Da kommt man nicht um die Frage drum herum: Warum musste es denn das Gasometer sein, wenn es bei gewissen Wetterlagen Probleme macht? Musste es als Ausgleich für 20 Jahren Gewerbegebiet in Hürth bei Köln jetzt was Spektakuläres werden, was mancher als Effekthascherei betrachtet?

Wir hatten im Vorfeld ungefähr 80 verschiedene Standorte im Visier gehabt und nach verschiedenen Kriterien wurde die Auswahl eingeschränkt. Am Ende war der Gasometer der reizvollste. Ich gebe zu, ich wollte nicht, genau wie Sie sagen, eine Vorstadt-Atmosphäre. Wir wollten nicht in ein anonymes Gewerbegebiet vor der Stadt. Wir wollten „mittendrin“ sein und uns hat diese rohe Industrie-Atmosphäre gut gefallen. Es ist wirklich Berlin.

Aber braucht der Talk eine solch große Kulisse?

Wenn man sagt, dass es für eine Gesprächssendung völlig unwichtig ist, wie die Kulisse aussieht, dann können wir es gleich im Keller drehen. Gutes Fernsehen unterliegt auch und gerade ästhetischen Gesetzen. Sonst könnten sie in letzter Konsequenz die Inhalte einer solchen Sendung über Videotext verbreiten. Da gebe ich zu, dass wir den Ehrgeiz hatten, auch bei der Optik etwas Besonderes zu entwickeln. Ich denke auch, dass das gelungen ist.

 

 

Wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit den ARD-Kollegen aus? Ist das ein aktiver Prozess oder eine friedliche Ko-Existenz?

Letzteres. Es ist nicht so, dass wir uns einmal die Woche zum Nudel-Essen treffen und dann die Themen untereinander aufteilen. Es gibt die Datenbank in der man nachschauen kann, welche Themen die Kollegen vorbereiten. Anhand dieser Datenbank kann man insbesondere personelle  Dopplungen besser vermeiden. Bisher funktioniert das wirklich gut. Es hat auch keinen einzigen Streitfall gegeben, der höheren Orts einer Klärung bedurft hätte.

Stichwort Kollege: Tut es weh, wenn man einen Freund und liebgewonnen Kollegen wie Thomas Gottschalk sieht, der wie Sauerbier die Nachfolge seiner Sendung anbietet?

Ihn trifft es ja nicht. Er hat seine Entscheidung  sehr früh getroffen und auch  transparent gemacht. Deshalb ist das jetzt im Grunde nicht mehr  sein Problem, auch, wenn er mit der Sendung natürlich sehr stark verbunden ist. Das muss und wird das ZDF nun lösen. Mir fehlen da allerdings auch die Hintergründe wer, wann, wo und wie gefragt wurde, welche Zusagen gemacht oder auch nicht gemacht worden. Mich amüsiert aber, wie um diese Nachfolgediskussion Spekulationen entstehen. Die „Bild“ hatte ja gleich am Tag nach Kerkelings Absage fast jeden Kollegen gefragt, ob er sich den Job vorstellen könne. Auch mich. Und dann stehen sie vor dem Dilemma: Eigentlich wollen Sie sich gar nicht dazu äußern, weil sich für sie die Frage überhaupt nicht stellt. Ich arbeite für RTL und die ARD und bin damit mehr als ausgelastet. Außerdem  wurde ich  vom ZDF nie gefragt. Aber wenn Sie dann nichts sagen, geht direkt die Gerüchteküche los. Wie sie es machen: Es droht immer eine Schlagzeile.

Lernt man in so einer Situation dann zu schätzen wie reibungslos der Wechsel bei Stern TV über die Bühne gegangen ist?

Da haben Sie Recht. Da bin ich sehr stolz auf unsere Mannschaft, die das so sensationell hingekriegt hat. Denn es war für den Lizenzgeber dctp, für RTL und für unsere Redaktion schon  mutig: Es hätte grundsätzlich ja die Möglichkeit gegeben auf deutlich bekanntere Fernsehgesichter auszuweichen. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass es Probesendungen mit insgesamt neun Kandidaten gab. Aber Steffen Hallaschka war die absolut richtige Wahl. Er moderiert die Sendung großartig und schlägt sich auch gegen starke Konkurrenz wie die Champions League sehr gut. Diese Staffelübergabe lief wirklich perfekt. Das lag aber auch an der Redaktion, die sofort in der Lage war, sich auf einen neuen Moderator einzustellen. Steffen Hallaschka ist eben kein Jauch-Klon, sondern hat von erstem Moment an erfolgreich seine eigene Handschrift etabliert.

Anfangs hatte man schon ein bisschen das Gefühl, dass da ein Klon steht...

Aber nur, weil er auch ein Mann ist  und mir vielleicht von der Körpergröße her ähnelt. Aber das, was ich in zwanzig Jahren gemacht habe, hat Steffen Hallaschka in zwanzig Wochen geschafft: Der Sendung seine eigene Prägung gegeben. Er hat sich nicht nervös machen lassen - und auch RTL hat nie die Geduld verloren. Das ist heute nicht mehr so selbstverständlich.Natürlich gab es anfangs mal die eine oder andere Quotendelle. Aber alle sind ruhig geblieben und sind dafür belohnt worden.

Sie moderieren für RTL wieder den Jahresrückblick. Dafür pausiert „Günther Jauch“ im Ersten eine Woche. Schmeckt das der ARD?

Das war schon im ersten Vertragsentwurf vor vier Jahren so verabredet und daher allen Beteiligten von Anfang an klar.

Und das Zusammenspiel von Talk im Ersten und „Wer wird Millionär?“ funktioniert auch wie erhofft? Also kein Ende in Sicht?

Da hat sich nichts geändert. Die Sendung macht mir weiterhin viel Spaß und was die Laufzeit betrifft: Es bleibt bei dem berühmten Handschlag-Deal mit RTL.

Herr Jauch, herzlichen Dank für das Gespräch.