Herr Meiser, hat Sie die Entscheidung der ARD überrascht, an fünf Tagen der Woche Talkshows zu senden?

Nein, überhaupt nicht. Talkshows zählen noch immer zu den preiswertesten Formaten im deutschen Fernsehen. Zudem hat die ARD viele populäre Moderatoren im Rennen, eine derartige Entscheidung lag somit auf der Hand. Ob all die Sendungen qualitativ gut gemacht sind, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Rechnen wir die ZDF-Sendungen von Maybrit Illner und Markus Lanz hinzu, so kommen wir auf sieben Talkshows in fünf Tagen  - das ist ein Overkill! Wenn ich abends um 22 Uhr endlich die Beine auf den Couchtisch lege, meine Apfelschorle trinke und den Fernseher einschalte - was sehe ich dann? Talkshows! Das ist auf Dauer sehr ermüdend. Ich behaupte: Der normale TV-Zuschauer, der sich nicht beruflich mit dem Kram beschäftigt, wird noch etwas schneller müde als ich.

 

 

Sogar BR-Intendant Ulrich Wilhelm hat zuletzt „Fehlentwicklungen“ im Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens eingeräumt. Es müsse geprüft werden, „ob man all das braucht, was man anbietet“, sagte er.

Gott sei Dank! Endlich bricht mal jemand dieses monolithisch erscheinende Gebilde der ARD etwas auseinander; endlich hört man öffentlich auch mal eine andere Meinung. Merkwürdige Menschen eines ARD-Senders haben mir  noch vor wenigen Jahren unterstellt, ich zeige mich gegenüber den Verantwortlichen nicht demütig genug. Das müssen Sie sich mal vorstellen! Da arbeiten sie wie ein Tier – und dann kommt so ein Vorwurf. Ich weiß nicht, wie Herr Wilhelm den Bayerischen Rundfunk führt, ich kenne ihn nur als Regierungssprecher. Klar ist: Wenn Herr Wilhelm Selbstkritik am Gesamtsystem übt, finde ich das wunderbar.

Ist die Reform also ein Eigentor?

Zumindest treibt  sie den Zuschauer zu anderen Sendungen. Außerdem spürt man, dass den Herrschaften die Gäste ausgehen. Es tauchen immer wieder dieselben Leute auf. Zurzeit tobt regelmäßig Herr Niebel durch die Gegend; Herr Kauder und Herr Trittin haben ein Abo; Frau Künast und Frau Nahles turnen ebenfalls ständig vorne mit herum. Wir haben 598 Bundestagsabgeordnete, sehen in den Talkshows aber immer nur dieselben fünfzehn Nasen – schrecklich.

Themen- und Gäste-Doppelungen sollten durch die angekündigte „Redaktionsübergreifende Datenbank“  und interne Absprachen vermieden werden...

Günther Jauch fängt am Sonntagabend mit dem Thema „Christian Wulff“ an - und Beckmann endet am Donnerstag mit „Christian Wulff“. Da denke ich mir: Verdammt nochmal, es gibt doch noch andere interessante und zudem viel wichtigere Themen! Programm-Ankündigungen sind schön und gut, all das zeigt uns aber mal wieder: Theorie und Praxis bleiben zwei Paar Schuhe.