Auch heute.de wird sich verändern. Für mein Empfinden spielte die Seite bislang in der öffentlichen Wahrnehmung – auch im Vergleich zu tagesschau.de – keine allzu große Rolle. Wie wollen Sie dem durch den Relaunch entgegenwirken?
heute.de wird unterschätzt. Sie ist oft schneller, besser und direkter als andere. Vor allem arbeitet mittlerweile das gesamte ZDF-Hauptstadtstudio für die Seite. Deshalb glaube ich an Ihren Erfolg. Bislang haben wir allerdings bei heute.de in der gesamten Anmutung mehr auf Geschichten als auf Nachrichtlichkeit gesetzt. Das ändert sich: Am Kopf der heute.de findet der Nutzer ab sofort ein Nachrichtencenter. Hier werden in einem Arbeitsgang Teletext-Nachrichten mit Online verbunden und von der TV-heute-Redaktion mit Videos angereichert. Daraus ergibt sich ein attraktives Zusammenspiel von drei innerhäusigen ZDF-Redaktionen, die gemeinsam ein Produkt herstellen.. Unterhalb des Nachrichtencenters setzen wir künftig weniger auf Themenbreite, sondern mehr Thementiefe. Das ZDF wird von den Zuschauern als Erklärsender mit starkem Hintergrund-Fundus wahrgenommen. Dieses Image wollen wir auf der Seite stärker ausspielen. Das heißt: Weniger Storys, dafür aber vertiefter.
Alle sprechen derzeit über Bewegtbild. Welche Rolle wird das in Zukunft für die Online-Portale des ZDF spielen?
Bewegtbild ist für den Relaunch ein Schlüssel-Faktor. Wir denken den gesamten Relaunch von der Mediathek her. Unsere Mediathek ist die unmittelbarste Verlängerung der Marke ZDF ins Netz und mit fast 40 Millionen Abrufen allein im März die erfolgreichste aller Sender-Mediatheken. Darin steckt auch die Bewegtbild-Nutzung über die Webseiten, die wir schon in den vergangenen Jahren vorangetrieben haben. Das kann aus meiner Sicht für einen Fernsehsender nicht anders sein...
… das ist ja schon fast die Position der Verlage, die ja mehr Bewegtbild und weniger Text von den Öffentlich-Rechtlichen wollen.
Naja, ich habe ja oben unsere Haltung erklärt und sachlich begründet. Die ist seit Jahren so und muss uns eigentlich niemand antragen. Ein Relaunch wird über detaillierte Konzepte langfristig konzipiert. Er ist kein Instrument, um auf kurzfristige medien-politische Debatten zu reagieren. Das ZDF macht einfach das, was es kann und was die Leute mit uns verbinden: Bewegtbild. Wenn diese Haltung nebenbei auch dem Weltfrieden dient, habe ich nichts dagegen.
Ganz ohne Text geht’s aber sicher nicht...
Natürlich kommen auch wir nicht ohne Text aus. Warum sollten wir auch darauf verzichten? Es gibt bestimmte Themen und Formen, für die man Text nun einmal braucht. Entscheidend ist aber: Der Text dient einem eindeutig multimedialen Angebot, so wie es im Dreistufentest festgelegt.
Das ist ja auch insofern interessant, weil viele Verlage immer mehr auf Bewegtbild setzen und damit ihrer eigenen These widersprechen.
Damit muss ich leben. Wir stehen in einem Wettbewerb, den ich annehme.
Stichwort App: Die "heute"-App ist schon seit längerem geplant. Wie ist dort der Stand der Dinge?
Mit dem Relaunch haben wir unserem Auftritt einen mobilen Spin gegeben. In ersten Reaktionen im Netz wurden wir dafür gelobt, dass wir auf „mobile Websites“ setzen, nicht auf Apps. Soweit gehen wir nicht. Wir werden auf diesen Auftritt native Apps aufsetzen: Eine "heute"-App, eine Programm-App und eine Sport-App sind in Planung.
Lassen Sie uns zum Schluss noch auf die Mediathek zu sprechen kommen. Sind auch dort Neuerungen geplant?
Ja, aber zunächst gilt der Satz: nach dem Relaunch ist vor der Optimierung. Bis Oktober werden wir intern einen zweiten Schritt nachziehen, um technisch noch einiges zu verbessern. Außerdem wollen wir uns der öffentlichen Kritik, die es sicher geben wird, ehrlich stellen und in Ruhe nacharbeiten. Im nächsten Jahr steht als dann ein Modernisierungssprung für unser Flaggschiff an
Welche Vorstellungen haben Sie schon jetzt davon?
Auch die Mediathek braucht für den Mehrkanal-Sender ZDF eine neue Ordnung. Außerdem rückt die Präsenz auf den sogenannten Drittplattformen stärker in den Mittelpunkt. Wir müssen uns anschauen, wie wir uns darauf noch besser einstellen. Und wer bis dahin nicht warten kann: Bei uns liegt ein nettes kleines Projekt im Schrank, das im Arbeitstitel "Emo-Mediathek" heißt. Was das ist, verrate ich noch nicht. Die ist eines Tages plötzlich da.
Herr Gaddum, herzlichen Dank für das Gespräch.