Bild: Telemesse© Telemesse

Die Fernsehwerbung hat seit jeher ein Weilchen gebraucht, um in die Gänge zu kommen. Das war so, als die neue Gattung ab den frühen sechziger Jahren bei ARD und ZDF institutionalisiert wurde – und das war auch so, als die Privaten begonnen haben, im großen Stil Sendezeiten an die Wirtschaft zu verkaufen. Ab Mitte der neunziger Jahre war der Markt zu einer gewissen Größe gelangt, der erste Verdrängungswettbewerb setzte ein. Genau der richtige Zeitpunkt, um bei einer großen Branchenveranstaltung von sich reden zu machen.

Noch heute leuchten die Augen so mancher Fernsehmacher, wenn der Begriff Telemesse fällt. Noch vor zehn Jahren war sie Synonym für eine florierende Werbelandschaft mit einem neuen Selbstbewusstsein. Im Jahr 1997 öffnete die Veranstaltung, bei der die Sender den Werbekunden ihr Programm präsentieren, in Frankfurt zum ersten Mal ihre Pforten. Bereits im Jahr darauf zog man nach Düsseldorf. "Die Telemesse war für uns in ihren Anfangsjahren getragen vom Gefühl der Aufbruchstimmung und Gemeinsamkeit der Branche“,erinnert sich Jürgen Doetz, damals Geschäftsführer bei Sat.1, heute Präsident des Privatrundfunk-Verbandes VPRT. "Wir wollten uns gegen die Öffentlich-Rechtlichen positionieren und hatten das Gefühl, dass wir gemeinsam stärker sein können als in der Vereinzelung", so Doetz.

Bevor sich die Branche unter einem gemeinsamen Dach traf, tingelten die Sender mit ihren Programmen durch die Agenturstädte – ähnlich wie heute. "Die Kunden und Agenturen haben sich dann eine gemeinsame Veranstaltung der TV-Sender gewünscht", erklärt Jan-Pierre Wilwerding, bis 1998 Geschäftsführer von RTL-Vermarkter IP Deutschland. Es waren aber nicht nur Kundenwünsche, sondern auch ökonomische Erwägungen, die hinter dem Schritt standen, sich mit der Konkurrenz in ein Boot zu begeben. "Die Idee war eigentlich, dass uns die Telemesse nur die Hälfte von dem Wanderzirkus kostet, mit dem wir vorher durch die Lande gezogen sind", sagt Wilwerding. Am Ende sei es dann aber doch jeweils "der Gegenwert eines mehrstöckigen Hauses" gewesen, den die Sender auf der Veranstaltung verbrannten.

Hans-Joachim Strauch© ZDF Werbefernsehen

Die hohen Kosten, die vor allem daraus resultierten, dass sich die Sender Jahr um Jahr ein bisschen mehr in Opulenz und Größe überboten, waren nicht zuletzt auch dem Geist der Zeit geschuldet. "Die Jahre der Telemesse zeichneten sich durch eine Aufbruch- und Goldgräberstimmung aus", sagt Hans-Joachim Strauch (Bild), Geschäftsführer der ZDF-Werbefernsehen GmbH. "Die Branche und zwar nicht nur die TV Branche, sondern insbesondere Media, zelebrierte sich selbst. Wenn man so will war Media die 'New Economy' der 90er Jahre!", erklärt er.

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Seine Erklärung für das Aus der Telemesse nach sieben Jahren: "Nach den Terroranschlägen 2001 brach die Wirtschaft weltweit ein und in Folge dessen wurde auch das Geld in der TV- und Media-Branche knapp". Die Blase platze, die Partikularinteressen der einzelnen Vermarkter nahmen zu. "Immer häufiger standen nun die Kosten im Vordergrund und man gönnte dem Konkurrenten nicht mehr die vermeintliche Zunahme an Stärke, die dann ja dem eigenen Haus abgehen könnte", so Strauch. Als weiteren Grund führt Ex-IP-Chef Wilwerding an, dass die Programminhalte der Sender, um die es während der Messe ja eigentlich ging, zunehmend zu Gunsten der Show in den Hintergrund gedrängt worden seien.

"Mann muss eine solche Veranstaltung so sachlich wie möglich gestalten – die Planer sollen ja am Ende das Programm verstanden haben. Wenn das zutrifft, sind die Kosten gerechtfertigt", erklärt er. Sein Nachfolger Walter Neuhauser ergänzt: "Ab einem gewissen Punkt sind uns dann die Kosten davongelaufen". Bis zu 6.000 Besucher aus der gesamten Fernsehbranche waren zuletzt Besucher der Messe. "Nur ein kleiner Teil davon war für uns Vermarkter als Ansprechpartner relevant", so Neuhauser.

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