Gniffke hält das für den richtigen Weg: "Da ist ein frisches Update in der Halbzeitpause durchaus sinnvoll. Schließlich senden wir im Ersten morgens alle halbe Stunde eine Tagesschau-Ausgabe, und am Nachmittag gibt es Tagesschau im 60-Minuten-Takt." Bleibt die Frage, was ARD und ZDF das von Frey erwähnte Schaufenster bringt? Gelingt es über den Umweg Fußball, die Zuschauer auch darüber hinaus an die Informationsangebote der Öffentlich-Rechtlichen zu führen? Das scheint eher nicht der Fall zu sein. "Wir freuen uns natürlich über die große Akzeptanz der Halbzeit-Ausgaben", so ARD aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke Blick auf die starken Zuschauerzahlen der "Tagesthemen", die wie das "heute-journal" wenig überraschend vom starken Umfeld profitieren. "Aber an den anderen Tagen ist sowohl die Sendung als auch die Zuschauerresonanz wie immer."
"Wie immer" bedeutet in diesem Fall: Nach Marktanteilen von mehr als 40 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen am Samstag und Sonntag, reichte es bei den "Tagesthemen" am Montag ohne die Schützenhilfe der EM für nicht mal mehr fünf Prozent. Letztlich, sagt ZDF-Chefredakteur Peter Frey, habe der Erwerb von Fußball-Rechten wie EM oder auch Champions League immer auch strategische Aspekte. "Fußball liegt im Interesse der Deutschen ganz oben. Gleichzeitig ist es auch die Gelegenheit, ein Publikum zu erreichen, das die Öffentlich-Rechtlichen nicht mit Selbstverständlichkeit sieht." Nach den Analysen zeige man zudem auch Dokumentationen und Reportagen, betont Frey im Gespräch mit DWDL.de.
"Es freut uns, dass unser Publikum hintergründige Filme, zum Beispiel Wolfgang Büschers Wanderung von Breslau nach Lemberg, so interessiert mitgenommen hat." Die Platzierung solcher Filme ist eine respektable Entscheidung - vor allem, wenn man bedenkt, dass das ZDF bei früheren Welt- und Europameisterschaften nur allzu gerne die wenig erkenntnisreiche Comedyshow "Nachgetreten" gezeigt hat. Das war eine sichere Bank. Diesen einfach Weg wählten in diesem Jahr dagegen erneut die Kollegen des Ersten, die anstelle von gut gemachter Dokus lieber die Bierzelt-Plaudereien mit Waldemar Hartmann zeigten. Doch auch das ZDF zog an den letzten Tagen der EM den Talk von Markus Lanz vor, der im Umfeld der Fußballspiele erwartungsgemäß neue Rekordhöhen erklomm.
Ganz so einfach will es sich das ZDF ab Herbst, wenn man erstmals die Champions League ins Programm nimmt, übrigens nicht machen. Frey: "Wir werden im Anschluss an die Champions-League-Berichterstattung das 'Auslandsjournal' abwechselnd mit 'ZDFzoom' senden. Wir wollen damit ein großes und auch jüngeres Publikum an die journalistischen Marken des ZDF heranführen und gehen auch in Themen und Macharten auf dieses Publikum ein." Und so bleiben die Halbzeit-Nachrichten für ARD und ZDF stets ein Spagat zwischen zu stillendem Informationsbedürfnis und aufmerksamkeitsstarkem Anschub des eigenen Informationsangebots - angesichts von teils mehr als 20 Millionen Zuschauern ist dieser Spagat aber nur allzu verständlich.