Schauen wir uns die Vorgängerformate am Freitagabend an – dann ist es ja fast eine Lebensentscheidung, Hauptfigur in einer solchen Serie zu werden. Wo liegt die Halbwertszeit für den „Kriminalisten“?

Das ist schwer in Zeit zu fassen. Um es anders zu beantworten: Was mich in den letzten Jahren in Nordamerika beeindruckt hat, ist das Heranwachsen neuer Serien. Viele Kreative, insbesondere überragende Autoren, sind zum Fernsehen gegangen – und plötzlich existieren wunderbare TV-Stoffe. Mein Wunsch ist, mit dem Kriminalisten eine Heimat für ambitionierte Regisseure und Autoren zu schaffen, die sich hier einbringen können, ohne Fließbandarbeit zu machen, ohne langfristige Arbeiten aufgeben zu müssen. So mache ich es auch.

Bei Ihnen stehen 2008 der Spike-Lee-Film „Miracle at St. Anna“ an, die Premiere des deutsch-dänischen Films „Flame & Citron“, und von „Mogadischu“. Nicht zu vergessen: Die Premiere des heißdiskutierten Films „Walküre“, in dem Sie an der Seite von Tom Cruise spielen. Wie haben Sie den Dreh erlebt, wie störend war das Theater am Rande?

Nicht besonders störend. Die Amerikaner sind sehr professionell im Fernhalten von Geschichten und Gerüchten. Der Drehort ist sehr geschützt. Natürlich haben wir die Auseinandersetzung zum Bendler-Block mitbekommen, wir haben ja erst sehr spät erfahren, dass wir rein dürfen. Es war beeindruckend, wie es nach dem klaren Nein dann doch noch möglich gemacht wurde, dort zu drehen. Andere hätten längst aufgegeben.

In der Zwischenzeit wurde Tom Cruise zum liebsten deutschen Hollywoodstar, beglückte die Bambi-Verleihung mit einer länglichen Rede und dem Gruß ans „geheiligte Deutschland“. Was ist das für ein seltsamer Typ?


Vorab: Ich habe noch nie erlebt, dass jemand so stark mit einem Medienbild konfrontiert wird. Ich habe jüngst „The Queen“ von Stephen Frears gesehen, daher ist mir Diana gerade präsent. Ein vergleichbarer Fall: Es gibt sehr wenige Menschen, deren Leben so stark unter Beobachtung steht, bei der die Wechselwirkung nicht mehr genau zu bestimmen ist. In seiner Umgebung herrscht eine mediale Dynamik, der man sich nicht entziehen kann. Ihm gegenüberzustehen, und ihn unvoreingenommen kennen zu lernen, scheint unmöglich. Ich habe aber zunächst zwei Dinge an ihm festgestellt: Erstens ist er gar nicht so klein (lacht). Zweitens: Das Wort „Scientology“ ist am Set kein einziges Mal gefallen. Wir haben viel miteinander gesprochen, und jedes Gespräch war frei von Indoktrination. Wir waren mal abends essen, und als wir um 3 Uhr aus dem Lokal kamen, standen da 15 Kameraleute, die 7 Stunden vor der Tür ausgeharrt hatten. Dafür, dass er rund um die Uhr unter diesen Bedingungen lebt, ist Cruise recht normal. Er ist filmbegeistert und liebt diesen Beruf wie sehr wenige Menschen – schon deshalb haben wir uns sehr gut verstanden.

Sie haben also vieles ausgeklammert?


Nein, ich habe nichts ausgeklammert! Ich klammere Gerüchte aus!

Aber die Bambi-Rede mussten Sie sich ja auch anhören. Diese obskure, wirre Mystik.

So genau kenne ich den Inhalt der Rede nicht. Aber wenn jemand, der sonst nicht besonders in der Schusslinie steht, eine Rede mit mystischen Untertönen hält, dann findet man das okay. Ich will nicht wissen, was man mir alles andichten könnte, wenn man mich ansatzweise so unter die Lupe nähme wie Tom Cruise.

Sie haben von einer Wechselwirkung gesprochen: Nicht jeder Weltstar, der unter dieser Lupe lebt, inszeniert seine Weltanschauung und seine Beziehungen in dieser Form.

Ich finde die Reaktion auf ihn übertrieben bis hysterisch.

Ich spreche natürlich von Eindrücken, die durch mehrere mediale Verwertungsstufen gereicht werden. Einer davon war, dass Tom Cruise und Katie Holmes sich sehr oft knutschend zeigen mussten, um zu demonstrieren, wie unglaublich happy sie miteinander seien.

Es bleibt ein Zusammenspiel der Faktoren. Es ist auch nicht mein Thema, wie er lebt. Wir haben bei der Arbeit an „Walküre“ jemanden erlebt, der alles daran setzt, die Bedingungen für einen guten Film zu schaffen, der viel Energie darauf verwendet, dass es jedem in seinem Arbeitsumfeld gut geht - mit dem Ziel, optimale Leistung zu erzielen. Als Studiochef muss er auch eine Balance zwischen seiner Verantwortlichkeit und dem Freiraum des Teams finden, die richtigen Momente wählen, um einzugreifen. Das leistet er in imposanter Weise.

Sie verkörpern Stauffenbergs Freund und Miteingeweihten Albrecht Mertz von Quirnheim. Eine weitere historische Rolle, in der wir Sie in diesem Jahr erleben werden, ist die von Altkanzler Helmut Schmidt. In ihn mussten Sie sich in besonderer Weise hineindenken; rauchend und Cola trinkend.

Ich dachte eigentlich, ich könnte beim Dreh Kräuterzigaretten rauchen. Dann standen wir am Set, und die Kräuterzigaretten hatten gelbe Filter. Schmidt hat aber Reno geraucht – mit weißen Filtern. Man hätte jeden Filter mit Zigarettenpapier umwickeln können, aber das war bei der Menge von Kippen in der kurzen Zeit nicht machbar. Ich hab dann echte Zigaretten geraucht, weil ich noch nicht wusste, dass es 80 Stück am Tag würden.

Auf diese Menge kommt man, wenn man die Zahl der Zigaretten von einem Fernsehinterview Schmidts hochrechnet.


Ja, er zündet sich ja in Interviews manchmal die eine Zigarette mit der anderen an. Aber dieser Aspekt an ihm ist sehr wichtig. Die Zigarette als eine Verlängerung seines Körpers. Gut, dass das Rauchen in fiktionalen Programmen noch nicht verboten worden ist.