Karl-Heinz BonnyHerr Bonny, in der aktuellen IVW-Analyse konnte die „Landlust“ wieder fast 50 Prozent zulegen. und verkauft mittlerweile mehr als 460.000 Exemplare monatlich. Warum ist der Titel – verglichen mit anderen Lifestyle-Titeln –  so erfolgreich?

Sie haben es mit dem Begriff „Lifestyle“ im Grunde schon selbst gesagt. Als wir in den Markt gegangenen sind, hatten wir einige mögliche Wettbewerber im Blick, die nicht so multithematisch aufgestellt sind wie wir. Es handelt sich dabei um deutschsprachige Magazine mit Titeln wie "Living at home", "Country", "Homes & Gardens". Merken Sie etwas?

Sie spielen auf die englischsprachigen Titel an?

Genau. Das sind Lifestyle-Titel. Wir machen ein Lebensart-Magazin. Das begreifen wir allerdings nicht als Provinzialismus, sondern für uns ist das eine bodenständige Art, ein Medium zu machen, das eine langfristige Bindung an eine Zielgruppe schafft, die überwiegend auf dem Land lebt und sich dort wohl fühlt. Und wir merken an den Leserbriefen und der stürmisch wachsenden Auflage, dass unsere Leser -  sowohl auf dem Land als auch in der Stadt - sich damit wieder erkennen und bestätigt fühlen und in der Zeitschrift einen Nutzen sehen, aber auch eine emotionale Bindung finden. Das sind alles Faktoren, die vor dem Hintergrund der redaktionellen Kompetenz unseres Hauses als großer Fachverlag für Landwirtschaftsthemen wahrgenommen werden.
 

 
Vor welche Herausforderungen stellt Sie der Publikumserfolg der „Landlust“?

So gut ein Produkt auch ist: Sie müssen so einen Titel auch professionell vermarkten können. Der Landwirtschaftsverlag hat allerdings auch schon vor der „Landlust“ fast eine halbe Million Abonnenten in den unterschiedlichen Fachtiteln gehabt, und wir haben mit rund einem Dutzend Fachtiteln eine breite Kompetenz bei dieser Zielgruppe - nicht nur in der Bauernschaft, sondern auch mit Titeln wie "Pferdemarkt". Auch wenn uns vorher niemand bemerkt hat, so sind wir keine Anfänger und schon über viele Jahre professionelle Teilnehmer im Markt. Darüber hinaus verstärken wir uns, wenn nötig, mit zusätzlichen Mitarbeitern, um die entsprechende Kompetenzen abzudecken.

Also besteht der Erfolg darin, die Fachkompetenz in landwirtschaftlichen Themen auf den Publikumsmarkt auszuweiten?

Schauen Sie sich das "Landwirtschaftliche Wochenblatt Westfalen-Lippe" an. Das gibt es jetzt seit 165 Jahren und hat derzeit etwas mehr als 63.000 Abonnenten. In diesem Blatt finden Sie alles das, was ein Betriebsleiter regional betrachtet für Ackerbau und Viehzucht benötigt. Es hat aber auch rund 40 Seiten Familienteil mit allen Elementen von Küche und Haushalt bis hin ins Soziale in puncto Familie und Gesundheit. Das ist sozusagen eine Fachzeitschrift für die ganze Familie. So etwas Ähnliches machen wir in unserem stärksten Monatsmagazin "top agrar" als Generalist auch. Der Titel hat mehr als 115.000 freie Abonnenten. Die Redaktionen unseres Hauses haben ihre Kompetenzen also über Jahrzehnte regional und überregional entwickelt und kennen die Zielgruppe.

Wie ist die "Landlust" eigentlich entstanden?

Die Idee, eine Zeitschrift für Menschen auf dem Land zu machen, ist so alt wie unser Verlag, der in seiner jetzigen Form wieder seit 1946 existiert. Früher wurden die Fachblätter eher von den Männern gekauft, heute sind meist beide Ehepartner die Unternehmer und treffen die fachlichen Entscheidungen gemeinsam. Aus unserer Sicht war die Zeit jetzt reif - auch aus strategischer Sicht. Es gibt einen Trend und einen Grundbedarf an Themen rund um Haus und Garten in den Familien auf dem Lande. Hinzu kommt die Strukturreform, die zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe führt. Die Kernzielgruppen für unseren Fachverlag werden kleiner. Also sieht man sich nach neuen publizistischen Feldern um, die zur eigenen Kompetenz passen und mit denen man in Bereiche wachsen kann, in denen interessante Leserschaften vorhanden sind

Ihre Leser sind also Landmenschen, die Bestätigung suchen und nicht Städter, die aus dem hektischen Alltag flüchten wollen?

Die ländliche Bevölkerung ist die Kernzielgruppe unserer Fachtitel und war für den Beginn der "Landlust" sehr wichtig. Das war der Kern, aus dem wir mit allen vertrieblichen Möglichkeiten, die unser Verlag hat, gestartet sind. Zunehmend haben wir dann auch die Leser in den großen Gemeinden, den Speckgürteln um die Großstädte und in den Städten für uns erschlossen. Sicherlich kann deren Motiv auch ein Stück weit die Sehnsucht nach dem Landleben sein. Ich vermute allerdings, dass es so einfach nicht ist. Es geht soweit, dass sich die Leser für ursprüngliche Themen wie Einkochen im Sommer interessieren, die zum Teil heute verloren gegangenen sind, an die man sich aber noch erinnert. Wir sind immer wieder positiv überrascht, wie groß das Interesse an Rezepten aus der ländlichen Küche bei uns ist. Das ist mehr als nur eine Sehnsucht oder das Erstaunen vor einer vermeintlich fremden Welt, es ist auch ein großer, natürlicher Nutzwert.
 
Lesen Sie auf der folgenden Seite, welchen Anteil die "Landlust" am Geschäftsergebnis des Verlages macht, wie der Werbemarkt auf die Zeitschrift reagiert und wie das Landleben wirklich ist.