Wenn man eine Sendung so lange präsentiert, dann lässt sich das aus zwei Blickwinkeln betrachten: Werden Sie mit "Zimmer frei!" alt oder hält Sie diese Sendung jung?
Alsmann: Beides ist richtig.
Westermann: Schöner hätte ich es nicht sagen können.
Welche Rolle spielt für Sie das Radio?
Westermann: Radio ist ein wunderbares Medium. Manchmal wünsche ich mir, dass wir bei "Zimmer frei!" genauso viel Zeit mit unserem Gast verbringen können wie im "MonTalk" auf WDR2. Im nächsten Moment bin ich allerdings froh, dass die Sendung so ist wie sie ist. Eine Sendung, wie ich sie kürzlich mit Harald Schmidt im "MonTalk" gemacht habe, wäre bei "Zimmer frei!" nicht möglich gewesen. Da hat Schmidt ganz weit aufgemacht - und das fand ich schön. Bei "Zimmer frei!" ist's dann doch eher Spaß, Spiel, Spannung.
Alsmann: Wir haben beide unsere Radio-Formate, in denen wir unsere jeweiligen Stärken und Hauptinteressen deutlich extremer ausleben können, beide witzigerweise am Montagabend. Das zeigt auch, von welchen Polen wir uns vor 18 Jahren annäherten. Es ging um eine Frau aus dem Journalismus und einen Mann aus der Unterhaltung. In der Regel funktioniert so etwas umgekehrt: Da gibt es einen Mann, der die Nachrichten verliest, und ein Mädchen, das um ihn herumtanzt. Insofern war es damals eine antizyklische Entscheidung. Und im Grunde genommen hat sich an diesen Polen bis heute nichts geändert.
Inwiefern würden Sie sagen, dass Sie sich blind verstehen?
Westermann: Gute Frage. (überlegt) Es gibt manchmal schon Dissonanzen.
Alsmann: Wir können uns auch blind missverstehen!
Westermann: Häufig haben wir unterschiedliche Einschätzungen von Sendungen. Das hängt oft von der eigenen Stimmung ab, aber da geht es um Details.
Kokettieren Sie eigentlich gerne mit dem Alter?
Westermann: So würde ich es nicht bezeichnen, aber wenn ein junger Mann wie Andreas Gabalier kommt, müssen wir aufpassen, dass wir nicht wie Onkel und Tante sind.
Alsmann: Ich reagiere anders, wenn ein junger Schauspieler kommt als wenn ein junger Musiker kommt. Das ist bei dir ganz ähnlich, Christine. Einer gestandenen TV-Persönlichkeit begegnest du sicher anders als einem jungen Häschen von 21, das noch nicht so viel Fernseherfahrung hat.
Westermann: Ich höre anders hin, weil bei jungen Leuten manchmal mehr Sprechblasen und Aufgeschnapptes kommen. Und manchmal gerät das Gespräch ins Stocken. Man muss ja auch erst mal feststellen, ob die Chemie stimmt. Da ist es wie im richtigen Leben. Manchmal stimmt sie mehr zwischen Götz und dem Gast, manchmal mehr zwischen dem Gast und mir…
Alsmann: … und manchmal nur zwischen uns!
Westermann: Wenn wir ganz schlechte Tage erwischen, dann stimmt auch mal gar nichts.
Alsmann: Grundsätzlich wird nirgends so viel improvisiert wie bei uns!
Würden Sie mir trotzdem recht geben, wenn ich behaupte, dass im Laufe der Zeit viel von der Anarchie, die die Sendung vor 18 Jahren mal ausgezeichnet hat, verloren gegangen ist?
Alsmann: Ja, das würde ich unter einem bestimmten Vorbehalt sagen. Vieles, was man damals als Anarchie aufgefasst hat, kommt heute als Anarchie gar nicht mehr rüber. Wir hatten gerade einen Zusammenschnitt des ersten Auftritts von Birgit Schrowange. Da ging es im Bilderrätsel um den Begriff "Sauerland". Erst manschten wir in einem Haufen Blumenerde und schließlich kippte ich Zitronensaft drüber. Ich weiß noch, dass man das damals als völlig irre angesehen hat. Und weil ich einen schönen Anzug trug, war es gleich doppelt anarchisch. Im Zeitalter des Kakerlakenfressens ist das aber einfach nicht mehr anarchisch. Da sind wir längst überholt worden. Bei uns herrscht mittlerweile so etwas wie eine kalkulierte Anarchie.