Ist das Geschäft in den letzten Jahren denn allgemein kurzfristiger geworden?
Definitiv. Das hat sich in den letzten sechs Jahren so entwickelt. Kunden geben ihre Etats häufig nur noch von Kampagne zu Kampagne frei. Die großen Kunden, die Anfang des Jahres breitflächig mit ihren Budgets in den Markt gehen, kann man an zwei bis drei Händen abzählen. Es ist eine beträchtliche Verunsicherung im Markt und es wird inzwischen sehr genau geschaut, was ein Sender liefern kann und wie er in den Gesamtkontext einer Kampagne passt.
Macht's das dann schwerer, Innovationen im Programm zu vermarkten? Hat konkret „Gottschalk Live“ zu einer Verunsicherung im Markt geführt, was der ARD-Vorabend leisten kann?
Nein. Das schöne ist: "Gottschalk Live" ist für uns jetzt Geschichte. Im Nachhinein muss man sagen: Das war ein kreatives Experiment mit einem neuen Format, eine Spielfläche, die sich der öffentlich-rechtlich Rundfunk auch leisten muss. Wir haben diese Zeitschiene mit Toyota und Haribo über eine längere Strecke gute und faire Partner an unserer Seite gehabt. Wir mussten natürlich darauf reagieren, dass die Reichweiten nicht auf dem Zielkorridor zu liegen kamen, den unsere Kunden und auch wir erwartet hatten, aber das ist ja eine normale Vorgehensweise. Auf andere Formate hat das keinen Einfluss.
Ihr Kollege Hans-Joachim Strauch vom ZDF-Werbefernsehen hat Sonderwerbeformen mal als „gefährlich“ bezeichnet, weil sie die normalen Werbeblöcke entwerten würden. Sehen Sie das auch so?
Da habe ich eine differenziertere Draufsicht. Man muss natürlich immer abwägen, wie viele Sonderwerbeformen dem Programm gut tun. Wenn ich 40 Prozent Sonderwerbeformen habe, dann mache ich etwas falsch. Aber ein gewisser Anteil ergibt durchaus Sinn. Da geht es ja auch um Soloplatzierungen, die eine noch größere Aufmerksamkeit schaffen. Die Kombination von zufriedenen Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen in einem homogenen Programmablauf ist das Ziel.
Bei „Gottschalk Live“ hat man anfangs ja auch mit vielen kurzen Werbeunterbrechungen experimentiert.
Wir hatten ganz konkret einen Solospot, einen Werbeblock und einen Abspann-Split. Das haben wir bei vielen Formaten, nur hier ist es anscheinend aufgefallen. Auch weil Herr Gottschalk Probleme hatte, mit dem Ablauf entsprechend umzugehen. Das wirkte nicht rund.
Gerade nach der ersten „Gottschalk Live“-Sendung war die Platzierung der Werbung jedenfalls tatsächlich einer der größten Kritikpunkte.
Ich saß an diesem Abend natürlich auch vor dem Fernseher und habe sofort gesehen, dass das nicht besonders glücklich abgelaufen ist. Daher haben wir sehr schnell reagiert, zumal uns am gleichen Abend auch die zahlreichen Reaktionen der Zuschauer durch die Redaktion herangetragen wurden. Das war Learning by doing – aber so ist das, wenn man am Vorabend mit neuen Formaten startet.
War „Gottschalk Live“ letztlich ein Verlustgeschäft?
Durch die Tatsache, dass wir Gottschalk in das Werberahmenprogramm hineingenommen haben, konnten wir Werbegelder akquirieren, die wir vorher nicht hatten. Es ist on top Geld reingekommen. Das war für uns ein wichtiges Zeichen, dass wir mit neuen Formaten grundsätzlich auch neue Partner gewinnen können.
Inwiefern hat die ARD-Werbung eigentlich ein Mitspracherecht hinsichtlich möglicher neuer Formate?
Die ARD-Werbung finanziert den Vorabend. Auf die inhaltliche Ausgestaltung haben wir keinen Einfluss. Es gibt eine strikte Trennung von Werbung und Programm. Wir müssen, können und wollen das Programm so nehmen, wie es kommt und vermarkten dieses. Und damit fahren wir sehr gut.