Herr Graf, waren die LA Screenings 2013 ein guter Jahrgang?

Ich würde sagen, es war besser als 2012 – allerdings empfand ich letztes Jahr auch als recht schwach. Im letzten Jahr sind wir wirklich enttäuscht zurückgeflogen. In diesem Jahr ist das Angebot  besser. Es ist auffällig, wie die Studios ihre inhaltliche Bandbreite stark  auffächern. Sehr viel serialized, also mit fortlaufender Handlung, und viel Supernatural / SciFi. Es ist weiterhin so, dass der amerikanische Network-Markt nicht mehr 1:1 kongruent ist mit dem Bedarf der großen deutschen Sender. Deswegen schauen wir ja auch längst schon gerne mal zu den Cable-Sendern oder Non Majors. Deren Serien sind durchaus auch einsetzbar.

Aber immerhin weniger Krieg in diesem Jahr. Etwas weniger Amerika-zentriert...

Abgesehen vom Thema „Terror vor der Haustür“ stimmt das. Erstaunlich fand ich, dass wir nur ein Medical („Nightshift“ bei Sony) in diesem Jahr gesehen haben

Und keine großen Familien-Dramen, also keine Ensemble-Serien...

Ja, nur bei den sehr jungen Serien vielleicht, "Twisted" von ABC Family zum Beispiel. Family fand sich allerdings bei den halbstündigen Comedys recht häufig wieder. Insgesamt betrachtet würde ich sagen: Die Serien  sind dieses Jahr besser erzählt. Im vergangenen Jahr waren viele Ideen schon sehr abgehoben. Diesmal empfinde ich die Piloten als schlüssiger, gut erzählt und produziert. Da ist viel Schönes dabei, aber wiederum nur einzelne Formate, die für ein großes Mainstream-Angebot  bei RTL oder Vox geeignet sind.

Einer der Trends in diesem Jahr sind ja Serienprojekte, angelegt auf kürzere Seasons. Gut oder schlecht?

Für uns sind lange Seasons schon besser. Wenn wir selber produzieren, sind wir vorsichtig, weil die Investments  hoch sind und es die deutsche Serie derzeit nicht leicht hat, gegen die Vielzahl der Programmangebote zu punkten. Beim Einkauf von Lizenzprogramm ist es aber natürlich angenehm, wenn man eine erfolgreiche Serie durchprogrammieren kann. Auf der anderen Seite ist mir aber jede Serie mit 13 Episoden, die gut ist, natürlich lieber als eine mit 24 Folgen, die sich langfristig nicht behaupten kann.

Für welche Sendeplätze sind Sie denn eigentlich derzeit auf der Suche?

Wir denken heute anders, als ausschließlich aus bestehenden Line Ups heraus. Wir müssen uns anschauen, was wir für Serien aus den USA bekommen und unter Umständen LineUps komplett neu aufsetzen. Durch die Bank fällt die große Bandbreite der Serien bei allen Studios auf. Ich glaube, so wie die Produktlage gerade ist, dass wir uns unser Serienportfolio in Ruhe anschauen müssen, um danach auch bereit zu sein, einen Dienstag bei RTL oder einen der Serientage bei VOX neu zu programmieren. Es bringt ja nichts, ein Programm nur auf einen Sendeplatz zu setzen, weil dort ein Bedarf ist, Wichtig ist ja, dem Zuschauer insgesamt über die Prime Time einen schlüssigen Ablauf zu bieten, durch den er geführt wird und die Inhalte zueinander passen.

VOX hat sich ja schon Richtung Mystery und Comedy geöffnet - muss man RTL auch öffnen abseits von Crime?

Der Wunsch ist schon, Genre-Procedurals, also mit abgeschlossenen Handlungen pro Folge, zu bekommen. Die Herausforderung, wenn man verschiedene Output-Deals hat, liegt darin, die Programme zu mischen und z.B. einen Sitcom-Line Up bei RTL bei etablieren auch beispielsweise mit einem Mix aus Serien aus den Output-Deals und deutschen Eigenproduktionen. Ich glaube, dass im Thema neue Programme und Integration in bestehende oder Aufsetzen neuer LineUps in den nächsten Jahren die große Herausforderung für alle großen Networks liegen wird. Das ist einfach der Tatsache geschuldet, dass sich auf dem internationalen non scripted Format-Markt derzeit nicht viel Neues tut. Die letzte MIP in Cannes zeigte wieder eher Hybrid-Formate, die bestehende Genres kombinieren. Überspitzt gesagt, habe ich Formate gesehen, bei denen Kandidaten tanzend drei Fragen beantworten, um dann in ein Casting von selbstkomponierten Liedern zu gehen. Deswegen setzen wir im non-fiktionalen Bereich ja gerade in der Entwicklung auf die enge Zusammenarbeit mit Produzenten, um wirklich eigene Ideen zu kreieren, die im nationalen Markt bestehen können. Wenn wir aber über US-Serien reden, können wir nur mit dem arbeiten, was kommt. Die aktuellen Screenings 2013 zeigen, dass wir gute Programme bei unseren Studio-Partnern gesehen haben. Dies sowohl im Serien / Drama-Bereich als auch bei den Comedys.

Welche Rolle spielt Super RTL? Dort baut man wegen der Spannung mit Disney ja wieder stärker auf die Mediengruppe RTL Deutschland?

Wir haben nach dem Strategiewechsel von Disney programmlich zwei Herausforderungen aus der Sicht des Gesellschafters RTL. Wir benötigen einen Ersatz im Bereich Kinderprogramm und wir wollen die Primetime nochmals stärker positionieren. Ich freue mich, dass es den Kollegen von Super RTL gelungen ist, mit dem extrem attraktiven Partner Dreamworks einen Outputdeal abzuschließen. Hier werden Super RTL nochmals sehr attraktive Programme zugehen. Zudem kommen natürlich auch Super RTL, ebenso wie RTL Nitro in den Genuss von den Outputdeals der Mediengruppe RTL zu profitieren. Ein Output-Deal funktioniert für uns zwar unter dem Strich nur dann, wenn über die Laufzeit genügend Programm für RTL und VOX dabei ist. Da die Studios aber wie erwähnt derzeit eine hohe Bandbreite an Genres in den Markt geben, profitieren unsere Special-Interest-Angebote natürlich davon. Daher bin ich was Super RTL angeht programmlich sehr optimistisch und überzeugt, wir werden in den nächsten Monaten eher noch bessere Programmangebote dort etablieren können.