Herr Rossmann, N24 ist eine Fernsehmarke. Welche Rolle spielt für Sie das Internet? Bislang ist N24 dort mit angezogener Handbremse unterwegs...
(lacht) Das ist genau die entscheidende Frage. Wir verstehen N24 als eine Informationsmarke, die für Nachrichten, aber auch Dokumentationen und Wissen steht. Für uns kommt es darauf an, dass wir alle Inhalte, die wir unter unserer Marke aggregieren, über die unterschiedlichen Verbreitungswege in bestmöglicher Form an unsere Zuschauer bzw. User bringen. Soll heißen: Wir sehen uns zuallererst als Inhalte-Provider. Dabei ist nicht entscheidend, welcher Verbreitungsweg jetzt der prominenteste ist.
Aber mit Verlaub: Das wirkte im Netz bislang nicht so überzeugend...
Wir waren bis Mitte 2010 Teil einer Sendergruppe, die den Internetauftritt von N24 nicht eigenverantwortlich vom Sender gestalten ließ. Hinzu kommt, dass wir bis jetzt mit einem veralteten Content-Management-System arbeiten mussten. Das ist jetzt vorbei. Wir launchen gerade einen völlig neuen Onlineauftritt, der auf einer modernen und zukunftsfähigen Basis aufsetzt.
In welcher wesentlichen Hinsicht unterscheidet sich der neue Webauftritt denn vom bisherigen?
Wir setzen stärker auf unsere markenbildenden Kompetenzen: Nachrichten, Dokumentationen und Wissen. Wir bieten ein klar strukturiertes Nachrichtenportal, eine umfassende und übersichtliche Mediathek und eine TV-Bar, die unkompliziert die Interaktion mit dem Programm, den Zugriff auf Live- und zusätzliche Eventstreams ermöglicht. Außerdem werden wir sukzessive unsere Apps erneuern. Anders ausgedrückt: Wir wollen das Markenversprechen aus dem Fernsehen zusätzlich auch im Web und Mobile einlösen.
Was kann das neue Content-Management-System besser als das alte?
Wir sind flexibler geworden und können mit unserem neuen CMS den Content über alle Plattformen medienadäquat ausspielen. Außerdem ermöglicht die Usability des Systems eine ganz andere Geschwindigkeit, mit der wir nun Nachrichten online stellen. CoreMedia ist so ziemlich das flexibelste und beste CMS, das es in diesem Bereich gibt. Hinzu kommt, dass wir mit InterOne mit einer hervorragenden Agentur zusammengearbeitet haben. Gemeinsam haben wir die Website komplett neu aufgesetzt, nicht nur weiterentwickelt. Dabei haben wir einen niedrigen siebenstelligen Betrag in unseren neuen Onlineauftritt investiert.
Warum erst jetzt?
Nach dem Management-Buyout mussten wir uns zunächst voll auf den TV-Bereich konzentrieren. Online haben wir zunächst hintenan gestellt. Dass unser Geschäftsmodell für N24 bislang aufgegangen ist , hat uns den erforderlichen Spielraum für – zugegebenermaßen überschaubare – Investitionen eröffnet. Das ist vielleicht relativ spät im Vergleich zu den Wettbewerbern, aber das Potential ist da und der Zeitpunkt ist auch richtig. Schon jetzt sind wir eine wichtige Adresse, wenn etwas Wichtiges in der Welt passiert. Bei der Papstwahl beispielsweise hatten wir 60.000 gleichzeitige Zugriffe auf unseren Livestream im Netz.
Jetzt sprachen Sie schon von den Kapitalisierungsmöglichkeiten. Welche Rolle spielt denn Online beim Umsatz von N24?
Die Kapitalisierung von Online-Angeboten hinkt dem sich verändernden Nutzungsverhalten ja leider noch hinterher. In zwei, drei Jahren sollten wir deutlich mehr als zehn Prozent unseres Gesamt-Werbeumsatzes im Web machen. Das wäre eine erste Zielsetzung.
Und im Fernsehen bricht Ihnen aber noch nichts weg vom Werbekuchen?
Nein, überhaupt nicht. Seit dem Management-Buyout konnten wir Jahr für Jahr unsere Ziele erreichen, und auch im 1. Quartal 2013 sind wir gut unterwegs. Wie das Jahr insgesamt aussehen wird, kann man natürlich noch nicht abschätzen, aber zumindest der Start war sehr erfreulich. Nachrichten sind anders als viele andere Genres im Regelfall ein Must-see- oder Must-use-content. Unser Publikum hat die Erwartung, dass sein Informationsbedürfnis punktgenau erfüllt wird. Wir wollen uns als Marke so positionieren, dass wir diesem Bedürfnis gerecht werden. N24.de soll dafür die natürliche Adresse sein - und nicht nur die Website des Fernsehsenders.
Hat lineares Nachrichtenfernsehen denn dann noch eine Zukunft?
Es gilt: Nachrichten sind Must-see-TV. Gerade bei großen Nachrichtenereignissen werden lineare Nachrichtenangebote sehr stark nachgefragt. Weil man wissen muss und will, was los ist – so wie auch große Sportereignisse eher Must-See-TV sind. Wichtige Dinge wollen wir einfach in Echtzeit erfahren.