Herr Richter, aus SevenOne International wird Red Arrow International. Wozu das Rebranding?
Wir sind mit SevenOne International zur MIP 2005 gestartet. Dank zahlreicher Produzenten mit herausragenden Programmen und vielen Sendern weltweit, die wie wir an diese Produktionen geglaubt haben, hatten wir sieben Jahre einen tollen Lauf. Mittlerweile sind wir weltweit mit Büros in den USA und Asien vertreten. Längst kommen mehr als 50 Prozent der Produktionen, die wir verkaufen, von unabhängigen Produzenten. In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir parallel unsere Dachmarke Red Arrow Entertainment mit 17 Produktionsfirmen in neun Ländern aufgebaut. Als Vertriebstochter hat SevenOne International während dieser Zeit eine Vielzahl an Red Arrow-Produktionen weltweit verkauft. Durch unsere enge Kooperation mit Produzenten sind wir zudem in der Lage, Kunden für die Umsetzung von Formaten eine große Expertise mit zu liefern, sodass lokale Adaptionen auch wirklich gelingen. Außerdem finanzieren wir Projekte mit, im Moment beispielsweise „Restless“. Dabei handelt es sich um einen Fiction-Zweiteiler unserer britischen Red Arrow-Beteiligung Endor Productions, bei dem auch BBC und Sundance Channel als Koproduzenten im Boot sind.
Und inwiefern hat das zum Rebranding geführt?
Die zur Red Arrow Entertainment Group gehörenden Beteiligungen haben sich inzwischen so weit entwickelt, dass es jetzt der der richtige Zeitpunkt war, auch mit SevenOne International die nächste Stufe zu nehmen. Wir wollen mit dem neuen Namen Red Arrow International und einem gemeinsamen Markenauftritt verdeutlichen, dass wir eine Familie in einem internationalen Produktions- und Distributionshaus sind. Unsere Produktionsbeteiligungen bleiben davon unberührt. Die agieren weiter unabhängig unter ihren etablierten Namen. Wir verändern keine geschaffenen Identitäten, die in ihren Märkten einen guten Ruf haben. In der Außendarstellung wird jetzt allerdings deutlicher: Red Arrow Entertainment produziert Fernsehen, Red Arrow International verkauft es weltweit. Wichtig ist, dass wir natürlich auch in Zukunft ein Distributions- und Finanzierungshaus für Drittproduktionen sind.
Also greift Red Arrow International auch weiterhin nicht nur auf Red Arrow Entertainment-Produktionen zurück?
Natürlich, die Zusammenarbeit mit unabhängigen Drittproduzenten ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil unseres Erfolgs. Wir haben „Lilyhammer“ mit einer norwegischen Produktionsfirma gemacht, die englischsprachige Jean Reno-Serie „Le Grand“ hat diese Woche Produktionsstart in Paris. Mit „Benidorm Bastards“ hatten wir in den vergangenen zwölf Monaten einen irren Lauf: Wir haben das Format in Belgien entdeckt, es mehrfach verkauft und in den USA zusammen mit Betty White für NBC umgesetzt. Vergangenes Jahr gab es dafür sogar einen Emmy-Award. Im Moment sind wir gerade dabei, einen Piloten für den britischen Markt fertigzustellen.
Emanzipiert sich Red Arrow damit innerhalb der ProSiebenSat.1 Media AG?
Die Welt ist unser Markt, Deutschland unsere Homebase. Von hier stammt ein wesentlicher Teil unseres Vetriebsportfolios. Unser Geschäft ist in den letzten beiden Jahren aber deutlich internationaler geworden. Unser Ziel ist es, uns in den englischsprachigen Märkten zu etablieren. Das Beispiel „Lilyhammer“ zeigt, dass internationale Koproduktionen hier ein großes Potenzial haben. „Lilyhammer“ ist eine norwegische TV-Serie, die wir in einem vielbeachteten Deal mit Netflix zuerst in die USA verkauft haben. Danach haben wir die Serie in England und Frankreich platziert, in Deutschland stehen wir kurz vor einem Abschluss. Im Formatbereich gibt es ein schönes Erfolgsbeispiel aus Deutschland: „Mein Mann kann“, ein Hausgewächs von RedSeven Entertainment, haben wir an Großbritanniens größten Privatsender ITV1 verkauft. Nach „Schlag den Raab“ ist dies erst das zweite deutsche Showformat überhaupt, das es aus Deutschland heraus nach Großbritannien geschafft hat. England ist ein Markt, der kaum zukauft. Läuft es da gut, ist vielleicht auch der Weg nach Australien oder sogar in die USA frei.
Sorgt der neue Name auch für eine von ProSiebenSat.1 unabhängigere Positionierung am Markt, besonders in Europa?
Nein, das SevenOne in unserem Namen wurde international nie so stark mit ProSiebenSat.1 in Verbindung gebracht, wie es vielleicht in Deutschland der Fall war. Wir wollen unsere Zugehörigkeit nicht verstecken, weil wir sie nicht verstecken müssen. In Frankreich, Spanien und Ungarn ist die RTL Group einer unserer größten Kunden. Die Produktionsfirma von „Lilyhammer“ gehört zur Shine-Gruppe, außerdem arbeiten wir auch mit ITV, Fremantle, Lagardère und vielen anderen zusammen. Das war nie ein Problem.
Kommen wir zum Inhaltlichen: Sie sprachen einige aktuelle fiktionale Produktionen an. Während das Format-Geschäft ein Klassiker ist, ist dieses Engagement von Red Arrow International ja recht neu. Verspricht das mehr Wachstum als der Format-Handel?
Bei fiktionalen Programmen sind die Entwicklungszeiten länger und der Finanzierungsbedarf höher. Gleichzeitig ist die Umsatzperspektive in den internationalen Märkten relativ klar kalkulierbar. Man verkauft ein Readymade, kennt die Timeslots und weiß, was die bei den einzelnen Sendern und in den verschiedenen Märkten wert sind. Im Formatgeschäft, dem Handel mit Ideen, ist das anders: Die Entwicklung einer Showidee ist genauso arbeitsintensiv, aber etwas weniger finanzintensiv. Dafür sind wir als Berater sehr stark mit eingebunden, wenn wir ein Format-Remake verkaufen, das dann lokal neu produziert wird. Wenn ein Format im Ursprungsland tolle Quoten hat und ein, zwei erfolgreiche internationale Umsetzungen dazu kommen, hat man vielleicht plötzlich einen Hit und der Umsatz schießt durch die Decke. Das lässt sich aber nicht vorhersagen. Wie wir alle wissen: mal stimmt das Bauchgefühl bei der Erfolgsprognose von Fernsehprogrammen, mal liegt man daneben. Das Ziel von Red Arrow ist aber ganz klar, internationale Formate zu schaffen, die in vielen Märkten und auf vielen Kontinenten funktionieren. Durch die Kombination von Fiktion und dem Handel mit Formaten generieren wir nachhaltiges Wachstum.