So wie Superhelden in unserer heutigen Film- und Serienwelt zu einem festen Bestandteil wurden, gehören sie auch zum Alltag der Protagonisten der neuen Amazon-Serie “The Tick”. Der Streaming-Neuling im Superheldengeschäft dreht sich nämlich um den durchschnittlichen und mit psychischen Problemen geplagten Buchhalter Arthur (Griffin Newman), der herausfindet, dass ein längst totgeglaubter Superschurke seine Heimatstadt beherrscht. Um ihm gewachsen zu sein, schließt er sich durch einen anfänglichen Zufall mit dem absurden blauen Superhelden “The Tick” (Peter Serafinowicz) zusammen, der sich ganz anders verhält, als die meisten seiner Branchen-Kollegen. Zum heutigen Start auf Amazon hat DWDL.de Hauptdarsteller Peter Serafinowicz persönlich getroffen, ebenso wie Valorie Curry, die Arthurs Schwester spielt, den Schöpfer Ben Edlund und die Proudzenten Barry Josephson und David Fury. 

Mr. Serafinowicz, wie lange mussten Sie überlegen, um sich für dieses eng anliegende, blaue Heldenkostüm zu entscheiden?

Serafinowicz: Zugesagt habe ich relativ schnell. Mein Fehler war, dass ich das gemacht habe, bevor ich das Kostüm vorgelegt bekommen habe (lacht). Wenn ich es anziehe, fühlt es sich tatsächlich wie ein knapp geschusterter Sarkophag an. Ich will nicht sagen, dass ich es nicht gerne anziehe, aber ich muss mich schon kurz sammeln, bevor ich hineinschlüpfe. Wenn man aber mal drin ist, ist es beinahe ein Klacks, sich in die Rolle des "Tick" hineinzuversetzen. Da drin fühlt man sich sehr von der Außenwelt isoliert und vergisst ein bisschen, wer man wirklich ist.

Bislang hat man Sie vor allem in Nebenrollen gesehen, sei es bei Sitcoms wie "Parks and Recreation" oder Hollywoodfilmen wie "Guardians of the Galaxy". Wie fühlt es sich nun an, einen Superhelden mit einer Menge Screentime zu spielen? 

Peter Serafinowicz© Amazon
Serafinowicz: Spiele ich denn einen Superhelden? Vermutlich. Wobei ich sagen würde, dass er wohl mehr "Super" als "Held" ist. Es gibt nämlich eine Menge Zuschauer, die ihn eher als Freak einschätzen würden, selbst andere Superhelden denken sich: "Wer zur Hölle ist dieser Kerl?". Die Sache mit der Hauptrolle ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn du dein Leben mit Nebenrollen bestreitest, hast du nie diesen unfassbaren Druck, den die erste Liga Hollywoods durchgehend hat. Ich erinnere mich an einen Dreh mit Melissa McCarthy für "Spy", als ich sie am Set weinen sehen habe und trösten wollte. Auf die Frage, ob alles okay sei, meinte sie nur: "Naja, ich bereite mich auf die Szene vor". Sie schauspielerte also und ich dachte mir nur, dass ich wirklich mal mein A-Game auspacken muss, und nicht nur das D-Game, mit dem ich mich bisher durchgeschlagen habe (lacht). "The Tick" war also eine Herausforderung, auf die mich meine Profi-Kollegen bei meinen anderen Projekten langsam vorbereitet haben.

Mrs. Curry, während Peter Serafinowicz eine starke Männer-Figur spielt, stellen Sie eine starke Frauenfigur dar. Gibt es davon noch zu wenige auf dem Bildschirm?

Curry: Absolut. Erst seit ein paar Jahren wird mit Projekten wie "Wonder Woman" oder "Veep" daran gearbeitet, nicht nur die Männer als Helden, die alles können und Frauen in jeder brenzligen Situation retten, im Vordergrund spielen zu lassen. In "The Tick" spiele ich Dot Everest, die Schwester von Arthur (Anm. d. Red.: Der Sidekick von Tick), die ihn größtenteils alleine aufgezogen hat. Sie ist ein sehr direkter Mensch, kann spitzzüngig sein und fühlt sich stets in ihr Gegenüber ein, um dessen Handlungen nachvollziehen zu können. Ich habe diese Rolle angenommen, da sie in einer Superhelden-Parodie wie dieser den bodenständigen Faktor darstellt und die notwendige Ernsthaftigkeit reinbringt, damit das Ganze nicht zu albern wird. Ben Edlund hat da alle Arbeit geleistet.

Inwiefern hat es Schöpfer Ben Edlund in ihren Augen geschafft, eine Superhelden-Serie auf den Markt zu bringen, die sich vom großen Rest unterscheidet?

Serafinowicz: Ich habe bei weitem nicht jede Superhelden-Produktion gesehen, die es da draußen gibt. Jedoch ist der Tick jemand, den man im DC oder Marvel-Universum nur sehr schwer finden wird. Na gut, "Deadpool" kommt in die Richtung. Wo "Deadpool" aber eine Art Anti-Hero darstellt, ist Tick im Grunde ein herzensgutes Wesen, das die Welt etwas gerechter machen möchte. Eben auf seine skurrile Weise.

Curry: Ben Edlund ist ein unfassbarer Autor, der 1986 einen Comic ins Leben gerufen hat, der sowohl liebenswert als auch bizarr ist. Heutzutage gibt es im Kino und im Fernsehen kaum einen Superhelden, der in diese Kerbe schlägt. Ich würde sogar sagen, dass er komplett einzigartig ist und genau das, was das Genre momentan braucht: Einen Helden, der das Business mal etwas auflockert.

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Im äußeren Kern ist "The Tick" sicherlich eine Comedy-Serie, doch lassen die Charaktere ab und an auch mal tiefer blicken… 

Serafinowicz: Ich würde auch niemals behaupten, dass "The Tick" eine einschichtige Comedy-Serie ist. All die gezeigten Charaktere sind auf ihre ganz eigene Weise einsam und auf der Suche nach einem Sinn in ihrem Leben. Neben den Comic-Aspekten und den lustigen Passagen verbergen sich echte Personen, die ein emotionales Wesen haben. Der Tick befreundet sich also mit Arthur, einem 0815-Typen, für den er ein Pseudo-Lebenscoach sein kann. Arthurs Leben wird schlagartig aufregender, da er als Sidekick ab sofort Bösewichte jagen darf und Tick findet eine gewisse Erfüllung darin, jemandem wie ihm aus seiner Tristlosigkeit zu helfen. 

Mr. Serafinowicz, in gewisser Weise sind Sie auch ein Held in der echten Welt. Hier jedoch mit dem Pseudonym “Sassy Trump” (auf deutsch: “Frecher Trump”).

Serafinowicz: (lacht) Als Held würde ich mich absolut nicht bezeichnen, aber ich finde es natürlich schön, dass meine Trump-Parodien gut ankommen. Wobei es ja nicht einmal Parodien sind. Ich sorge eigentlich nur dafür, dass Donald Trumps Bullshit-Phrasen entfernt werden und meine Zuschauer den puren Müll zu hören bekommen, den er so von sich lässt. Er ist eine lebende Karikatur, bei der jede Presekonferenz Comedy-Gold ist. Es ist beinahe schon beängstigend, wie normal es geworden ist, dass man bei jedem ausgesprochenem Satz etwas absurdes von ihm erwartet. Er ist wie das zickige, gemeine Mädchen in der Schule, dass jeder von uns kannte.

Auf Seite zwei folgt ein Interview mit Ben Edlund (Schöpfer), Barry Josephson (Produzent) und David Fury (Produzent)