
Es läuft sehr viel über Mundpropaganda. Bei “NightWash” haben wir nach wie vor die TV-Show, aber auch den “NightWash Club” in 14 Städten, wo wir ein Mal im Monat regelmäßig spielen. Damit schaffen wir eine Nachfrage, einen Ort, wo Talente auftreten können. Das wissen viele und bewerben sich bei uns. Wenn ich zum dritten Mal höre, dieser oder jener Künstler sei eine Granate, dann rufen wir auch mal von uns aus an. Am Telefon habe ich oft schon ein genaueres Gefühl was ich mit ihm oder ihr machen könnte. Gegebenenfalls lassen wir sie oder ihn in der NighWash-Llive-Show auftreten, dann übernehmen wir sie oder ihn in die Nightwash Clubs, dann kommt die TV-Show. Das ist unser Dreistufenplan.
Gibt es ein Thema, eine Spezies, einen Freak, der als Comedian noch nicht da war?
Ich glaube, es kommt immer wieder ein Thema, mit dem wir nicht rechnen. Mir fehlt dabei in Deutschland ein Mentortum und der Glaube an die Jugend. Ich bekomme manchmal mit, dass die Jungen gedisst werden. Da hört man immer wieder: Das ist alles billig und niveaulos was die machen, denen geht es nur ums Geld, denen fehlt die Botschaft. Das sind extrem gefährliche Pauschalaussagen. Es werden immer die Jungen sein, die nachkommen und uns verblüffen werden.
Vielleicht kommen die Einwände, weil sich diese Generation von Komikern nicht derart legitimieren muss wie ihre Vorgänger.
Aber genau das haben die Älteren ja geleistet, sie haben bewiesen, dass das ein ganz normaler Job ist. Jetzt tritt die Nachfolgegeneration in ihre Fußstapfen, und es wird über sie hergezogen. Da stimmt doch was nicht. Viele haben offenbar Angst, dass die Jüngeren ihnen die Töpfe wegnehmen. Es geht doch darum, Künstler langsam aufzubauen, ihnen Chancen zu geben und sie vor der Gefahr der Schnelllebigkeit des Fernsehens zu schützen. Wenn heute einer gut ist, stürzen sich gleich 97 Agenturen auf ihn, katapultieren ihn in anderthalb Jahren in ungekannt Höhen – wie will der da auf dem Teppich bleiben? Irgendwann stellt er fest: Es gibt auch noch ein Leben in 3 Jahren
Können die Comedians vom Musikgeschäft lernen?
Ja, das Musikgeschäft hat uns vieles vorgelegt. Vor allem die Schnelllebigkeit. Aber gute Comedy verlangt zum Teil noch mehr Eigeninitiative als Musik. Ein Comedian muss sich zunächst mit sich selbst auseinandersetzen, einen Text schreiben, kreativ werden. Ich höre dann und wann abschätzige Kommentare über diesen Beruf – ich denke dann: Dir muss es ja nicht gefallen, aber es ist immer noch besser, Comedy zu machen, als Leute zu verprügeln.
Als Resozialisierungsmaßnahme?
Ja! Auch wenn er nicht lustig ist. Aber er leistet immerhin kreative Arbeit.
Und bekommt promptes Feedback.
Das ist das Harte am Lustigsein. Wenn du da oben stehst und du merkst, da lacht im Moment aber auch gar niemand. Unvergessene Momente!
Wie fühlt sich das an?
Nicht gut. Und gibt es nur eins: Kämpfen. In den Momenten bin ich immer froh, dass ich doch auch eine Rampensau bin. Ich kämpfe dann um das Publikum. Seit ich auch solo unterwegs bin, muss ich ihnen um so mehr beweisen, dass ich lustig sein kann. Häufig sehe ich zu Beginn der Show, wie mir Leute mit verschränkten Armen gegenüber sitzen und sich innerlich fragen: Der ist doch Moderator, kann der auch lustig sein? Eine Zeitlang hab ich mir das selbst nicht mehr zugetraut. Umso schöner, dass mein Solo-Programm jetzt durchaus abgeht.
Wenn Sie auf Tour gehen: Freuen Sie sich, Köln zu verlassen? Diese Stadt voller kleiner Comedians?
(lacht) Ich bin gerne in Köln. Aber ich bin gern auch mal draußen.
Wo liegt eigentlich Straelen?
Straelen… Hm. Normalerweise kenne ich die Karte von Deutschland auswendig… Oha. Liebe Straeler! Das tut mir gerade sehr leid.
Das ist ein Ort, in dem Sie auftreten. Stellen Sie sich auch auf kleines Publikum ein?
Klar. Man muss unterscheiden: NightWash läuft sehr gut. Solo muss ich schon eher kämpfen – man geht eben eher zum Künstler als zum Moderator. Das war im letzten Jahr schon ein schwieriger Weg, aber jetzt hat es deutlich angezogen. Langsam spricht sich rum, dass ich was zu erzählen habe. Und ich will, dass die Leute, inklusive mir, den Arsch mal wieder hochbekommen. Ganz im Geiste von Jürgen Klinsmann.
Mit Klinsmann haben Sie gemeinsam, dass Sie in den USA geprägt wurden, Sie haben dort Tanzen und Schauspielen gelernt und den Geist der Stand-Up-Kultur in sich aufgesogen. Packt Sie manchmal die Sehnsucht, wieder aus deutschen Realitäten auszubrechen?
Ziemlich häufig sogar, ja. Aber ich sitze jetzt nun mal hier. Ich habe hier Dinge aufgebaut. Da bin ich in einem Dilemma gefangen: Einerseits fange ich gern neue Projekte an, andererseits war ich Langstreckenläufer und weiß, dass man Aufgaben zu Ende führen muss. Durch den Zusammenschluss mit Brainpool habe ich zusätzlich Verantwortung übernommen.
Der Zusammenschluss mit Brainpool bedeutet: Das Unternehmen hat Ihre Produktionsfirma zu einem Großteil aufgekauft. Wo liegen jetzt Ihre Aufgaben?
Wie der Name „Brainpool Live Entertainment“ nahe legt, kümmere ich mich im Wesentlichen um das Live-Geschäft. Um Scouting, Booking, Management unserer Künstler und neuer Talente. Uns geht es um neue Formate, neue Künstler, aber auch um einen Arbeitsethos, um Langfristigkeit. Entscheidend ist der Qualitätsgedanke. Da sind Künstler wie Dieter Hildebrandt, Otto, Jochen Busse große Vorbilder: Sie sind Könner, sie haben ein überragendes Handwerk, haben sich jahrelang gehalten – da wollen wir unsere Leute hinführen.