Herr Schröder, am Donnerstag starten Sie Ihren Pay-TV-Kanal eSports1. Ist der Markt in Deutschland dafür schon groß genug?
eSports hat sich in den letzten Jahren zu einem großen Thema entwickelt, deswegen blicke ich dem Start von eSports1 mit großer Vorfreude entgegen. Es wird ja schon lange darüber diskutiert, ob eSports nun Sport ist oder nicht. Aber irgendwann muss man die Diskussionsebene verlassen und Fakten schaffen. Ein journalistisches Haus wie Sport1, das sich neben eSports hauptsächlich um Kernsportarten wie Fußball, Motorsport, Eishockey, Basketball, Volleyball, Darts und US-Sport kümmert, mit einer solchen Aufgabe zu beschäftigen, war redaktionell und produktionstechnisch eine große Herausforderung – unser Dank gilt unserem Projektteam, das diese Aufgabe hervorragend gemeistert hat. Ich kenne das Senderprojekt und die geplanten Formate aus der Vorarbeit, die schon seit rund zwölf Monaten läuft, und bin davon überzeugt, dass eSports1 großartige Unterhaltung für die Zuschauer garantieren wird.
Wie ist die Idee entstanden?
Wir haben uns zusammen mit Daniel von Busse, unserem COO TV bei Sport1, die Frage gestellt, was man in dieser wahnsinnig fragmentierten Medienwelt mit spannenden Themen Neues gestalten kann. Da lag das bei uns bereits etablierte Thema eSports mit seinem großen Potenzial bei jungen Zielgruppen auf der Hand. In unseren Gesprächen mit den Plattformbetreibern sind wir schnell auf positives Feedback gestoßen und haben uns daher entschieden, das Senderprojekt zügig voranzutreiben.
Sie sprechen mit eSports1 ein sehr junges Publikum an. Was macht Sie so sicher, dass diese Zielgruppe überhaupt Geld für diese Art von Fernsehen ausgeben wird?
Ich bin mir gar nicht sicher, ob es immer nur die junge Zielgruppe ist, die mit einem solchen Angebot angesprochen wird. Zunächst einmal liegt es in der Hand unserer Plattformpartner, in welche Pakete sie diesen Pay-TV-Sender einfließen lassen. Nach meiner Auffassung passt eSports1 als Ergänzung auch sehr gut in Sport- oder Familienpakete, die Sender für alle Altersgruppen anbieten. Unabhängig davon werden wir parallel dazu eine eSports1-App auf den Markt bringen. Dabei handelt es sich um ein Freemium-Modell mit einem kostenlosen Einstieg und der Möglichkeit, das 24/7-Programm für 5,99 Euro im Monat dazuzubuchen.
Bleibt eSports denn auch ein Thema fürs Free-TV? Die Quoten der bisherigen Übertragungen waren ja doch recht überschaubar.
Selbstverständlich bleibt eSports auch für das Free-TV als Teil unserer 360°-Plattform Sport1 wichtig. Um die komplette Verwertungskette abzubilden, wird es weiterhin Liveübertragungen und Magazine auch im Free-TV geben. Das wollen wir auch dazu nutzen, um den Pay-TV-Channel und die mobile Applikation mit crossmedialer Promotion zu unterstützen. Die Quoten fand ich im Übrigen gar nicht so negativ. Natürlich war die Gesamt-Reichweite mit meist unter 100.000 Zuschauern überschaubar, aber diese kamen besonders aus der jungen Zielgruppe – mit Marktanteilen von zum Teil über vier Prozent bei den 14- bis 29-jährigen Männern. Insofern liefen die Übertragungen bei den für den Werbemarkt besonders interessanten Zielgruppen durchaus erfolgreich. Dennoch wird es in Zukunft im Free-TV bei Einzel-Events bleiben, der Fokus liegt auf den genannten Kernsportarten.
"Der größte Feind liegt meistens im eigenen Bett."
Olaf Schröder
Wenn wir auf Sport1 schauen, dann fällt auf, dass der Sender im vergangenen Jahr Marktanteile eingebüßt hat. Worauf führen Sie das zurück?
Das Jahr 2018 sehe ich als Übergangsjahr, inklusive der ersten Jahreshälfte 2019. Das Grundkonzept von Sport1 als linearer TV-Sender ist noch immer gut und attraktiv, auch wenn uns nach dem Verlust der Europa League in der zweiten Jahreshälfte noch einige Live-Höhepunkte fehlten. Aber mit der Gesamtentwicklung bin ich richtig zufrieden, zumal es uns gelungen ist, ab der kommenden Saison als erster privater Free-TV-Sender Spiele des DFB-Pokals live zeigen zu können, dazu umfangreiche Highlights und Magazine auch auf unseren digitalen Plattformen. Zudem sind wir mit unseren Formaten gut aufgestellt, insbesondere mit dem "Doppelpass", dem "Fantalk", "Bundesliga Pur" und den Zweitliga-Highlights. Und mit "Bundesliga Aktuell" gehen wir seit diesem Jahr neue Wege.
Wie sehen diese Wege aus?
Wir fahren eine neue News-Strategie und haben uns dazu entschieden, "Bundesliga Aktuell" nicht mehr um 18:30 Uhr zu senden, sondern dienstags, mittwochs und donnerstags ab 23:15 Uhr sowie freitags ab 23:30 Uhr. Sonntags und montags sowie ausgewählt auch an den anderen Tagen gehen wir mit kleineren News-Sendungen zu einer Kurz-Berichterstattung über, meist angedrockt an unsere Liveübertragungen. Das geschieht vor dem Hintergrund einer endgültigen Verzahnung von TV- und Online-Redaktion.
Woran macht sich das bemerkbar?
"Bundesliga Aktuell" entscheidet sich künftig nicht mehr morgens um 9 Uhr am Newsdesk, sondern bekommt seine thematische Richtung aus der Digitalwelt. Der größte Feind liegt ja meistens im eigenen Bett – und das ist in diesem Fall der Erfolg unserer Online- und Mobile-Distribution von News via Sport1.de und unseren News- und Video-Apps. Der TV-Konsum für Sportnachrichten nimmt erst am späten Abend wieder zu, wenn der Zuschauer nicht mehr so gerne sein eigener Programmdirektor ist, sondern entspannt zusammenfassend informiert werden möchte.