Hans-Joachim StrauchHerr Strauch, 2010 ein Sportjahr. Für Sie ein Segen, nehme ich an. Oder lässt sich der saisonale Publikumserfolg nicht unmittelbar in Mehreinnahmen umwandeln?

Doch, das ist schon wesentlich. Ein Super-Sportjahr durch die Fußball-Weltmeisterschaft und die Olympischen Winterspiele merkt man natürlich zunächst einmal in den Marktanteilen. Da erreichen wir grundsätzlich auf das Jahr gesehen allein durch solche Sport-Großereignisse ein bis zwei Prozent mehr. In der Vermarktung bedeuten diese Sportereignisse insbesondere, dass wir beim ZDF Zuschauer erreichen, die wir sonst eher weniger bekommen.

Aha! Erwischt. Sie wollen also doch am Liebsten die jungen Zuschauer...

(lacht) Nein, nicht mehr oder weniger als andere. Ein Beispiel: Wenn McDonalds mit McCafe versucht, eine völlig neue Zielgruppe anzusprechen, die abseits vom Burger eher traditionell deutsch mit Kaffee und Kuchen wirbt, dann ist die für meine Werbung wichtige Zielgruppe nicht mehr nur die der 14- bis 29-Jährigen. McDonalds als eine sehr jugendliche Marke hat auf den demografischen Wandel reagiert. Die Werbebranche hingegen hat das noch vor sich. 52 Prozent der Haushaltsführenden in Deutschland sind heute schon über 50 Jahre alt.
 

 
Der demografische Wandel wird ja seit einigen Jahren angeführt, aber das Mediageschäft scheint nicht so rational zu sein, sich diesem Wandel anzuschließen...

Das ist in der Tat interessant. Das Media-Geschäft ist vermeintlich rational, aber ist es eigentlich überhaupt nicht.

Dabei sollte eigentlich nach Leistungen und Reichweiten geschaut werden. Doch 2009 war ganz klar ein Jahr der Rabattschlachten, insbesondere bei den Vermarktern der privaten TV-Sender. Leiden Sie darunter oder können Sie davon profitieren?

Die Kunden, die extrem konditionsgetrieben sind, haben wir schon in der ersten Werbekrise vor sieben, acht Jahren verloren als plötzlich die Budgets der Media-Agenturen rein nach Rabatten vergeben wurden. Da konnten und wollten wir als kleiner Player nicht mitspielen. Wir haben in Anführungsstrichen nur zwanzig Minuten Werbung am Tag im ZDF und wenn wir den Weg der Rabatte eingeschlagen hätten, hätten wir unsere knappen Ressourcen gleich verschenken können. Unsere heutigen Kunden erkämpfen wir uns durch Leistung. Insbesondere durch eine berechenbare und kontinuierliche Leistung und die hat ihren Preis. Sie ist aber auch ihr Geld wert. Die, die jetzt nach Rabatten gieren, haben wir also längst nicht mehr bei uns. Bei denen geht es nur darum, ob sie das Geld jetzt in die linke oder rechte Tasche, zu SevenOne oder IP, verschieben.

Trotz der schon lange verlorenen Kunden haben Sie 2009 ein gutes Ergebnis hingelegt. Die Privaten sehen Wachstumschancen in Sonderwerbeformen. Wie hält es das ZDF Werbefernsehen da?

Sonderwerbeformen sind ein ganz gefährlicher Weg, nicht nur für uns, weil wir ein für Werbung sehr sensibles Publikum haben. Es schadet allen TV-Vermarktern, weil es nichts anderes ist als Guerilla-Marketing - wenn in immer neuen Ideen das Publikum im schlimmsten Fall mitten in einem hochemotionalen Programm von irgendeiner Werbung angesprungen wird. Noch fataler aber ist die damit einhergehende Abwertung des klassischen TV-Spots. Wir müssen auch als Vermarkter an die Zuschauersicht denken. Dass der Zuschauer bei einer Guerilla-Aktion nicht entkommen kann, weil er unter Umständen völlig überrascht wird, wird aus Werbesicht als große Errungenschaft gesehen. Aber sorgen solche Werbeformen nicht vielleicht eher für negative Reaktionen beim Publikum, weil sie bei dieser Werbeform nicht mehr die Wahl haben, ob sie sie sehen wollen oder nicht und von ihr überfallen werden?