Kommen wir von den US-Serien zu Ihren Eigenproduktionen. Böse Zungen könnten beim Blick auf einige Formate sagen, dass man das alles gefühlt schon mal gesehen hat. Bei „Der Auswanderer-Coach“ zum Beispiel. Ist das Genre Dokusoap schon so ausgereizt?

Nein. Wir entwickeln unsere Formate konsequent und mit eigenem Stil neu oder weiter. So haben wir bei unseren Formaten wie „Mein neues Leben“ gesehen, welche Probleme Menschen beim Start in einem neuen Land haben. Deswegen ist es für uns eine logische Programmerweiterung mit dem „Auswanderer-Couch“ Hilfestellung zu geben und wir haben auch einen sehr guten Coach gefunden. Das neue Format „Der reisende Richter“ widmet sich dem Thema Nachbarschaftsstreit und „Die Bauretter“ kümmern sich um Baumängel. Beides im Übrigen Themen, die in Form von Magazinbeiträgen sehr gut ankommen. Dazu kommen noch neue Formate wie „Mein neues Haus“, „Die Teenie Mamas“ und „Die strengsten Eltern der Welt“. Und was Sie sicherlich noch nie gesehen haben,  Herr Lückerath: Eine Dokusoap live aus einem Imbiss mitten in Deutschland.

Sie sprechen vom neuen Format „Imbiss Live“. Wann geht es los?


Im Spätsommer. Acht ferngesteuerte Kameras und 16 Richtmikros werden von der Regie in München gelenkt. Und das Besondere: Wir starten das Format zunächst 24 Stunden live im Internet – das zeigt auch, wie modern kabel eins inzwischen geworden ist – und nehmen es dann on air. Damit zeigen wir zum ersten Mal Live-Fernsehen, das im weitesten Sinne das stark nachgefragte Thema Essen abdeckt und gleichzeitig die wichtigste Eigenschaft von Kabel Eins mitbringt: Das echte Leben abzubilden.

Wer produziert das Format?

Die Firma Telcast, die für unsere Kollegen von N24 auch die Wetterbilder aus aller Welt realisieren und so viel Erfahrung mit der unverfälschten, direkten Übertragung von Live-Bildern haben. Hier wird es eben bei der Produktion keine Aufnahmeleiter und Regisseure geben, die die Atmosphäre und das Verhalten der Protagonisten in unserem Imbiss irgendwie beeinflussen. Und so bleibt eben alles echt. Echt kabel eins.
 
 
Foto: kabel eins
 
 
Trotzdem mal nachgefragt: Wie echt heißt echt?

100% echt. Wo kabel eins drauf steht ist auch kabel eins drin. Wir werden einen Teufel tun und aus irgendwelchen Gründen den Imbiss-Besitzer austauschen, weil es irgendwo in Deutschland einen eventuell telegeneren Protagonisten gibt. Das würde das Format zerstören. Es bekommt auch niemand von uns fünf Euro zugesteckt, damit er im Imbiss dann lustige Sachen erzählt. Nein, das ist eine Live-Übertragung aus einem deutschen Imbiss, die das Leben dort direkt und echt übermittelt.

Kommen wir nochmal zu einer Frage von eben zurück. Haben wir nicht bald alle denkbaren Dokusoaps schon einmal gesehen, so dass sich neue Formate nur noch im Detail unterscheiden können?


Ich habe vor einigen Jahren, noch bei ProSieben, ähnlich über die Problematik gedacht. Aber wenn Sie sich die Entwicklung des Genres in den letzten zwei, drei Jahren ansehen, dann ist die Dokusoap lebendiger denn je. Sicher wird man sich in Zukunft stärker voneinander abheben müssen. So gehen wir beim Thema Auswandern, das niemand auf dem Schirm hatte als wir damit angefangen haben, künftig eben einen Schritt weiter mit unserem „Auswanderer-Coach“. Das Personalisieren von Dokusoaps mit starken Charakteren wird sicher ein großer Trend werden, der die Formate auch voneinander abhebt. Die fünfte Kopie der gleichen Idee, die man einfach nur anders nennt, braucht kein Mensch.

Das Thema des neuen Formats „Die Bauretter“ war immer schon ein beliebtes Magazin-Thema. Sie machen daraus eine eigene Dokusoap. Eine evolutionäre statt revolutionäre Programmentwicklung....

Oder einfach eine gute. Und nicht ganz neu und auch kein Merkmal von kabel eins allein. Sie haben aber Recht. Das Thema Auswandern haben wir als Format entwickelt nachdem eine Reihe von Beiträgen bei den Kollegen von „Sam“ sehr erfolgreich lief. Das Thema durfte ich damals von ProSieben zu Kabel Eins mitnehmen. Man darf ja bei einem neuen Sender nie ohne Geschenke anfangen (lacht).

Aber Sie heben sich schon von den Kollegen von Vox ab, die das Programm mal eher revolutionär als evolutionär gestalten....

Ich werde hier ja nicht fürs Herumspinnen bezahlt um am Ende keine Verantwortung übernehmen zu müssen. Ich führe die Geschäfte und wir wollen am Ende des Tages auch Geld verdienen...

Aber das will Herr Hoffmann doch auch... Und trotzdem hat er sich getraut, die ungewöhnliche Quiz-Show „Power of 10“ ins Programm zu nehmen.

Wir sammeln alle unserer Erfahrungen. Manche Innovationen gelingen, manche nicht. Bleiben wir z.B. beim Thema Quiz-Shows: Wir hatten mit dem „Quiz Taxi“ lange Zeit die Gameshow am Vorabend erfolgreich wiederbelebt, mit der „Quiz Tour“ ist uns das nicht gelungen.