TV-StandorteFragte man vor fünfzehn Jahren einen westfälischen Berufsberater nach dem Weg zum Fernsehen, so lautete der gut gemeinte Rat: Studieren, irgendwas, egal was. Hauptsache in Köln – und dann über die Seite rein. Neben der Tatsache, dass sich die Ausbildungssituation mittlerweile doch arg verbessert hat, so ist auch klar: Seit vielen Jahren schon gilt Köln als die Fernsehstadt schlechthin – auch wenn aus Berlin, Hamburg und München ebenfalls eine Menge Programm kommt – von Mainz ganz zu schweigen.

Allerdings: Mit dem WDR als größter ARD-Anstalt und RTL mit seinen Schwestersendern ist Köln als Senderstandort seit vielen Jahren nicht zu übersehen – auch wenn München mit ProSiebenSat.1, BR, Tele 5, RTL II, Sport 1 und und und nicht gerade arm an Sendern ist. Köln allerdings sticht heraus – vor allem durch seine Programme. Während in Hamburg bei Firmen wie Spiegel TV solide fernsehjournalistische Kost hergestellt wird, sind es Produktionen wie "RTL Samstag Nacht", "7 Tage 7 Köpfe", "Hans Meiser", "Deutschland sucht den Superstar" und "Big Brother“, die Köln zur unübersehbaren Größe im Unterhaltungsfernsehen gemacht haben.
 

 
"Köln hat einen großen Vorteil, und das ist sein Publikum", sagt Ute Biernat, Chefin der Unterhaltungsproduzentin Grundy Light Entertainment. "Die sind alle bei drei auf dem Tisch", jubelt sie. In Köln sei es – sicher nicht zuletzt auch bedingt durch karnevalistisches Training - einfach, gute Laune zu versprühen. In Berlin sei das schwieriger, so Biernat.  Nicht zuletzt wohl daher hat sich die Stadt am Rhein in den vergangenen Jahren zur Hochburg für Fernsehunterhaltung von hochwertig über schräg und schrill bis trashig entwickelt.

Ute BiernatAllerdings sind die fünfte Jahreszeit und die fröhlich-vernuschelte kölsche Art für Biernat nicht der einzige Grund. "Das liegt unter anderem auch an dem anderen Angebot und daran, dass das Studio Adlershof relativ weit draußen liegt". Das ist zwar bei den Kölner Studios auch der Fall, allerdings fällt die Außenlage der MMC in Köln-Ossendorf und Hürth, wo auch die Nobeo ihren Sitz hat, angesichts der kleinen Größe von Köln nicht so auf wie in Berlin.

Den Standortnachteil will Berlin derzeit offenbar anderweitig ausgleichen – und das bekommt man in Köln zu spüren. Zwar sei die Auslastung der Magic Media Company (MMC), die in Köln über 19 und in Hürth über 13 Studios verfügt „auf den ersten Blick sehr zufriedenstellend" - jedoch: "Auslastung bedeutet nicht automatisch gute Umsatzzahlen, es herrscht ein großer Preisdruck", erklärt MMC-Prokurist und Produktionsdirektor Friedhelm Bixschlag. "Studio Berlin spürt man als Mitbewerber am meisten, aber der Standort Köln bindet aufgrund der Sendernähe und der ansässigen Produzenten die meisten Produktionen". Man hofft in Köln, dass es so bleibt.

Auch die Kollegen der nobeo spüren den Druck aus Berlin und hoffen, dass der Wechsel von "Let's Dance" aus der MMC in Köln ins Studio Adlershof in Berlin keinen Trend setzt. Bei der MMC will man den Preiskampf nicht mitmachen. "Wir grenzen uns bei einem gewissen Niveau ab und versuchen damit, die Preise für den Standort stabil zu halten", sagt Bixschlag. Längst geht es in Köln nicht mehr um die großen Gewinne von einst, sondern darum, mindestens kostendeckend zu arbeiten.

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Ein weiterer Trend, der dem Standort als Heimat des industriellen Unterhaltungsfernsehens zu schaffen macht: Studio-Shows sind derzeit von den Sendern nicht sehr gefragt. Die als "Brot und Butter"-Geschäft angesehenen täglichen Produktionen finden als Dokus on location statt. Das Nachmittagsgeschäft ist deutlich eingebrochen. Einige Formate, die bislang im Studio hergestellt wurden, sind verschwunden, andere wurden reduziert.

„Wenn eine feste Deko im Studio steht, sieht das erstmal gut aus", sagt nobeo-Chef Stefan Hoff. "Wenn aber darin nicht ausreichend häufig produziert werden kann, ist dies problematisch und der Ausfall ist kaum zu kompensieren“, so Hoff weiter. Ein leichter Hoffnungsschimmer für die Studiobranche ist bei Sat.1 zu sehen: Dort hat die Zahl der Studioproduktionen mit "Die perfekte Minute" und "Mein Mann kann" wieder zugelegt. Auch Serien wie "Danni Lowinski" und die Telenovelas werden im Atelier gedreht. Ein Teil der neuen Sat.1-Formate entsteht auch in Köln.
 
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