Frau Ziegler, Ihre Produktionsfirma Ziegler Film wird am 27. April stolze 44 Jahre alt. Wie viele Übernahmeangebote haben Sie eigentlich schon bekommen?

Eine ganze Menge. Die gibt es immer wieder. Ich glaube, in der Branche hat man gemerkt, dass dieses Familienunternehmen sehr leistungsstark ist und dass wir mit unseren Produktionen bisweilen auch über den deutschen Tellerrand hinaus reüssieren. An vielen unserer Produktionen halten wir zudem selbst die Rechte. Man würde mit uns wohl einen guten Fang machen.

Aber?

Grundsätzlich prüfen wir natürlich jedes Angebot. Aber bis jetzt sind wir bewusst ein Familienunternehmen geblieben. Tanja Ziegler ist seit 20 Jahren in der Firma, die Nachfolge ist also geregelt und wir arbeiten fabelhaft zusammen. Das hat auch mit unserer Autonomie zu tun. Solange wir mit unseren Projekten so umgehen können, wie wir es für richtig halten, ist das etwas Besonderes. Konzerne arbeiten anders. Der interne Druck ist viel stärker. Individuelle Kreativität hat es viel schwerer. Die Entscheidungsprozesse sind viel langwieriger. Tanja und ich schauen uns einfach in die Augen und entscheiden, was wir machen.



Aktuell ist die Konsolidierung im internationalen Produktionsmarkt stark geprägt vom Bedarf an großen, hochwertigen Serien. Wenn sich unabhängige Fiction-Produzenten ganz oder teilweise von Konzernen übernehmen lassen, können sie anschließend oft größere Projekte für den Weltmarkt stemmen.

Wir verfechten keine Ideologie der Abschottung. Bei größeren Serienprojekten können wir uns durchaus vorstellen, dass man sich mit einem Studio oder Konzern verbindet. Aber eben auf Projektbasis, nicht zwingend verbunden gleich mit einem Anteilsverkauf. Ist doch klar, dass so eine Partnerschaft wirtschaftliche Vorteile haben kann. Ein Unternehmen wie das unsere verfügt über eine bestimmte Kreditlinie. Das limitiert die Budgets. Wenn man mehr riskiert, kann viel passieren. Als ich 2010 den Spielfilm "Henri IV" für 19 Millionen Euro produziert habe, war das ein Kraftakt erster Güte und ich habe sehr viel eigenes Geld investiert. Aber wer weiß, wozu das noch gut sein wird? Inzwischen betrachte ich den Film als Vermächtnis und glaube, dass "Henri IV" nochmal so präsent sein wird, wie wir es gerade mit "Kamikaze 89" in Amerika erleben.

Und offensichtlich hat die Erfahrung Sie nicht davon abgeschreckt, weiter in Kinoprojekte zu investieren, die keine Selbstläufer sind.

Einen Spielfilm zu produzieren, ist noch immer die größte Herausforderung. Die Fallhöhe ist die größte. Es kann viel schief gehen. Umso schöner, wenn man Erfolg hat. Daher bin ich sehr glücklich über unsere beiden aktuellen Kinofilme. "Mein Blind Date mit dem Leben", produziert von Tanja, hat in den ersten elf Wochen 753.000 Kinobesucher erreicht – und das ganz ohne die üblichen deutschen Stars. Studiocanal hat den Film schon in 42 Länder verkauft, und gerade reißen sich mehrere Länder um die Remake-Rechte. "Rückkehr nach Montauk", das ich zusammen mit Volker Schlöndorff produziert habe, kommt am 11. Mai in die Kinos und ist über Gaumont schon in 25 Länder verkauft worden.

Kommen wir zum Fernsehen, wo Ihre Projekte nicht kleiner sind und Sie oftmals auch Eigenmittel in die Finanzierung einbringen. Was dürfen wir von Ihren Event-Zweiteilern "Die Puppenspieler" und "Gladbeck" erwarten?

Sie dürfen große, emotionale, authentische historische Erzählungen erwarten. Die von Barbara Thielen produzierten "Puppenspieler", nach dem Roman von Tanja Kinkel, erzählen vom Aufstieg der Fugger im Deutschland der frühen Renaissance. Wir haben die Sendefassung Anfang des Monats bei der ARD Degeto abgegeben, die Ausstrahlung ist für den Herbst geplant. Meine Produktion "Gladbeck" ist gerade in der Endfertigung. Hier sprechen wir über einen Sendetermin im Ersten für 2018, also das Jahr, in dem sich das Gladbecker Geiseldrama zum 30. Mal jährt.

"Auf der MIPTV in Cannes hatte ich so viele Meetings, dass ich fast gar kein Hotelzimmer gebraucht hätte"

Regina Ziegler


Abgesehen vom Jahrestag – warum ist es Ihnen wichtig, dieses Ereignis heute fiktional zu erzählen?

Das Geiseldrama von Gladbeck ist, was die Gefährlichkeit der Täter anging, seinerzeit sowohl von den Behörden als auch von den Medien gewaltig unterschätzt worden. Es kommt alles darauf an, diese Geschichte möglichst authentisch zu erzählen. Nur dann versteht man die kriminelle Logik und die kalte Brutalität dieses schlimmen Stücks deutscher Kriminalität. Viele Originalmotive von damals haben wir nicht mehr vorgefunden. Den alten Bremer Busbahnhof haben wir in Duisburg nachgebaut. In der damaligen Gladbecker Bankfiliale ist heute ein Blumenladen, den haben wir für drei Monate ausgekauft und die Bank nachgebaut. Ich halte es für wichtig, dass unsere Drehorte den Originalbildern von damals entsprechen und damit die Authentizität des Filmstoffs unterstreichen.

Beide Zweiteiler sind nicht allzu weit von der 10-Millionen-Euro-Budgetmarke entfernt. In beiden stecken Fördermittel von jeweils drei deutschen Regionalförderungen, 700.000 Euro bei den "Puppenspielern" und 1,2 Millionen Euro bei "Gladbeck". Da ist es für Sie vermutlich entscheidend, dass die Filme nicht nur erfolgreich in der ARD laufen, sondern auch möglichst viele Auslandsverkäufe erzielen.

Das stimmt. Auf der MIPTV in Cannes hatte ich so viele Meetings, dass ich fast gar kein Hotelzimmer gebraucht hätte. (lacht) Das internationale Interesse an unseren Produktionen ist also zum Glück riesig. Längst überlegen wir bei jedem einzelnen Projekt vorher ganz genau, wer der beste Vertrieb dafür sein wird. Im Fall der "Puppenspieler" haben wir uns für Red Arrow International entschieden, bei "Gladbeck" für Beta Film.