Herr Specht, nach einem kurzen deutschen Gastspiel von Nickelodeon in den 90er Jahren, setzte man 2005 nochmal neu an. Wenn Sie Ihren Sender heute mit dem Angebot von vor zehn Jahren vergleichen: Gibt es einen Unterschied?
Sehr deutliche sogar. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, aber die vergeht schneller als man denkt. Nickelodeon fühlte sich vor zehn Jahren noch ganz anders an. Unsere Inhalte waren weitaus amerikanischer geprägt. Wenn US-Mutterkonzerne versuchen, Sender regional zu launchen, dann wird vielleicht manchmal angenommen, Austria und Australia unterscheiden sich wirklich nur durch einen Buchstaben (schmunzelt). Wir hatten bei Nick, als wir es im deutschen Markt 2005 eingeführt haben, einige Programme, die aus US-amerikanischer Sicht echt stark waren, aber Deutschland mit seinen spezifischen Marktverhältnissen und den besonderen Erwartungen ans Kinderfernsehen außer Acht gelassen haben. Auch im Vergleich zum damals einzigen kommerziellen Wettbewerber Super RTL wirkte unser Programmangebot seinerzeit vielleicht etwas zu wild für manche Eltern und Kinder.
Das sind offene Worte.
Wir haben daraus sehr schnell gelernt und viele lokale Produktionen angeschoben, um uns den deutschen Sehgewohnheiten anzupassen. Wenn ich mir heute anschaue, wo wir stehen - auch, nachdem nun ein weiterer, toller Konkurrent im Markt ist - dann bin ich extrem zufrieden. Wir liegen mit Auf und Ab bei einem knapp zweistelligen Marktanteil. Ich bin sehr glücklich, dass wir mit unserer Prognose, dass viele Kinder durch den wachsenden Markt von den General-Interest-Sendern zurück ins Kinderprogramm wandern, richtig lagen. Der neue Wettbewerb durch den Disney Channel hat dem ganzen Segment mehr Aufmerksamkeit und Nutzung beschert.
Hat Nickelodeon aber auch Marktanteile gekostet…
Das stimmt, ich hatte aber richtigerweise ebenfalls erwartet, dass der Marktanteil von Super RTL noch etwas stärker leiden würde als unserer, weil der Disney Channel und Super RTL vor allem im Tagesprogramm relativ ähnlich positioniert sind. Aber am Ende bin ich trotzdem sehr zufrieden: Die Viacom-Marke Nickelodeon läuft im deutschen Kinderfernsehen erfolgreicher als Disney. Vor allem in den letzten Monaten hat sich das deutlich gezeigt und das bestärkt uns auch im Hinblick auf die Zukunft. Wir glauben, dass Disney seine Zielgruppe gefunden hat, darüber hinaus aber ein Stück weit in der Positionierung eingeengt ist. Sie können nie so edgy werden wie Nickelodeon es von Haus aus ist, um einen noch breiteren Markt zu erschließen.
Gut, dafür sind die Konkurrenten in anderen Bereichen weitaus stärker als Nickelodeon.
Das ist richtig. Wir haben in letzter Zeit aber auch thematisch verstärkt auf die Mitte gesetzt, um eben auch im Pre-School-Bereich stärker zu werden. Und dort geht nichts, ohne dass man die Eltern abholt. Denen können wir kein „Ren & Stimpy“ anbieten.
Wenn Sie den internationalen Kollegen das deutsche Nickelodeon vorstellen, inwieweit weicht der Sender von anderen Nickelodeons ab?
Es gibt innerhalb der Viacom-Gruppe verschiedene Cluster, auch innerhalb Europas. Unser Cluster „Northern Europe“ zieht sich von Wallonien bis nach Finnland - und selbst da ist es oft ein frommer Wunsch, überall dasselbe Programm zu fahren, auch um von Synergien profitieren zu können. Dennoch kaufen wir viele Formate lokal ein oder programmieren anders, weil sich die Tages- und Schulzeiten von Land zu Land unterscheiden. Wir brauchen ein Programm, das Edginess besitzt, weil Viacom immer etwas cooler ist als die anderen Senderfamilien. Aber es darf eben nicht so edgy sein, dass wir die Eltern verschrecken. Dieser Spagat ist bei uns in Deutschland schwieriger als beispielsweise in den Niederlanden. Die Holländer sind dafür an sich etwas offener.
Deutschland ist ein Markt, der sehr stark über die Eltern funktioniert...
Die Eltern hier sind etwas mehr protective als in Skandinavien oder eben in den Niederlanden. Dort ist man schon etwas freigeistiger und setzt den Kindern weniger Grenzen, auch was die Mediennutzung betrifft. Das ist aber gar keine Kritik, sondern liegt vielleicht auch an der niedrigeren Geburtenrate hierzulande. Das eine Kind, das man hat, ist natürlich etwas ganz Besonderes - und da möchte man dann auch um Himmels Willen nichts falsch machen. Deshalb schauen die Eltern vermutlich auch stärker auf den Medienkonsum der Kleinen.
Welche Programm-Highlights stehen im Herbst auf dem Programm bei Nickelodeon?
Für den Herbst habe ich ein gutes Gefühl, weil neue Folgen von "Bella & the Bulldogs", "Die Thundermans", "Voll vergeistert", "Teenage Mutant Ninja Turtles" und natürlich auch von "SpongeBob Schwammkopf" sowie den "Brotpiloten", die ich persönlich sehr lustig finde, starten werden. Das sind bewährte, bereits etablierte Programme, so dass ich zuversichtlich bin, die Zweistelligkeit halten zu können.