Herr Jamm, warum erlebt Deutschland plötzlich einen Reality-Boom? In diesem Sommer können wir uns ja kaum vor Promi-Formaten retten...

Ich glaube, dass wir als Branche das Genre recht spät für uns entdeckt haben. Die anderen machen es ja schon jahrelang, die Holländer, die Engländer und die Amerikaner schon ewig. Das ist formatiertes Fernsehen, was den Sendern natürlich zugute kommt. Gerade in Zeiten des Programmmangels. Es ist ja nicht so, dass die reifen Früchte schon an den Bäumen hängen und nur noch gepflückt werden müssten. Deswegen experimentiert man - und entdeckt dabei ein Genre neu, das anderswo schon lange viel größer ist als bei uns.

RealityTV ist ein Reizwort für viele. Ist das ein deutsches Phänomen?

Ich denke, dass das ein Medienphänomen ist. Die Journalisten und die Fernsehschaffenden machen sich da mehr Gedanken als der Zuschauer zuhause, der selbst entscheidet ob ihm etwas gefällt oder nicht. Mit „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus“ haben RealityTV-Kings und -Queens - oder wie man sie auch nennen mag - erstmals eine Popularität bekommen, die weit über die eigentliche Sendung andauert. Und das weckt natürlich Fantasien und Begehrlichkeiten. Aber da sind wir wirklich einfach nur sehr spät dran, andere Fernsehmärkte haben da eine längst ausgeprägtere RealityTV-Landschaft.



Zum Beispiel die Amerikaner mit all ihren Reality- bzw. Celebrity-Dokusoaps?

Ein klarer Vorteil der Amerikaner ist ihr wahnsinnig gutes Marketing-Gespür. Gerade die Reality-Stars betreiben eine sehr intensive Form des Eigenmarketings, was es den Produzenten und Sendern natürlich einfacher macht. Da arbeitet man mit Menschen, die wissen um was es geht; die nicht vorgeführt werden. Das ist ja auch, was ich am Dschungel liebe. Mit einigen Prominenten kannst Du bis an die Spitze gehen, wenn sie dazu bereit sind. Unsere Stars müssen aber generell noch lernen, damit auch umgehen zu können. Wir haben ja auch den ein oder anderen Fehltritt gehabt, wenn ich an die Lothar Matthäus-Geschichte denke.

Erfrischend ehrlich...

Unsere Realityserie mit Lothar Matthäus war am Ende nicht so erquickend für uns. Du brauchst eine Geschichte. Die Kamera auf einen Celebrity zu halten reicht nicht. Auch bei den Effenbergs war es ähnlich langweilig. Es gibt wenige Celebritys bei uns, die verstehen was sie liefern müssen. Immerhin hat sich das in den vergangenen Jahren etwas geändert.

Aber wir haben auch einen Boom von Dokusoaps erlebt, die unbekannte Personen erst zu Stars gemacht haben. Stichwort: Daniela Katzenberger.

Man muss halt immer eine Story haben. Und Frau Katzenberger hat eine Story. Der Haken an der ganzen Nummer ist der Glaube, dass eine Persönlichkeit alleine reichen würde. Da unterscheiden sich die Dokusoaps nicht - egal ob Noch-nicht-Celebrity oder schon Superstar.

Jetzt starten die „Pool-Champions“  - wer hat sich eigentlich den Titel ausgedacht?

Das war RTL.

Ich hätte es ja analog zum englischen Titel einfach „Platsch“ genannt. Aber egal. Was unterscheidet die Sendung eigentlich vom TV Total Turmspringen? Da gibt es immerhin einen Rechtsstreit...

Das kann man ganz klar beantworten: Stefan Raab veranstaltet einen Sportevent an einem Abend, wir haben ein TV-Format über mehrere Wochen in mehreren Disziplinen. Wir machen ein serielles Format mit Heldenreise und Storytelling. „Pool Champions“ funktioniert auch über die Dokusoap-Strecke. Der Sprung an sich ist das eine - aber wir erzählen auch von den Trainingseinheiten zwischen den Sendungen. „Pool Champions“ geht außerdem ja noch viele Schritte weiter. Wir haben auch klassisches Wettschwimmen und Synchronschwimmen als Disziplinen.

Wenn wir auf die vergangene Saison zurückblicken: Eyeworks geht es gerade ziemlich gut...

Wir versuchen das ja eigentlich unter dem Radar zu halten.

Geht jetzt nicht mehr. Eyeworks war in der vergangenen Saison einer der Aufsteiger der Saison. Also kein Grund zur Klage?

Martin von Winterfeld und ich sind total zufrieden. Das letzte Jahr war super, dieses Jahr ist super. Wichtig ist für uns in den kommenden Wochen, dass all die Formate, die wir gerade entwickeln, produzieren oder schon auf Sendung haben, auch gut funktionieren. Erst dann werden wir wissen, ob wir auch weiterhin gut im Geschäft bleiben (lacht). Wir hoffen, dass sich die Kreativität auszahlen wird.

Und es schadet vermutlich nicht unbedingt, dass Ex-Eyeworks-Geschäftsführer Oliver Fuchs jetzt ZDF-Unterhaltungschef ist...

Ne, eigentlich muss ich ganz ehrlich sagen, dass es eher problematischer geworden ist. Weil genau diesen Gedanken haben andere ja auch. Deswegen müssen wir härter pitchen als andere.

Aber Sie produzieren jetzt schon auffallend viel für das ZDF...

Ja, und fast alle Projekte, die wir jetzt für das ZDF machen, sind noch entstanden bevor Oliver dort angefangen hat. Wir haben eben auch eine lange Historie mit dem ZDF im Bereich Fiction.