Herr Fuss, FC Barcelona gegen Manchester United – und dann auch noch in Wembley. Da dürfte doch jedes Kommentatoren-Herz höher schlagen. Ihres auch?
Das gibt es nichts zu ergänzen, genau so ist es. Wenn die zwei besten Mannschaften in Europa im vielleicht schönsten und imposantesten Stadion Europas, das man auch nicht jeden Tag zu sehen bekommt – weil es auch kein Vereinsstadion ist –, aufeinandertreffen, kann man nur sagen: Besser geht’s nicht.
Ist denn trotz aller Vorfreude nicht ein wenig Enttäuschung dabei, dass Schalke nicht doch die erhoffte Sensation gelungen ist?
Ein ganz kleines bisschen schon. Schalke war Manchester im Halbfinale allerdings so hoffnungslos unterlegen, dass man im Nachhinein überhaupt froh sein muss, dass sie überhaupt so weit gekommen sind.
Wie haben Sie eigentlich nach dem 5:2-Triumph der Schalker gegen Inter Mailand im April geschlafen? Ich kann mir vorstellen, dass man nach einem solchen Spiel nicht ganz so schnell zur Ruhe kommt…
Ja, tatsächlich. Wir saßen nach dem Spiel noch bis 4 Uhr in der Hotelbar mit den Schalkern zusammen, weil wir im gleichen Hotel untergebracht waren. Die waren auch sehr aufgekratzt, Ralf Rangnick saß noch mit uns am Tisch. Dabei fielen sehr häufig die Begriffe „unfassbar“, „unglaublich“ und „das gibt’s doch nicht“.
Ihre Vorbereitung ist durch den Spielverlauf wahrscheinlich völlig zunichte gemacht worden, nehme ich an.
Alles, was du vorbereitet hast, kannst du in einem solchen Spiel wegwerfen. Das sind die Perlen, das ist überragend.
Insgesamt warten die deutschen Vereine nun schon seit zehn Jahren auf einen internationalen Titel. Klafft da womöglich eine große Lücke zwischen Bundesliga und europäischer Elite, auch wenn wir das vielleicht nicht wahr haben wollen?
Wenn man auf diese Zahlen blickt, könnte man auf diesen Gedanken kommen. Andererseits sind es häufig aber auch Kleinigkeiten, die innerhalb eines Spiels für die Unterschiede sorgen. Man darf nicht vergessen: Wir hatten letztes Jahr die Bayern im Finale der Champions League und Werder Bremen stand 2009 im UEFA Cup- Finale – heute Europa League genannt. Ich finde nicht, dass man eine solch globale Aussage machen kann und die Bundesliga ganz fürchterlich verloren hätte. Ganz im Gegenteil: Ich bin eher der Meinung, dass die Attraktivität und die fußballerische Klasse in der Bundesliga in den letzten Jahren eher gewonnen hat.
Nun also ein Finale in der Champions League ohne deutsche Beteiligung. Ich nehme an, Sie sind in diesem Fall ein wenig mehr der Objektivität verpflichtet?
Ja klar. Aber das bin ich so oder so. Bei deutschen Mannschaften erlaube ich mir natürlich ein gewisses Maß an Patriotismus – aber eben auch nur dieses gewisse Maß.
Eigentlich schade, dass es auf unbestimmte Zeit wohl das vorletzte Champions League-Finale sein könnte, das Sie kommentieren werden. Schwingt schon etwas Wehmut mit, wenn Sie sich nun ans Mikrofon setzen werden?
Absolut nicht, Wehmut habe ich gar nicht. Wir haben ja noch ein großes Jahr vor uns – und dann wollen wir mal schauen, was darüber hinaus noch passiert. In dem Moment, als klar wurde, dass das ZDF die Rechte an der Champions League ab 2012 erhält, habe ich mir gedacht: „Schade.“ Es war natürlich eine gewisse Enttäuschung da, aber dann kamen direkt danach das 5:2 in Mailand und die Erkenntnis, dass noch ein Jahr vor uns liegt. Für die Zeit danach muss man einfach mal abwarten, wie es weitergehen wird. So ist eben die Branche.