
Ja. Ich bin leider immer sehr früh unterwegs. Jetzt im Januar fange ich morgens um neun an.
Ich habe gehört, dass man Sie nicht mehr Knacki nennen soll, stimmt das?
Ja und nein. Wenn ich angekündigt werde, wenn mein Name irgendwo geschrieben steht, bin ich in Zukunft Klaus-Jürgen. Aber wenn mich jemand im Gespräch “Knacki” nennt, hab ich kein Problem damit.
Das wird noch ein paar mal passieren.
Das wird passieren, es stört mich auch nicht. Ich heiße ja so, seit ich fünf Jahre alt bin. Aber Leute, die mir jetzt zum ersten Mal begegnen und im Gespräch gegenübersitzen, wissen oft nicht, wie sie mit mir reden sollen. Die sind verwirrt darüber, ob Sie mich nun siezen oder “Du, Knacki Deuser” sagen sollen. Wenn ich, was ich häufig mache, eine wichtige Konferenz leiten oder moderiere, und komme als Knacki rein, passt was nicht. Ich heiße halt Klaus-Jürgen. Das ist ne neue Überschrift.
Will Herr Deuser seriöser werden?
Ich hab “Knacki” ja nie als Künstlername gesehen. Ich hieß immer so. Ich musste den Namen nur unzählige Male erklären, hab was von bewaffneter Steuerhinterziehung erzählt, aber den Witz hat man nicht verstanden. Ich versuche jetzt, es den Leuten leichter zu machen, mit mir zu reden. Sie müssen sich an Klaus-Jürgen gewöhnen.
Sie geben eine Marke auf.
Ich will meinen Job ja auch noch in 20 Jahren machen und ob dann der Name Knacki wirklich noch richtig ist, weiß ich nicht. Und ich bin auch kein solcher Superstar, als dass mit der Namensänderung eine ganzer Markt zusammenbricht. Der Schwerpunkt soll sowieso der Name Deuser sein. Soviele Deusers gibt es ja nicht in unserem Business, das Deuserband mal ausgenommen.
Sie bezeichnen sich als Entertainer. Das ist ein Begriff, den sich auch Hochzeits-Alleinunterhalter auf die Fahnen schreiben. Was unterscheidet einen guten Entertainer von einem Hanswurst?
Entertainer ist das richtige Wort, es wird bei uns aber oft falsch wahrgenommen. Es ist eine Jobbezeichnung. Er unterhält Leute. Vielleicht hätte ich vor einiger Zeit einen anderen Begriff wählen sollen, wenn ich schlau wäre, würde ich mich “Kabarettist” nennen. “Komischer Kabarettist”. “Entertainer” war mal eine Trotzreaktion. Wenn man mir den Begriff nun vorhält, muss ich das ertragen.
Grenzen Sie Ihren Qualitätsbegriff ein: Was muss ein Entertainer leisten können?
In erster Linie muss er drei Eigenschaften aufweisen: Leidenschaft, Handwerk und Haltung. Handwerk heißt: Man sollte schon ein paar Dinge auf der Bühne können: Reden, sich bewegen, Bühnenpräsenz. Leidenschaft: Ohne ein gewisses Feuer in sich hat man keinen Erfolg. Und ohne Haltung zur Welt und zum Leben kann man nicht wirklich lange auf der Bühne überleben.
Wie lange begleitet Sie diese Frage? Vor Ihrer Fernsehkarriere standen Sie einige tausend Stunden auf der Bühne.
Ja, ich habe in den Achtzigern angefangen - da gab es keine Fernseh-Orientierung, da waren nur Otto, Loriot und ein paar Sketche. Es lag Politik in der Luft. Ich kam aus einer Welt, in der es einen Kampf gab zwischen Liedermachern, literarischen Kabarettisten der alten Schule, und einer neuen, anarchistischen Bewegung, stark geprägt durch die Fools-Bewegung aus Holland. Die großen Fragen lauteten: Wie verhalten wir uns zur Volkszählung, zur Anti-AKW-Bewegung, ist es überhaupt korrekt, lustig zu sein? Man war sofort suspekt, wenn man Leute einfach nur gut unterhalten wollte.
Sie mussten sich legitimieren?
Man musste sich die Frage stellen lassen, ob man als Clown überhaupt wert sei, vor Publikum aufzutreten. Aus diesem Aspekt heraus habe ich den Begriff “Entertainment” provokant gewählt: Ich behauptete, rauszugehen, Leute zum Lachen zu bringen, sei an sich schon eine Qualität. Viele waren damals so verbiestert, dass ich einfach Lust hatte, bekloppt über die Bühne zu kriechen. Jetzt hat sich soviel in der Welt geändert, dass ich mir selber öfters die Frage stelle, ob der Lacher des Lachers wegen genügend Legitimation ist. Wahrscheinlich werde ich nur alt.
Hat sich Kabarett, Stand-Up-Comedy, entpolitisiert, weil die großen Themen fehlen?
Ja. Ich glaube aber an Zyklen. Ich hoffe, es gibt ein paar schlaue Künstler, die den Weg zurück finden. Zurück auch zur Satire. Je freiheitlicher die Gesellschaft ist, desto schwieriger kann es sein, die großen Themen zu finden - vielleicht muss man dafür auch mal dankbar sein. Aber wir finden die Themen langsam wieder. Mindestlohn. Migration. Jugendkriminalität. Roland Koch.