Woran liegt das?
Mir ist früher gelegentlich gesagt worden „Sie sind mir zu frech, Herr Meiser, zu Ihnen komme ich nie wieder“. Solche Dinge müssen einem Moderator aber wurscht sein. Politiker lassen sich inzwischen nicht mehr kritisieren. Bleibt man hartnäckig dran, so schauen Sie einen an als sei man aus der Landesanstalt für Psychiatrie entwischt. Unzählige Male habe ich von Politikern den Satz gehört: „Wie kommen Sie denn auf diese Frage, Herr Meiser?“ Da fragt man sich dann schon, ob man im falschen Film ist.
Sie sagen, es gebe derzeit keine harte Talkshow - haben Sie etwa Herrn Friedman vergessen?
Nein. Ich kenne Michel Friedman, glaube ich, ganz gut. Wir hatten einmal einen Diskurs am Telefon. Grund: Als er mich in seine Sendung einladen wollte, habe ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass ich mich in seiner Talkshow nicht vernehmen lasse wie ein Angeklagter. Das wollte er nicht verstehen. Wir haben nach diesem Streitgespräch ein paar Jahre lang nicht mehr miteinander kommuniziert. Meine Kritik: Friedman lässt seine Gesprächspartner selten ausreden - die Gedanken der Befragten werden in solchen Momenten regelrecht zerrissen. Seine Gäste wirken dann meist wie leicht unmündige Oberschüler. Friedman hätte es mit diesem Stil in der ARD sehr schwer – das würde nicht funktionieren.
Herr Friedman muss für seinen Gesprächsstil oft Kritik einstecken, immer wieder fällt in diesem Zusammenhang das Wort „Eitelkeit“.
Wir alle sollten uns nichts vormachen: Fernsehen hat immer etwas mit Selbstdarstellung und Ego-Geilheit zu tun. Moderatoren, die das abstreiten, sagen schlicht die Unwahrheit.
Dass es auch anders funktionieren kann als bei der ARD, zeigt Claus Strunz mit seinem Sat.1-Polittalk „Eins gegen Eins“. Er setzt auf Konfrontation und Emotionen…
Das ist weder mutig noch neu. Emil Obermann hat ein ähnliches Format bereits in den Siebzigern umgesetzt, die Sendung hieß „Pro und Contra“. Obermann, ein Mensch mit einer leicht brikett-ähnlichen Frisur, hat damals ebenfalls das Publikum zu einem Thema abstimmen lassen – je einmal vor und nach der Sendung. Ein weiteres Beispiel: In den Neunzigern gab es bei RTL die von mir produzierte Sendung „Der heiße Stuhl“. Herr Strunz fährt nun auf einer ähnlichen Schiene, nur moderner.
Gefällt Ihnen dieser Stil?
Eindeutig: ja! Solche Sendungen brauchen wir im deutschen Fernsehen. Herr Strunz ist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch in eine andere Richtung fahren kann. Ich würde seine Sendung bezeichnen als die „akademisierte Form der Nachmittags-Talkshow“. Ähnlich wie in Amerika müssen dort die Gäste Farbe bekennen, ihnen werden verbal die Hammelbeine langgezogen, wenn sie Rumschwadronieren - anders als bei der investigativen Fragerei eines Herrn Beckmann. Eine Mischung aus Friedman und Strunz, ergänzt mit der nötigen Ruhe eines Günther Jauchs, wäre zum Beispiel ideal gewesen für das brisante Interview mit Bundespräsident Wulff. (schmunzelt)
Der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender präsentiert bei n-tv sein neues Talk-Format "Bei Brender!". Herr Meiser, wann geben Sie ihr Talkshow-Comeback bekannt?
Zum einen möchte nicht. Und zum anderen bin ich für RTL nicht existent.
Herr Meiser, herzlichen Dank für das Gespräch