Ich habe die Zuschauerzahl auch deswegen angesprochen, weil es immer ein wenig unter dem Radar läuft, dass "Quarks & Co" so erfolgreich ist. Da stellt sich die Frage: Wissen die das bei der ARD auch?
Das wissen die ganz sicher. Wenn man sich allerdings die vergangenen Jahre mal ansieht, dann stellt man fest, dass Wissenschaft in der Primetime nicht mehr stattfindet. Ich halte das für falsch – nicht, weil ich den Finger strecke, sondern weil Wissenschaft und Technik in unserer Gesellschaft so wichtig sind, dass wir diese Gebiete aufgreifen müssen. Der WDR ist da sehr zuverlässig und ich hoffe, dass das Erste bald nachzieht.
Jetzt sind Sie mit "Quarks & Co" schon so viele Jahre dabei - und doch gehen Ihnen die Themen offensichtlich nicht aus. Vor einiger Zeit haben Sie die Wissenschaft vom Klo thematisiert …
In diesem Fall lernte ich in Schweden die Initiative eines Architekten kennen, der klar machte, dass über eine Milliarde Menschen kein Klo haben. Ich habe gelernt, dass über 80 Prozent der Frauen in den Slums überfallen und vergewaltigt werden, weil sie aufs Klo gehen. Warum? Weil diese Frauen abends den Schutz ihrer kleinen Behausung verlassen müssen. Als Toilette dienen freie Flächen oder eine Plastiktüte, die anschließend weggeworfen wird. Diese unhygienischen Zustände sind auch die Ursache vieler Infektionskrankheiten. Eine Initiative hat jetzt Spezialtüten entwickelt, die biologisch abbaubar sind und einen Stoff enthalten, der die Krankheitserreger in Kot und Urin abtötet. Aber das war nur einer der Bausteine unserer Sendung über das Klo. Wir haben auch über eine Untersuchung berichtet, die analysiert hat, wie sich Männer verhalten, wenn sie nebeneinander am Pissoir stehen. Sie sehen: Es ist ein weiter Weg von Elementarteilchen bis zum Klo. (lacht)
Ralph Caspers ist inzwischen auch häufig an Bord. Wie kam es eigentlich dazu?
Zum einen möchte ich die Zahl der Sendungen, die ich absolviere, beschränken. Früher gab es “Quarks" nur einmal im Monat - das war wunderbar, weil man genügend Zeit hatte, sich inhaltlich darauf vorzubereiten. Heute kommt "Quarks" fast jeden Dienstag. Diese Schlagzahl erzeugt natürlich Druck, denn unser Anspruch an die Sendung hat sich ja nicht verändert. Also haben wir das Spektrum der Sendung erweitert - mit Dokumentationen und Ralph Caspers, der das etwas anders macht als ich, aber ohne Frage sehr gut.
Mussten Sie erst mal um Verständnis kämpfen?
Ein wenig schon. Aber die Kollegen haben das dann schon verstanden. Ich lasse auch viele Formate irgendwann los, wie etwa "Wissen vor 8".
Aber „Quarks und Co" wollen Sie nicht loslassen.
Nein, aus mehreren Gründen. "Quarks und Co" ist in gewisser Weise eine inhaltliche Heimat für mich, denn ich habe die Redaktion zu Beginn auch mit aufgebaut. Wenn ich übermorgen sage, ich lasse es, dann kann es sein, dass die Sendung vor einer unsicheren Zukunft steht. Das ist eine innere Verpflichtung. Das Haupt-Argument aber ist, dass der Inhalt stimmt. Von den tollen Kollegen einmal ganz abgesehen.
Welche Sendung ist Ihnen im Laufe von 20 Jahren in besonderer Erinnerung geblieben?
Wir haben mal an einer Universität ein Riech-Experiment gemacht. Im Hörsaal habe ich eine Flasche aufgestellt mit einer grün-gelblichen Flüssigkeit und anschließend an die Studenten Karten verteilt. Sie sollten die Karte heben in dem Moment, in dem sie etwas riechen. Dann haben wir gewartet und nach und nach sahen wir, wie alle Karten hochgingen - bis ich die Katze aus dem Sack ließ: Die Flüssigkeit war völlig geruchlos. Alleine ihre Erwartung, dass es riechen würde, hat die Studenten dazu gebracht, die Karten zu heben. Ein tolles Experiment. Und all das macht mir immer noch Spaß. Die Begeisterung, die ich für Wissenschaft habe, möchte ich gerne weitergeben. Und zwar nicht, indem ich den Zuschauern unbedingt gefallen möchte.
Wem hätten Sie etwas beigebracht, wenn das mit dem Fernsehen nicht geklappt hätte?
Bevor ich zum Fernsehen kam, stand ich als sehr junger Physiker bereits vor Studenten und habe unterrichtet. Das funktionierte ganz gut. Vielleicht mache ich das ja wieder. Ich hätte unglaublich Lust, junge Leute zu coachen, um irgendwann dafür zu sorgen, dass die Staffel sauber übergeben wird. Es gibt so tolle Talente.
Herr Yogeshwar, vielen Dank für das Gespräch.