Auf welche Flughöhe soll Sport1 im Free-TV perspektivisch kommen?
Ich möchte mich davon lösen, nur über Zielgrößen im Bereich Reichweiten und Marktanteile zu sprechen. Ich möchte Sport1 weiterhin als relevanten linearen Channel in der deutschen Medienlandschaft etablieren und das ist uns 2018 trotz des Rechte-Verlustes und trotz der Fußball-WM bei ARD und ZDF gelungen. Wenn man sieht, dass wir in unserer Kernzielgruppe 1,3 Prozent Marktanteil erzielt haben, dann ist das ein ordentlicher Wert – gerade im Vergleich zu den anderen beiden Free-TV-Sportsendern. In der Gesamtbetrachtung ist Sport1 natürlich viel mehr als nur ein linearer Free-TV-Sender – sondern auch Dachmarke für unsere beiden Pay-TV-Sendern, Sport1.de und die News- bzw. Video-Apps sowie unsere Social-Media-Kanäle.
Die Europa League läuft inzwischen bei Nitro, ProSieben Maxx ist mit der NFL erfolgreich und hat jüngst angekündigt, U21-Länderspiele zeigen zu wollen. Sind Sie besorgt, dass da Konkurrenten heranwachsen, die nicht als klassische Sportsender gestartet sind?
Konkurrenz schadet nicht, sondern treibt Menschen wie mich täglich an, darüber nachzudenken, wie wir uns weiter verbessern können. Nitro ist ja nicht erst seit der Europa League zu einem Sender mit Sportinhalten herangewachsen, sondern auch schon durch die Übertragung von internationalen Qualifikationsspielen und die Bundesliga-Sendung. Nach meiner Auffassung befindet sich Nitro gerade in der Findungsphase und wird sich genau anschauen, wie die Europa League läuft. Im Spannungsfeld zwischen Lizenzzahlungen und Reichweiten-Erwartung gehört auch ein wenig Glück dazu. Ohne das abwerten zu wollen, aber wir waren drei Jahre lang mit Dortmund, Schalke und Gladbach auch vom Glück geküsst – mit einer Top-Reichweite von über sechs Millionen Zuschauern. Oft blieben und bleiben die Leistungen der deutschen Klubs in der Europa League auch hinter den Erwartungen zurück. Was die NFL bei ProSieben Maxx angeht, ziehe ich meinen Hut.
Apropos US-Sport: eSports1 nimmt ja den Sendeplatz von Sport1 US ein. Wo finden NBA und NHL künftig statt?
Mit der NBA und der NHL werden die zwei bisherigen Programm-Highlights von Sport1 US ab 24. Januar live auf unserem Pay-TV-Sender Sport1+ übertragen. Auch die Highlight-Magazine "NBA Action" und "NHL On The Fly" werden auf Sport1+ zu sehen sein.
Hätten Sie die NFL auch gerne im Programm?
Natürlich würde die NFL auch gut in unser Sonntags-Line-up passen, aber das ist kein Must have, auch angesichts unserer Programmierung unter anderem mit den Highlights der 2. Bundesliga. Aber ja, ich interessiere mich natürlich für alle relevanten Sportrechte.
Was Ihnen auch fehlt, sind die Montagsspiele der 2. Liga. Die werden Sie ganz sicher nicht zurückbekommen, nachdem sich die Vereine dazu entschieden haben, die Montagsspiele abzuschaffen.
Ich halte den Schritt der 2. Bundesliga insbesondere für die Liga selbst für falsch, sowohl mit Blick auf den Zeitpunkt als auch auf die Markenbildung. Vor allem wenn man bedenkt, wohin sich die 2. Liga in den letzten 25 Jahren auch dank der regelmäßigen Verbreitung im Free-TV entwickelt hat. Die Diskussion ist mit Sicherheit noch nicht beendet und die Ausschreibung ist noch nicht auf dem Markt. Aber Sie haben recht: Die Tendenz geht dahin, dass das Montagsspiel nicht mehr existieren wird.
"Die Schuld im Versagen von Sportarten beginnt immer in der Entscheidung, wie man Wettbewerbe konzipiert, inszeniert und distribuiert."
Olaf Schröder
Sind Sie manchmal selbst davon überrascht, dass die Regionalliga in Deutschland besser läuft als die erste Bundesliga anderer Sportarten?
Wirklich überrascht bin ich nicht, weil wir es in der 3. Liga und der Regionalliga mit vielen Traditionsvereinen zu tun haben. Grundsätzlich haben es die Sportarten aber selbst in der Hand. Nehmen Sie die DEL, die sich mit der Telekom eine Vollabdeckung geschaffen hat, aber gleichzeitig das Spiel der Woche im Free-TV ausgestrahlt wird und Highlights auf unseren Digitalkanälen gezeigt werden. Auch die Volleyball-Bundesliga ist auf ähnliche Weise nach Jahrzehnten wieder ans Tageslicht gekommen. Um die Vereine bekannt zu machen, braucht es neben Geduld in erster Linie eine große Reichweite, für die im ersten Schritt bei der Rechtvergabe die Verbände verantwortlich sind.
Also sind die Verbände selbst schuld, wenn sie keine Aufmerksamkeit bekommen?
Die Schuld im Versagen von Sportarten beginnt immer in der Entscheidung, wie man Wettbewerbe konzipiert, inszeniert und distribuiert. Da sind wir dann wieder bei der 2. Liga. Wenn man sie komplett ins Pay-TV transferiert, dann lässt die öffentliche Wahrnehmung automatisch nach. Diesen vermeintlichen Fehler – sich aus dem Free-TV zurückzuziehen, weil man in erster Linie kurzfristig denkt, aber die nachhaltige Entwicklung der Marke in der öffentlichen Wahrnehmung dabei vernachlässigt – haben schon viele Sportarten gemacht, die Eishockey-Bundesliga ebenso wie die Basketball-Bundesliga. Aktuell muss sich die Handball-Bundesliga die Frage gefallen lassen, ob es nicht doch ein Fehler war, fast komplett auf Pay-TV und nur punktuell und nicht regelmäßig auf Free-TV-Spiele zu setzen. Vor allen Dingen, wenn man sich gerade das öffentliche Interesse an der Handball-WM anschaut.
In den letzten Monaten haben Sie gleich mehrere Mitarbeiter in Führungspositionen verloren: Ihr langjähriger Digitalchef Robin Seckler ist weg, Digitalchef Ivo Hrstic ging nach 18 Jahren und Vermarktungschef Patrick Fischer arbeitet jetzt für Onefootball. Ganz schön viel los bei Ihnen, oder?
Da haben Sie Recht, mit den Drei sind Kollegen gegangen, die in ihren Positionen maßgeblich zum Erfolg in der Vergangenheit beigetragen haben. Es ist auch normal und im Übrigen sehr wichtig, dass Menschen immer nach neuen Herausforderungen suchen, ob im Konzern oder außerhalb. Grundsätzlich würde ich aber den Begriff "Verlust" vermeiden, da wir alle Positionen mit großen Verstärkungen neu besetzt haben, ohne dass ein Vakuum entstand – was sich glücklicherweise bereits in den aktuellen Leistungswerten der jeweiligen Bereiche widerspiegelt. Das Heft des Handelns hatten wir also selbst in der Hand und die Nachfolge frühzeitig geregelt.
Sie selbst sind schon sehr lange da, inzwischen auch an der Spitze von Constantin Medien.
Bisher haben mich andere Angebote inhaltlich noch nie so gereizt wie die in der Constantin Medien-Gruppe, um einen Wechsel in Betracht zu ziehen. Constantin Medien und unsere Sportgesellschaften sind für mich eine Herzensangelegenheit. Gerade in den vergangenen Jahren haben wir hier im Team zusammen mit meinem Vorstandskollegen Dr. Matthias Kirschenhofer einiges bewegt, um unseren Konzern in die richtige Richtung zu lenken. Und trotz der Doppelbelastung würde mich jederzeit wieder so entscheiden, wie ich es getan habe – weil die Aufgaben eben auch doppelte Freude bereiten.
Herr Schröder, vielen Dank für das Gespräch.