Herr Schulz, was haben Sie eigentlich vor zehn Jahren gemacht?
Mein Leben bestand damals überwiegend aus Musik.
War damals schon in irgendeiner Weise an eine Fernsehkarriere zu denken?
Schon in den frühen 90er Jahren habe ich mit Freunden kleine Aufnahmen gemacht. Es gibt kleine imaginäre Dokumentationen auf meinen CDs - das ist also kein komplettes Neuland für mich. Fernsehen war aber nie das Hauptding. Eine Zeit lang habe ich sogar mal Medienwissenschaften studiert. Das habe ich allerdings schon nach dem zweiten Semester wieder abgebrochen.
Wieso das denn?
Ich wollte viel lieber Musik machen und kiffen. (lacht) Damals war ich Anfang 20 und noch nicht so motiviert. Ich war eher so ein Slagger-Typ, wie man so schön sagt. Früher hatten wir allerdings ein Schülerfernsehen, das ich moderiert habe. Da war ich etwa 12 Jahre alt. Danach habe ich Passanten auf der Straße angesprochen und gefilmt. Und 2008 hatte ich im NDR Fernsehen eine kleine Late Night, die nach einer Sendung schon wieder eingestellt worden ist.
Was ist denn da schiefgelaufen?
Irgendwie hatten die beim NDR keinen Bock auf mich.
Weil die Ihre Karriere nicht vorhergesehen haben?
Ich war damals vom NDR extrem enttäuscht und habe auch nie jemanden kennengelernt außer einer Redakteurin, die mit mir zusammen das Konzept entworfen hat. Auch der Programmchef hielt es nicht für nötig, mal Hallo zu sagen. Bei ProSieben ist dagegen Senderchef Wolfgang Link auf mich zugekommen. Das war ein nettes Treffen, ganz ohne erkennbaren Erfolgsdruck.
… und darin begeben Sie sich nun 24 Stunden lang an ungewöhnliche Orte.
Die Orte müssen gar nicht ungewöhnlich sein. Das Konzept ist auf meinen aktuellen Lebenszustand geeicht. Ich werde ja 40 und frage mich, was ich in meinem Leben geschafft habe oder was ich sonst noch hätte tun können. Hat man den Lebensentwurf, den man sich mit 20 gemacht hat, wirklich erreicht?
Haben Sie denn alles erreicht?
Schwer zu sagen. Den größten Erfolg hatte ich 2005. Damals habe ich gemerkt, dass ich von der Musik, die ich mache, leben kann - mal gut, mal sehr sehr schlecht. In meinem Leben bin ich oft angeeckt, oft rausgeflogen. Ich bin auch kein guter Befehlsempfänger und wollte mein eigener Chef sein. Über alles, was jetzt kommt, bin ich unheimlich dankbar. Ich habe ja eine Familie, die ich ernähren möchte. Da ist es schön, etwas mehr Geld zu verdienen. Den Moment, es wirklich geschafft zu haben, hatte ich allerdings nie. Im Gegenteil. Wenn die Leute auf mich zukommen und sagen, sie wollen rangeln, ist der Gag für mich schon uralt. Ich will so schnell wie möglich an neuen Ideen arbeiten. Und weil ich von so vielen Sachen gelangweilt bin, werde ich jetzt in meiner neuen Show in eine Box gesteckt und auf die Reise geschickt.
Sie langweilen sich?
Ja, ich langweile mich schnell. Ich bin gerne alleine, spiele Gitarre, schaue HBO-Serien und habe eine Tochter, um die ich mich kümmere. Aber ich habe mein Leben nicht mit Hobbys und Leidenschaften vollgepackt. Jetzt gilt es, all das zu hinterfragen, natürlich mit einem humoristischen Unterton. Grundsätzlich versuchen wir aber einen Spagat zu schaffen zwischen Entertainment und ernsten Themen
An einem solchen Spagat hat sich schon so mancher versucht. Meist ohne Erfolg…
Ein bisschen ist das wie bei meinen Platten. Viele Leute finden mich lustig und unterhaltsam, aber wenn man sich meine Songs genauer anhört, wird man feststellen, dass längst nicht jeder davon witzig ist. An meine Sendung gehe ich ähnlich heran. Ob die Zuschauer bereit sind für einen solchen Switch zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, weiß ich aber nicht. Man kann es nur versuchen.
Meistens müssen Sendung vor ihrer Ausstrahlung eine Marktforschung überstehen. Das ist häufig mehr Fluch als Segen. Nehmen Sie so etwas überhaupt wahr?
Ich halte mich von solchen Sachen fern, betreibe aber eine eigene Facebook-Seite. Als die erste "Circus HalliGalli"-Sendung ausgestrahlt wurde, hat es keine fünf Minuten gedauert, bis mir die ersten Leute schrieben, wie Scheiße das jetzt alles ist. Da findet man immer mehr negative als nette Sachen. Ich habe dabei immer das Bild im Kopf vom dicken, verzogenen 19-jährigen Jungen, der Snickers essend in teuren Nike-Turnschuhen vor dem von seinen Eltern bezahlten Laptop sitzt und mir schreibt, dass ich mich verraten und verkauft habe, weil ich nicht mehr der Alte bin. Das ist ein Klischee, ja. Aber es ist ein kleines, deutsches Phänomen, Flagge zu zeigen, was man alles beschissen findet. Selbst bei Nichtigkeiten wie einer Unterhaltungsshow. Zu wesentlichen Dingen haben die meisten dafür keine Meinung.
Lassen Sie sich von solchen Kommentaren beeinflussen?
Ich kann das nicht ganz ernst nehmen - vielleicht auch, weil ich Musiker bin. Wenn jemand für 20 Euro eine Platte von mir kauft und enttäuscht ist, dann hat er das Recht, mir zu schreiben. Aber wenn jemand den Fernseher anmacht, muss er nur einmal auf die Fernbedienung drücken, um was anderes zu sehen.