Herr Thadeusz, sind Sie ein Kontrollmensch?
Sie meinen, ob ich echter Kontrollfreak bin, der Zwangsstörungen hat?
Also die Zwangsstörungen würde ich Ihnen zumindest nicht wünschen…
(lacht) Die Rolle, etwas zu sagen zu haben, gefällt mir schon. Ich denke, der Begriff Klassensprecher trifft es ganz gut.
Waren Sie früher immer Klassensprecher?
Ich wäre es gerne gewesen, aber damals wollte mich keiner wählen. Ich war viel zu unbeliebt.
Ich frage deshalb, weil man in einer Impro-Comedy, wie Sie sie nun moderieren, nicht alles planen kann…
Ich habe es gar nicht so gern, wenn alles planbar ist. Es ist doch wunderbar, wenn Leute die Nerven verlieren! Wenn Sie sich an große Momente der Fernsehgeschichte erinnern, dann sind das bestimmt nicht die Momente, die gut durchgeplant waren, sondern die spontanen Momente. Nehmen Sie die Verleihung des Fernsehpreises an Marcel Reich-Ranicki. Plötzlich war Thomas Gottschalk so wach wie seit Jahren nicht mehr! Das ist doch toll.
Das sind allerdings die echten Ausnahmen. Ansonsten wird Spontaneität im deutschen Fernsehen mittlerweile doch recht stark eingedämmt.
Man möchte dem Zuschauer natürlich nicht vorführen, was man mal wieder nicht hingekriegt hat. Das ist so, als wenn Sie sich eine Tür einbauen lassen und am Ende stellen Sie fest, dass sich unten ein zwei Finger breiter Spalt befindet. Da sagen die Handwerker ja auch nicht, sie hätten mal ein bisschen improvisiert. So ähnlich ist das beim Fernsehen auch. Wir beide können auch schönere Witze machen, wenn wir sie vorher aufgeschrieben haben.
Selbst improvisieren werden Sie bei "durchgedreht" daher nicht, oder?
Zum Glück bin ich bloß der Moderator! Das Improvisieren ist sicherlich nicht meine Stärke. Und nebenbei bemerkt: Ich bin ja nun auch kein junger Mann mehr.
Wovor fürchten Sie sich in der Sendung eigentlich am meisten? Die Aktualität könnte Ihnen ja einen Strich durch die Rechnung machen. Stichwort: Sommerloch…
Ich fürchte mich gar nicht, sondern freue mich regelrecht drauf. Ich kriege allerdings ein schlechtes Gewissen, weil ich mich frage: Wieso freust du dich darauf? Es ist doch Arbeit… Die nachrichtenarme Zeit würde ich mehr fürchten, wenn ich bei NDR Info säße und das "Echo des Tages" machen müsste, wie ich es vor einiger Zeit schon einmal getan habe. Da waren die Sommermonate manchmal echt nervig.
Momentan ist das Hochwasser ein aktuelles Thema. Ist das denn etwas, bei dem man lustig improvisieren kann?
Natürlich! Nehmen wir an, ich wäre Flutopfer - abgesehen davon, dass ich es nicht leiden könnte, so benannt zu werden -, dann treiben einem jede Menge kummervolle Gedanken um. Wenn dann aber Leute kommen, die zeigen, dass trotz allem eine gewisse Leichtigkeit in der Welt vorhanden ist, dann kann ich das nur gut finden.
Was ist Ihrer Meinung eigentlich wichtiger bei Improvisation: Gutes Improvisationstalent oder gute Vorbereitung?
Grundsätzlich kann es nicht schaden, sich bewegen und artikulieren zu können - tanzen, singen, Dialekte imitieren, Timing. Das ganze Universum darstellerischen Vermögens eben. Dadurch, dass ich schon so lange Talksendungen mache, habe ich viele Schauspieler kennengelernt. Ich weiß, dass es bei einigen durchaus Begrenzungen gibt, wenn man denen ihren Text nicht hinlegt. Aber ich kenne auch die andere Seite. Im vergangenen Jahr habe ich für den Henri-Nannen-Preis einen Sketch geschrieben. Der Schauspieler hat dann aus dem ganz guten Sketch ein fabelhaftes Werk gemacht. Der hat den Zuckerguss draufgesetzt. Davor habe ich großen Respekt.
Sie selbst legen aber auch immer eine gewisse Flexibilität an den Tag - alleine schon, wenn man bedenkt, dass Sie schon für WDR, NDR und RBB tätig waren und nun auch noch das ZDF dazukommt.
Man muss sich immer wieder auf neue Leute einstellen, aber das sind ja alles Profis. Ich kann in einer beamtenartigen Atmosphäre keine Künstler zu kreativen Höchstleistungen trimmen.
… was man den Öffentlich-Rechtlichen aber gerne mal vorwirft.
Das ist Quatsch. Ich habe mich mal bei der Polizei beworben und musste einen Test absolvieren. Das war so fürchterlich, dass ich mir dachte, der Job ist bestimmt toll, aber ich halte diese Atmosphäre nicht aus. Wenn wir bei der Aufzeichnung ein solches Klima hätten, dann hätte ich Angst. So wird das aber eine lässige Sache.