Also weniger Experimente?
Ja, die Experimentierfreude bei allen Sendern ist in diesem Jahr stark zurückgegangen. Nicht nur, weil sich der Markt in Krisenzeiten gerne an Bewährtes hält. Auch das Programmangebot etwa bei den L.A. Screenings oder der MIPCOM in Cannes war, wenn es um Innovationen ging, überschaubar. Im Zuge der Agentur-Tour wurde uns bestätigt, dass kein Sender viel Neues wagt. Vor dem Hintergrund wird RTL II keine gut laufenden Sendeplätze mit intakter Zielgruppenstruktur und hoher Planbarkeit willkürlich verändern.
Vor einem Jahr haben Sie eine neue Zielgruppen-Debatte angestoßen und die 20- bis 34-Jährigen als Kernzielgruppe ins Gespräch gebracht. Doch danach wurde es ruhig um die Idee. Gibt es derzeit wichtigere Themen?
Man kann doch das eine tun, ohne das andere zu lassen. Es ist richtig, das wir in diesem Jahr eine ganze Reihe von Herausforderungen zu stemmen haben, was uns ganz gut gelingt. Wir müssen uns zunächst darauf konzentrieren, dem Markt vernünftige Daten zu liefern. Dennoch: Die Zielgruppendiskussion ist mir wichtig. Die alte Kernzielgruppe des Werbemarktes, Erwachsenen zwischen 14-49 Jahren, taugt nicht für eine wirklich spezifische, zielgruppengenaue Planung. Da müssen bestimmte Segmente genauer ins Auge gefasst werden.
Wenn IP Deutschland ein neues Universe-Rabattmodell ankündigt und sagt, dass man die kleinen Sender dabei nicht benachteilige, dann...
...kann ich eigentlich wenig dazu sagen. Kurt Beck sagte einmal: „Die Hühner werden am Abend gezählt“. Wir werden am 31.12.2010 wissen, ob IP Deutschland damit Erfolg hat. Fakt ist, dass die Zeiten hart und sehr herausfordernd sind. Wir sind gut aufgestellt für das nächste Jahr und brauchen uns hinter dem Angebot andere Sender und Vermarkter nicht zu verstecken – auch nicht vor der IP Deutschland.
Vor sechs Jahren war RTL II die Nr. 1 der zweiten Fernsehliga. Heute liegt der Sender hinter Vox und aktuell auch hinter Kabel Eins...
In diesem Punkt erst einmal mein Kompliment an Kabel Eins: Die machen das gut. Und letztendlich freuen wir uns über einen starken und fairen Wettbewerb. Sie müssen sich vor Augen führen, dass wir in der zweiten Liga zusammen mit Vox und Kabel Eins heute jeden Tag zwischen 20 und 22 Prozent Marktanteil holen. Wir sind eine relevante Größe, die sich langsam an die erste Liga heran arbeitet. Die aktuellen Reichweiten und Marktanteile machen uns nicht zu schaffen, weil wir over all ein konstantes Leistungs- und Reichweitenniveau haben. Die gegenwärtigen Quoten stellen eine Momentaufnahme dar. Wir liegen im Jahresschnitt von den Leistungswerten her knapp über denen des Vorjahres. Wenn jetzt das Interesse am zweiten Sendermarkt insgesamt geschärft wird, dann kann uns das nur zu Gute kommen. Marktanteile im Fernsehen sind nie so zementiert, dass sich nicht ein Wechsel und Wandel vollziehen kann.
Helfen soll dabei ja der neue Senderauftritt. Plant RTL II einen Ausbau von „it's fun“ zu einer Lifestyle-Marke wie es ProSieben mit „We love“ gemacht hat?
Das ist sicherlich eine strategische Option, die geprüft wird. Aber wir müssen zunächst die Kernaufgaben lösen. Denn alles, was wir planen, funktioniert nur mit einer starken und bekannten Sendermarke und beliebten, hochqualitativen Programmmarken. Natürlich stützt es auch die Vermarktung, wenn „it’s fun.“ letztendlich auf vielen Kanälen sichtbar wird.