Herr Ollig, die "Rosenheim-Cops" feiern in diesem Jahr ihren 15. Geburtstag. Sie betreuen die Serie nun schon seit 2003. Wie würden Sie sie in drei Worten beschreiben?
Die "Rosenheim-Cops" stehen für mich für Wohlfühl-Fernsehen, für gute Unterhaltung mit intelligentem Humor und für liebenswerte Krimispannung zum Mitraten.
Man könnte ja auch eigentlich sagen, dass die "Rosenheim-Cops" sowas wie ein Vorläufer der ARD-Schmunzelkrimis sind, die es unter dem Label inzwischen gar nicht mehr gibt. Wie unterscheidet sich denn die Serie von vergleichbaren Formaten?
Ich glaube, das Besondere ist, dass wir eine magische Landschaft haben und wir diesen besonderen bayerischen Flair einfangen. Wir haben eine Urlaubskulisse, die die meisten Leute gerne sehen. Auch der Charme der bayerischen Sprache macht sehr viel aus.
Und inhaltlich?
Wir erzählen Geschichten jenseits des Krimifalls, die für jeden Menschen eine hohe Wiedererkennbarkeit haben, die alltagstauglich sind, die schmunzelnd und mit einem Augenzwinkern erzählt werden und in denen sich jeder wiederfinden kann.
In diesem Jahr drehen Sie die bereits 400. Folge. Nun ist es ja so, dass sich viele Episoden auch ähneln, wie lange kann man die Geschichte der "Rosenheim-Cops" noch erzählen und dabei immer wieder etwas Neues schaffen?
Theoretisch kann man die Geschichte sehr sehr lange weitererzählen. Da geht es einfach darum, dass wir genug gute Ideen haben, um die Serie zu pflegen, frisch zu halten und weiterzuentwickeln.
Wie haben sich die "Rosenheim-Cops" denn in den vergangenen 15 Jahren entwickelt? Und wie wollen Sie die Serie künftig frisch halten?
Ganz am Anfang, nur um ein Beispiel zu nennen, gab es einen gewichtigen bayerischen Landwirt, der nebenbei als Kommissar gearbeitet hat. Seine Schwester Marie machte zu Hause mit ihm den Haushalt und den Hof. Das ist nach meinem Verständnis ein Rollenbild des 19. Jahrhunderts. Ich glaube nicht, dass eine moderne junge Frau am Stadtrand auf dem Dorf lebt und gemeinsam mit dem Bruder Haus und Hof macht. Junge Menschen verlassen den Bauernhof, wenn es ihnen nicht mehr gefällt oder sie holen sich einen Partner, der ihnen dabei hilft. Man lebt nicht als junge hübsche Frau mit dem übergewichtigen Bruder einsam und alleine auf dem Hof und bekocht ihn.
Was macht Marie heute?
2004 haben wir im Rahmen einer ersten Auffrischung Marie in den Stadtrat gewählt. Sie ist also nicht die treue Vasallin ihres Bruders, sondern eine moderne Frau, die ein Berufsleben und sonstige Interessen hat, die über die Familie hinausgehen.
Blasmusik und ein Retro-Schriftzug gehören zu jedem "Rosenheim-Cops"-Opening.
Wie hat sich die Serie noch weiterentwickelt?
Am Anfang gab es bei den "Rosenheim-Cops" kein Büro für den Polizeichef, aber auch keine Spurensicherung und keine Pathologie. Es ging alles aus der Perspektive der Kommissare heraus, was ich für unzeitgemäß halte. Wir haben daraufhin all das eingeführt und die Serie damit auf ein gewisses Kriminiveau gestellt. Die "Rosenheim-Cops" sind seither auch plausibler. Zuletzt haben wir vor zwei Jahren die Information eingeführt: Das ist der Eingang des Kommissariats. Da sitzen Frau Grasegger und Frau Lange - die eine ist eine mittelalte Frau und immer an Klatsch und Tratsch interessiert, die andere ist eine junge Frau, die sich montags schon immer wünscht, es wäre bald Freitag. Auch da haben wir eine Lebenswirklichkeit, die jeder kennt.
Und wie kann sich die Serie künftig weiterentwickeln? Wo sehen Sie noch Möglichkeiten?
Wir haben Ende letzten Jahres die Serie verändert: Wir haben die Controllerin Frau Ortmann verloren und daraufhin hatten wir einen dramaturgischen Verlust im Umfeld von Frau Stockl und den Kommissaren. Deshalb haben wir eine neue Pathologin eingeführt, die gut in das Geflecht reinpasst. Zudem gibt es produktionsbedingt wechselnde Kommissare – jetzt auch eine Kommissarin. So haben wir in Zusammenarbeit mit der Redaktion des ZDF die Serie zuletzt weiterentwickelt und natürlich beobachten wir auch die Entwicklungen in diesem Jahr. Wir schauen, wo wir uns wiederholen - und spätestens wenn wir das merken, müssen wir reagieren und etwas verändern.
Spüren Sie überhaupt Druck, sich verändern zu müssen? Die Quoten sind ja anhaltend gut. Da kann man ja auch mal auf die Idee kommen, alles so weiterzumachen wie bisher.
Das halte ich für ein ganz großes Risiko. Sich auf dem Erfolg auszuruhen wäre fatal, man muss immer um ein Format herum arbeiten. Wir geben uns viel Mühe, um gute Bücher zu entwickeln. Das ist wirklich ein Hauptaugenmerk unserer Arbeit: Geschichten entwickeln, die nicht albern sind oder konstruiert wirken.
Ich glaube nicht, dass es richtig ist, zu dramatische Fälle zu erzählen und gleichzeitig sich leicht amüsieren zu wollen.
Sie klammern in den Krimifällen einiges aus. In den "Rosenheim-Cops" gibt es keine extremen Gewaltverbrechen, keine Sexualdelikte, keine organisierte Kriminalität und auch keine Verbrechen an Kindern. Warum?
Wir haben das auch aus moralischen Gründen gemacht. Wir können uns nicht darüber amüsieren, dass Frau Stockl den Vierfachlocher sucht, wenn gleichzeitig ein Kind ermordet worden ist. Wir klammern das ganz bewusst aus, weil Humor und Dramatik in manchen Fällen funktioniert, aber längst nicht in allen. Die Idee, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt, das kann man mal in einem 90-Minüter oder in Kino- und Fernsehfilmen machen, aber wir haben nur 43 Minuten und die sind auch noch durch Werbung unterbrochen. Ich glaube nicht, dass es richtig ist, zu dramatische Fälle zu erzählen und gleichzeitig sich leicht amüsieren zu wollen. Und ich glaube das tut der menschlichen Psyche auch ganz gut: Einfach mal eine Dreiviertelstunde an die schönen und leichten Dinge denken und dabei schmunzeln.
Sie haben den 90-Minüter schon angesprochen. Den machen Sie ja gerade im Rahmen eines Winter-Specials. Worauf können sich die Zuschauer einstellen? Wird es etwas schwerere Kost geben?
Nein, wir bleiben den "Rosenheim-Cops" treu. Wir würden unsere Zuschauer völlig schockieren, wenn wir da auf einmal anfangen, einen düsteren Krimi zu erzählen. Und wir würden die Zuschauer, die die Serie nicht so sehr mögen, auch nicht gewinnen. Auch in dem Special bleiben wir also dem leichten Unterhaltungsfernsehen treu.
Wie ist es denn zu dem Special gekommen? Bislang gab es erst zwei dieser Art - und die liefen schon 2003 und 2004.
Ich denke, der Quotenerfolg hat dazu beigetragen, dass das ZDF die Serie jetzt auch mal um 20:15 Uhr ausprobieren will.
Auf Seite zwei lesen Sie, was Alexander Ollig zu den Einschaltquoten sagt und dazu, dass vergleichsweise wenige junge Menschen die Serie schauen. Außerdem geht es um die fehlende Wertschätzung von Journalisten.