
Richtig ist, dass wir im vergangenen Jahr die 11 Prozent verfehlt haben. Seit drei Monaten zeigen unsere Marktanteile aber eine deutlich positive Tendenz. Für mich ist das jetzt das zweite Jahr als Senderchef. Im ersten Jahr muss man Probleme in den Griff kriegen und die Programm-Pipeline auffüllen. Man kümmert sich also im Wesentlichen um die Fortführung dessen, was vorher geplant wurde. Damit lässt sich kaum Wachstum erreichen. Dazu sind sie zu sehr damit beschäftigt, diverse Stellschrauben nachzuziehen. Im Programm und auch strukturell. Im zweiten Jahr sieht man dann, wie die Saat aufgeht und strategische Entscheidungen greifen. Und da sind wir jetzt. Wir haben ja nicht nur einen Monatsdurchschnitt von aktuell 12,3 sondern endlich auch wieder einen aktuellen Jahresdurchschnitt von 11,0 Prozent.
Darauf scheinen Sie ja sehnsüchtig gewartet zu haben...
Natürlich freut man sich, wenn Ideen greifen. Aber die Zeit zum Korken knallen ist noch nicht gekommen. Allerdings sieht man die richtige Richtung. Wir haben uns in der Daytime nicht verrückt machen lassen und keine Experimente gemacht. Gemeinsam mit den Produzenten haben wir sehr gescheit die bestehenden Formate weiterentwickelt. Da wurden z.B. bei Gerichtsshows Protagonisten ausgetauscht, die Storys anders angegangen. Wir haben innerhalb der Formate mit dem Skalpell gearbeitet.
Wobei die fast unveränderte Daytime und die herausragenden Quoten vereinzelter Fußball-Events noch keinen konkreten Kurs bei der Programmplanung erkennen lassen. Da hat man ja noch nicht viel getan, um jetzt die Ernte dafür einzufahren.
Das ist jetzt wirklich eine sehr starke Vereinfachung. Sie vergessen die herausragenden Quoten am Montag, den deutlich gewachsenen Dienstag und den Vorabend. Kurz eine klare und verlässliche, von Zuschauer offenbar gut angenommene Planung. Zum Fußball: Die Marktanteile aller Sender werden gelegentlich durch Events gepusht. Doch, sie müssen die Rechte dafür erst einmal kaufen. Da kommt ja nicht plötzlich der Weihnachtsmann und bringt den Fußball mit (lacht). Es war eine strategische Entscheidung einen gewissen Preis für zwei europäische Wettbewerbe zu bezahlen. Ebenso wie wir uns klar dafür entschieden haben, die Champions League eben nur mittwochs zu zeigen, um am Dienstag nicht unsere eigenproduzierten Filme zu unterbrechen. Wir wissen, dass unser Marktanteil im April damit einen besonderen Push bekommen wird. Und ich bin froh drüber. Das ist unser Frontloading um die Europameisterschaft im Juni zu kompensieren und im Jahresmarktanteil möglichst wenig darunter zu leiden.
Wo liegt denn Ihr Marktanteilsziel für 2008?
Ganz klar. 10,8 wäre sehr schön. Elf wäre wunderbar.
Und das „Sportjahr 2008“ macht Ihnen dabei keine Sorgen?
Die Europameisterschaft ist – Gott sei dank - eine Woche kürzer als die WM, also nur drei Wochen. Wir haben sehr gezielt programmiert, aber wie die Bilanz am Ende aussieht, wird man sehen müssen. Wir haben jetzt unsere Fußball-Highlights mit UEFA-Cup und Champions League. Im Juni bekommen ARD und ZDF mal die Möglichkeit ein junges Publikum zu erreichen und danach ist es dann wieder bei den Privatsendern.
Kommen wir direkt zur aktuellsten Baustelle, dem Vorabend...
Wir haben dort ganz konsequent - und das bedarf einer langen Vorbereitung - die Umstellung der Access Prime durchgezogen. Dabei ging es uns um die Steigerung der Marktanteile durch die Verbesserung des Audience Flows. Insbesondere durch die Blockprogrammierung der CrimeDokus haben wir uns nach der Umstellung am Vorabend in der Zeitschiene von 17 bis 20.15 Uhr von 10,3 auf 11,3 Prozent gesteigert.
Dazu tragen die „Sat.1 Nachrichten“ und das „Sat.1 Magazin“ allerdings wenig bei...
Zunächst noch nicht, aber wir müssen das Gesamtbild sehen. Und wir wissen, dass wir mit den beiden Formaten einen Marathon vor uns haben.
Bei dem Sie vorerst selbst den „RTL II News“ bei der Quote hinterher rennen...
Die „RTL II News“ sind ganz klar auf Boulevard programmiert. Da gibt es inhaltlich keine Konkurrenz für uns. Für uns gilt, dass wir uns davon abgrenzen und auf Verständlichkeit und Seriosität setzen und an der Relevanz unserer Nachrichten arbeiten. Ich bin sicher, dass wir mit Peter Limbourg hervorragend besetzt sind. Das wird sich auch noch auszahlen, wenn die Nachrichtenlage wieder spannender wird. Momentan gibt es kaum dominierende Themen. Peter Limbourg ist jemand, der den Einsatz vor Ort kennt. Er wird auch als Anchor on location zum Einsatz kommen.
Ist das „Sat.1 Magazin“ denn ein geeignetes Format als Vorprogramm?
Wir sind mit dem Magazin noch in einer Phase, wo wir vieles ausprobieren. Aber ich freue mich sehr, dass wir mit Annika Kipp eine neue Moderatorin aus unserem Haus gefunden haben. Die Sendung selbst muss jeden Tag überprüft und optimiert werden. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen.

Wir haben fünf Prominenten-Specials aufgezeichnet und werden die in der „Wer wird Millionär“-freien Zeit am Freitagabend um 20.15 Uhr testen. Das Format richtet sich klar an Männer. Hier geht es nicht um Wissen, sondern ums Zocken. Und am Samstagvorabend laufen wir gegen die „Sportschau“. Das ist nicht leicht. Ich glaube, es steckt noch Potential in dem Format.
Wo wir gerade beim Freitagabend sind: Das Musical-Casting „Ich Tarzan, Du Jane“ holt am Freitagabend derzeit miserable Einschaltquoten...
Wir hatten mit einer Quote auf Senderschnitt gerechnet. Wir haben daraus gelernt, dass die Tatsache, dass viele unserer Stammseher gerne in Musicals gehen, nicht für einen Erfolg mit einem Musical-Casting reicht. Wenn ich das Format noch mal neu planen könnte, würde ich gleich live ins Studio gehen.
Sie hatten im vergangenen Jahr bei „The Big Picture“ mit „Mein Name ist...“ noch eine weitere Castingshow für Doppelgänger prominenter Persönlichkeiten angekündigt...
Ich bin im Moment sehr skeptisch was Castingshows bei Sat.1 angeht. Wir hatten eine erfolgreiche Staffel „Star Search“, aber davon abgesehen, hat dieses Genre nur eine begrenzte Akzeptanz beim Sat.1-Zuschauer.
Davon abgesehen haben Sie im vergangenen Sommer eine ganze Reihe von Formaten angekündigt, von denen man nie wieder etwas gehört hat. Da gab es z.B. den „Großen Deutschland-Test“ oder „Der große Lügendetektor-Test“...
Beide Formate werden nicht kommen. Das eine hat in einer Abwandlung beim ZDF schon keine herausragende Quote gehabt und auf das andere Thema ist RTL II sehr aggressiv aufgesprungen, da haben wir von dem Thema lieber Abstand genommen.
Was wurde aus „Millionäre Undercover“?
Da sind wir noch dran. Es gibt einen grandiosen Piloten. Allerdings war es hier in Deutschland schwerer als gedacht, die passenden Leute zu finden. Das Format kommt im Herbst.
Zwei kürzlich erst angekündigte Formate, „Gräfin gesucht“ und „Jugendcoach Oliver Lück“, klingen vom Grundprinzip her sehr nach „Bauer sucht Frau“ bzw. „Supernanny“. Wollen sie RTL-Erfolge kopieren?
Erfolge kopieren geht selten gut. Aber es geht darum, nachgefragte Programme zu erkennen und Themen aufzugreifen. Ich war zu einer Zeit bei RTL, da hat man dort nach dem Erfolg der Gerichtsshows bei Sat.1 auch welche eingeführt. Gewisse Programme bzw. Programmfarben finden sie auf allen Sendern. Es geht meiner Meinung nach immer darum, ob das einzelne Format gut ist. Und auf „Gräfin gesucht“ freuen wir uns schon sehr. Das wird hervorragend.