Volker HerresKürzlich haben Sie angeregt, die politischen Magazine im Ersten unter einem gemeinsamen Markendach zu vereinen, so wie es bei „ttt“ oder „Plusminus“ bereits der Fall ist. Wie weit ist dieser Prozess fortgeschritten?

Derzeit führen wir die politischen Magazine in einer Werbe-Kampagne zusammen. Man muss die Vielfalt, die wir hier haben, möglichst einheitlich erkennbar machen, weil man mit sechs separaten Marken, die für den Zuschauer in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen, nur schwer in die Zukunft kommt. Das nimmt aber noch kein Ergebnis vorweg.

Wie geht es hier weiter?

Ich werde mit den Redaktionen darüber reden, wie es uns gelingen kann, deutlicher zu machen, welch unglaubliches Pfund wir mit diesen Inhalten haben. Es gibt keinen anderen Kanal in Deutschland, der wöchentlich zur besten Sendezeit eine Stunde politische Hintergründe mit investigativem Journalismus zeigt. Und was machen wir daraus: "Das war 'Kontraste', wir sehen uns wieder im Januar ". Es entsteht der Eindruck, es gäbe nur alle paar Wochen eine Sendung. Das ist nach meiner Überzeugung aus Marketing-Sicht nicht gelungen.

Sie geben also den Redaktionen die Möglichkeit, selbst einen Weg zu finden – als Prozess von unten nach oben sozusagen?

Ich bin der freundliche Consultant im Dienste der Gemeinschaft. Es handelt sich um eine Anregung von mir, die ich schon seit Jahren in unterschiedlichen Positionen gemacht habe. Das ist eine Aufgabe, für die es viele Lösungswege gibt. Die Stärke der ARD ist ihre Vielfalt. Diese Vielfalt wird aber zur Schwäche, wenn der Zuschauer den Überblick über die einzelnen Marken verliert. Am besten gelungen ist uns das beim "Tatort": Ein regional verankertes, sehr vielfältiges Produkt, aber eine starke, klarwiedererkennbare nationale Marke. Stellen Sie sich vor, der NDR-"Tatort" hieße plötzlich "Nord-Mord"! Jeder würde uns für wahnsinnig erklären.
 

 
Die einzelnen Formate wurden lange Zeit auch über ihre politische Ausrichtung identifiziert. Wird es hier nicht schwieriger als bei Themen wie Wirtschaft oder der Kultur?

Politik funktioniert nicht mehr in diesem klassischen Lagerdenken von links und rechts – selbst die Parteienlandschaft ist vielfältiger geworden . Aber: Politische Vielfalt ist ja positiv und ausdrücklich gewünscht – unsere politischen Magazine sind auch Meinungsmagazine.  Das steht aber – ähnlich wie beim "Tatort" – nicht im Widerspruch dazu, eine Wiedererkennbarkeit für die Reihe zu schaffen.  

Auch der Vorabend wird Sie in den kommenden Monaten beschäftigen. Im Frühjahr startet die neue Serie mit dem Arbeitstitel „Made in Germany“, in die Das Erste große Hoffnungen setzt. Es war zu lesen, dass es Probleme bei der Produktion, insbesondere bei den Büchern, geben soll. Stimmt das?

Es gab einige falsche Meldungen in diesem Zusammenhang, dabei läuft ein ganz normaler Prozess: Es werden Ideen und Treatments entwickelt, auf deren Grundlage eine Entscheidung für ein Format getroffen wird. Dass man dann im Arbeitsprozess über Bücher diskutiert ist redaktioneller Alltag. Aber wir gehen davon aus, dass die Sendung wie geplant in der am 20. April beginnenden Woche startet. Ich finde es aber immer wieder faszinierend, wie im Journalismus heute Recherchen durch Gerüchte ersetzt werden.

Wie muss die Serie beschaffen sein, um den gewünschten Erfolg zu erzielen? Es geht um eine drohende Firmenübernahme durch Finanzinvestoren – ein recht sperriges Thema für den Vorabend.

Die Serie soll keine Problemlösungsserie werden, sie ist im Milieu der Gefährdung von Arbeitsplätzen und dem Erhalt eines Betriebes angesiedelt. Das ist ein Thema, das allen Menschen sehr nahe ist und dem man sich nicht entziehen kann. Wir streben hier kein Stück des sozialistischen Realismus' an, sondern eine klassische Vorabend-Daily, in der es um große Emotionen – Beziehungen, Aufstieg und Fall, Liebe, Glück, Verlust und Trauer – geht. Wenn sie  gut gemacht ist, wird sie auch Erfolg haben.

Es wird also eher eine Serie, die der Soap-Dramaturgie folgt, als eine comedy-hafte Betrachtung wie bei „Türkisch für Anfänger“?

Es wird Sie nicht überraschen, dass mir "Türkisch für Anfänger" sehr gut gefällt. Aber möglicherweise ist die Serie in der Tat zu sophisticated für diese Zeitschiene, in der man mit anderen Erzählstrukturen arbeiten muss. "Made in Germany" wird als tägliche Serie einen anderen Duktus haben.