Eine logische Folge der noch einmal ausgeweiteten Comedy-Sendeplätze bei den großen US-Networks: Es gab in Los Angeles noch mehr Comedy-Serien als schon im vergangenen Jahr zu sehen, wenn auch "eher brav". Begeisterung wie vor einem Jahr bei "New Girl" oder "2 Broke Girls" blieb aus. Obwohl ProSiebenSat.1 mit einigen US-Sitcoms große Primetime-Erfolge feiert, gehört das Genre nach wie vor nicht unbedingt zu den Lieblingen der deutschen Programmeinkäufer. Kein Wunder also, dass die Meinung über das diesjährige Screening von FOX einhellig war. Nur eine neue Drama-Serie, sonst nur Comedy und die nicht einmal überzeugend. Das attestiert sogar Rüdiger Böss, Chefeinkäufer der eigentlich ja  Comedy-willigen ProSiebenSat.1 Media AG. Die Bewertungen weiterer deutscher Einkäufer liegen da ebenfalls zwischen "enttäuschend" und "erschreckend".

 

 

Der anhaltende Comedy-Boom wirft auch weiterhin Fragen an die Mediengruppe RTL Deutschland auf. Dort wurde der Trend zwar im vergangenen Sommer auch öffentlich erkannt und benannt, doch abgesehen von der Verwertung von zwei länger im Keller liegenden Serien beim neuen Digitalsender RTL Nitro hat die Kölner Sendergruppe noch keine Abspielfläche für dieses Genre auf seinen größeren Sendern geschaffen. Schwer vorstellbar aber, dass man neue Programmware etwa aus dem neuen Output-Deal mit ABC/Disney direkt zum Kleinstsender durchreichen wird. Umso gespannter darf man dann die Programmpräsentation im Sommer erwarten, auf der einige Fragen beantwortet werden dürften.

Über den neuen Disney-Deal kann man sich in Köln freuen: Die Serie "Red Widow" über eine Mutter, die gezwungenermassen die Drogengeschäfte ihres Mannes nach dessen Ermordung fortführen muss, gehört zwar nicht zu den Favoriten der Einkäufer aber erinnert an den Quotenerfolg "Die Patin". RTL-Chefeinkäufer Jörg Graf zeigte sich sehr angetan. Und auch "Mistresses", eine Serie über vier Freundinnen und ihre Liebesaffären, sah sehr vielversprechend aus und langweilte trotz notwendiger Einführung des ganzen Ensembles in der Pilotfolge nicht. Hier dürfte sich ProSieben ärgern: Die Serie wäre als "Desperate Housewives" eine gute Ergänzung für den Mittwochabend. Doch bei einer Öffnung für neue Genres in der Primetime wäre sie in ihrer soap-artigen Anmutung auch für VOX oder RTL eine gute Ergänzung zum eingekauften "Dallas".

Fragt man die deutschen Einkäufer nach ihrem allgemeinen Urteil zu den diesjährigen LA Screenings, so sind zwar alle recht zufrieden, doch die genauere Bewertung fällt unterschiedlich aus - so wie die Geschmäcker nun mal sind. Denn wer mehrere Tage in den meist unterkühlten Screening-Sälen zu verbringt, wirft neben dem fachmännischen immer auch einen privaten Blick auf die Qualität der Serien - unabhängig von der Verwertbarkeit im eigenen Unternehmen. Mutigere, abwechslungsereichere Programme attestiert etwa Sky-Filmchef Marcus Ammon. Eher mehr vom Gleichen sieht hingegen ZDF-Serienredakteur Sebastian Lückel. Einigkeit herrscht über den Siegeszug der Serialized-Procedural-Hybriden. Oder auf deutsch: Der Serien mit abgeschlossenen Fällen pro Folge und doch dezent fortlaufender Handlung. Und sonst? Es gab auffallend viele starke Frauenfiguren in den Hauptrollen, viel New York zu sehen und schwule Paare als Normalität in gleich mehreren Serien.