Kann ich mir so einen Veedels-Reporter wie einen Bild-Leserreporter vorstellen?
Allerdings mit dem Unterschied, dass der Bild-Leserreporter darauf geeicht ist, den Menschen in Situationen darzustellen, die schon eher peinlich berühren. Das ist nicht unser Thema. Wir machen "Good News". Wir wollen gute Nachrichten machen und ein Abbild dieser Stadt schaffen. Wir haben derzeit eher Themen wie die Stadtteilportraits. So bekommen wir Sichtweisen aus einer Stadt, die wir so noch gar nicht gesehen haben. Was die Leute an den Bildschirm fesselt, sind ganz ungewöhnliche, völlig neue Bildperspektiven. Das kann man auch sehen, wenn man bei "YouTube" surft. Das ist subjektiv, ungewöhnlich und spannend. Das merken wir bei unseren Zuschauerreportern auch. Bei uns gehen auch Leute sehr persönlich in Bereiche rein, in denen noch niemand von der Masse war. Das ist mit viel Arbeit verbunden, aber es macht auch viel Spaß.
Wie ist das redaktionell gestaltet? Der ganze Content wird Ihnen von den Zuschauern übermittelt, und eine Redaktion sichtet dann alles?
Ganz genau so. Im Unterschied zu "Youtube" zum Beispiel müssen wir einfach eine Qualitätskontrolle vornehmen. Und das kostet Geld. Bei uns sitzen Mitarbeiter, die den eingesandten Content bewerten müssen. Dann überlegen wir uns natürlich Formen und Formate. Für die Zuschauerreporter haben wir beispielsweise einen eigenen Rahmen für das Fernsehbild erstellt, so dass der Zuschauer direkt erkennen kann, dass es sich um User Generated Content handelt. Dann helfen wir den Reportern auch Schritt für Schritt, dieses Material zu schneiden. Einige können das bereits, andere nicht. Deswegen haben wir ein Team gebildet, das jetzt erste Erfahrungen sammelt, und wir weiten das im Wochenrhythmus aus. Im Grunde ist das gerade unsere "Zuschauerreporter-Werkstatt". Wir möchten das gerne großflächig ausbauen. Wir zahlen zwar nichts dafür, aber wir geben diesen Reportern Hilfestellung. Die machen das alle hobbymäßig neben ihrer Arbeit aus reinem Interesse. Wir unterstützen sie dabei, besser und professioneller zu werden.
User Generated Content: Als gestandener Fernsehjournalist - tut das nicht manchmal weh?
Wir sind gerade in einem Prozess, in dem sich die Berufsfelder und Produktionsstraßen wandeln. Das klassische Konzept des Fernsehmachens habe ich ja vor einigen Jahren durch die Videojournalisten schon in Frage gestellt. Jetzt kommt im Grunde noch der nächste Schritt - eine Art Henry Ford-Gedanke - die Fließbandproduktion, ohne dass die Qualität drunter leidet. Wobei ich sagen muss, dass ich mittlerweile große Probleme mit dem Wort "Qualität" habe. Qualität ist etwas, das von Menschen in einer Universität oder einem Intendanten definiert wird. Da heißt es: "Wir machen das jetzt so". Bei uns war das im Grunde genauso: Wir waren jahrelang programmiert durch unseren Arbeitgeber, der uns gesagt hat "Fernsehen macht man so" - und "so" haben wir es dann auch gemacht. Das wird dann als Qualität definiert. Jetzt gibt es das Phänomen, dass die schlechtesten Videos der Welt bei "Youtube" am häufigsten angeklickt werden. Was machen Sie nun mit Ihrem Qualitätsbegriff? Da macht der Zuschauer offenbar bei der Begriffsdefinition nicht mit. Houston, wir haben ein Problem!