
Ich bin immer sehr interessiert an neuen Gameshows wie ja zum Beispiel „Das weiß doch jedes Kind“. Es muss einen neuen Motor geben - und bitte kein klassisches Quiz. Das werden wir nicht mehr machen. Auch kein wiederbelebtes „Familienduell“ oder „Der Preis ist heiß“.
Wäre es denn so verwerflich auf frühere Publikumslieblinge zu setzen?
Nein, keineswegs. Ich würde jedem Sender unter 10 Prozent empfehlen, es zu versuchen.
Aber für Sat.1 ist es kein Thema?
Wir können nicht am Nachmittag oder Vorabend „Familienduell“ programmieren. Und in den Vormittag, den alten Sendeplatz bei RTL, passen Gameshows bei uns auch überhaupt nicht.
Wie sieht es generell mit den Programmfarben an den einzelnen Abenden aus. Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag sieht es noch problematisch aus...
Am Montag- und Dienstagabend haben wir inzwischen ein ganz klares Versprechen an unsere Zuschauer. Hier programmieren wir verlässlich und erfolgreich. Am Mittwoch haben wir ein kleines Salami-Problem. Mal Fußball, mal nicht. Daran arbeiten wir ganz intensiv auch mit einer umfassenden Strukturänderung im Sender.
Wie sieht die aus?
Wir wollen im Genre Infotainment erfolgreicher sein. Dazu bündeln wir unsere Kräfte. Bislang wird dieses Genre bei uns im Haus in mehreren Abteilungen betreut. Uns fehlt da derzeit eine schlagkräftige Struktur. Deshalb haben wir uns entschieden, die Programmbereiche neu zu gliedern. So schaffen wir einen neuen Bereich Infotainment und aus dem bisherigen Bereich Unterhaltung wird das Entertainment. Das bringt eine Präzisierung der Zuständigkeiten. Der Bereich Infotainment ist konsequenterweise bei meinem Kollegen Torsten Rossmann angesiedelt.
Welche Programme finden sich in welchen Bereichen?
Im Entertainment liegen die Shows, die Comedy und die Daytime-Formate. Im Infotainment fassen wir die extern produzierten Magazine, die Drittsendeverpflichtungen, die Late Night Show und die Dokusoaps und Dokuserien zusammen.
Wer wird die beiden Bereiche leiten?
Ich bin sehr froh, dass Edda Kraft ab Mitte Mai den Bereich Infotainment übernimmt. Für die Bereichsleitung Entertainment sind wir gerade in letzten Verhandlungen. Da wird wohl nächste Woche die Tinte trocken sein.
Was wird die erste Aufgabe von Edda Kraft in neuer Position sein?
Wir wollen dem neuen Infotainment-Bereich den Rücken stärken und ihm den gesamten Mittwochabend zur Verfügung stellen. Genauso bekommt das Entertainment die Möglichkeit den Freitagabend völlig neu zu überdenken. Diese beiden Abende sind unsere größten Herausforderungen.
Also steht auch der „Fun Freitag“ zur Disposition?
Wir reduzieren die Comedy am Freitagabend und starten erst ab 22.15 Uhr. Außerdem werden wir uns auf bekannte und beliebte Künstler wie Bastian Pastewka, Anke Engelke oder Markus Maria Profitlich konzentrieren. Hinzu kommen starke Marken wie „Sechserpack“, „Die dreisten Drei“ und „Two Funny“. In jedem Fall muss sich jedes Format künftig klar abheben.
Ihr neuer Entertainment-Chef darf also dann auch an zweistündigen Shows für den Freitagabend arbeiten?
Wir programmieren ja derzeit schon mit den „Hit-Giganten“ so. Aber ich sehe auch andere Shows, die wir künftig am Freitagabend zeigen könnten.
Soll der neue Chef des Entertainment dann auch mit Red Seven Entertainment zusammenarbeiten?
Die Gründung einer Produktionsfirma wie Red Seven Entertainment ist meiner Meinung nach eine sehr sinnvolle Überlegung. Noch ist da nichts konkret, aber ich freue mich, dass sich Jobst Benthues der Aufgabe annimmt. Und natürlich werden wir mit Red Seven Entertainment dann auch über Formate reden, wie wir es mit anderen Produzenten tun.

Perspektivisch sind wir an dem Sendeplatz dran. Wir denken da an einen Servicebereich, den wir bislang nicht abdecken. In die Richtung Kochen, Abnehmen oder ähnliches.
Wie sieht es, um zu den einzelnen Abenden zurückzukommen, mit dem sehr schwachen Donnerstagabend aus?
Wir werden weiter Serie programmieren, aber wir verändern die Farben. Wenn wir uns den Montag- und Dienstagabend anschauen, dann sind wir dort erfolgreich, weil wir emotionaler, wärmer und weiblicher geworden sind. So werden auch unsere neuen Serien positioniert und damit heben wir uns am Donnerstagabend deutlicher vom Serienangebot bei RTL ab. Wärme, Emotionalität und Humor sind die klareren Farben von Sat.1.
Also die Abkehr von männlicheren, kantigeren und bei Sat.1 erfolglosen Programmen wie „Blackout“, „Bis in die Spitzen“, „RIS“, „GSG 9“ oder „Deadline“?
Ja. Alles was bei Sat.1 früher Erfolg hatte, beruhte auf gewissen Grundwerten. Hinter Serien wie „Für alle Fälle Stefanie“ oder „Anna Maria“ stand ein gewisses Wertemodell und eben Wärme, Emotionalität und Humor. Da wollen wir verstärkt hin. Aber es dauert eine gewisse Zeit, gerade bei fiktionalen Produktionen, bis Sie einen Kurswechsel wie diesen auch on air zu spüren bekommen. Deswegen freue ich mich aber sehr auf den Herbst, wo wir mit diesen bewährten Grundwerten im Programm durchstarten können.
Wie gehen Sie eigentlich mit den Kommentaren ihres ehemaligen Kollegen Roger Schawinski um, der sich zuletzt oft über die Presse zum deutschen Fernsehen und Sat.1 äußerte?
Ach, gibt‘s da welche? (schmunzelt)
Wie werden Sie in diesem Sommer eigentlich den Media-Agenturen und Werbekunden Ihr Programm präsentieren? „The Big Picture“ soll ja nicht mehr fortgesetzt werden...
Wir werden unser Programm in diesem Jahr im Rahmen einer ausgeweiteten Agentur-Tour vorstellen. Die Entscheidung gegen 'The Big Picture' ist gefallen, weil wir gemerkt haben, dass es mehr Gesprächsbedarf bei den Agenturen gibt. Eine große Präsentation allein hat nicht alle Fragen beantworten können. Bei der Frühjahrs-Tour haben wir auch erst wieder gemerkt, wie viele Rückfragen es gibt. Die Agenturen wollen einen stärkeren Dialog und dem tragen wir Rechnung. Deswegen werden wir in die Agentur-Städte fahren und die Programme von ProSiebenSat.1 in einem Rahmen präsentieren, in dem auch der einzelne Dialog besser möglich ist, um für mehr Verständlichkeit zu sorgen. Deswegen haben wir uns gegen einen zentralen Event wie 'The Big Picture' entschieden. Die Zeit war reif für eine Veränderung.
Noch eine kurze Frage am Schluss: Haben Sie ein Premiere-Abo?
Nein.
Herr Alberti, herzlichen Dank für das Gespräch