche Sportarten sind es, die international funktionieren? "Fußball - und dann kommt ganz lange erstmal gar nichts. Da hat sich auch in den letzten Jahren nichts dran geändert." Ganz wesentlich verändert habe sich hingegen die Wirtschaftsberichterstattung nur ein paar Tische weiter. Durch das Netz aber auch die Finanzkrise sei die Bedeutung von Unternehmenszahlen für CNN zurückgegangen. Trends in einzelnen Segmenten, Wirtschaftspolitik wie bei der Eurokrise und natürlich prägende Personen spielen heute eine größere Rolle.

Seit knapp einem Jahr sitzt eine prägende Person mehr an der Great Marlborough Street: Ex-RTL Group-Chef Gerhard Zeiler kontrolliert aus seinem Büro in der obersten Etage mit Blick über Soho das internationale Geschäft von Turner Broadcasting System - wenn er nicht gerade in der Welt unterwegs ist. Dazu gehören neben CNN International auch Sendermarken wie TNT, Cartoon Network oder Turner Classic Movies. Seit diesem Monat unterstützt ihn Giorgio Stock, neuer Turner-Chef für EMEA, also Europa, Naher Osten und Afrika. Er kommt von Disney, wo man sich gerade erst auf ein neues FreeTV-Abenteuer in Deutschland eingelassen hat. Vor diesem Hintergrund, aber auch dem neuerlichen Interesse von Discovery an westeuropäischen Fernsehmärkten, wird mit Spannung verfolgt werden, welche Pläne Turner noch für Westeuropa hat. In der Great Marlborough Street entstehen mit Sicherheit noch mehr Schlagzeilen als die, die CNN International verbreitet.