Bereits zum 5. Mal ist das Medienmagazin DWDL.de vor Ort in Los Angeles und schaut sich ebenso wie die TV-Einkäufer aus aller Welt die neuesten Serien-Piloten der Hollywood-Studios an. Nach Tagen beinahe endloser Screenings dutzender Serien-Piloten und mit fast viereckigen Augen fassen wir im Folgenden die aus unserer Perspektive wichtigsten Eindrücke der Screenings zusammen, bevor Anfang kommender Woche die Einschätzungen der deutschen Programm-Einkäufer folgen. Nun aber unsere 13 Dinge, die Sie über die diesjährige TV-Woche in LA wissen sollten.
1.) Die LA Screenings 2015 - ein guter Jahrgang
"Dass heute jeder alles zu jeder Zeit und von jedem Ort aus anschauen kann, heißt ja noch nicht, dass er auch alles anschaut - im Gegenteil", auf diesen Nenner brachte es Peter Roth, President der Warner Bros. Television Group bei den diesjährigen Screenings. Weil immer mehr Konkurrenten um die kostbare Zeit der potentiellen Zuschauer buhlen, ist der Wettbewerb um die besten TV-Serien noch härter geworden - und das hat der Qualität der Serienpiloten in diesem Jahr spürbar gut getan. Nach einer Woche "Binge-Watching" der besonderen Art in Los Angeles, quer durch alle möglichen Genres und Produktionsstudios bei den LA Screenings lässt sich festhalten: Für Serienfans ist es ein guter Jahrgang. Geschmäcker sind natürlich verschieden, aber schockierende Totalausfälle gab es nicht. Allerdings bedeutet das nicht zwangsweise, dass das gezeigte Serienangebot auch zu den Wunschlisten der deutschen Privatsender passt, die bekanntlich vor allem Ausschau nach Serien mit abgeschlossener Episodenhandlung halten.
2.) Der nächste Comedy-Hit lässt auf sich warten
Insbesondere ProSieben sucht zudem nach einem neuen Sitcom-Hit. Doch für die US-Networks gehört Comedy zu den Genres, die zuletzt Kopfzerbrechen bereitet haben. Die Folgen: Mit NBC und CBS haben gleich zwei der vier großen Networks ihre Sendezeit für Sitcoms deutlich gekürzt. Besonders augenfällig bei den Screenings in diesem Jahr: Warner Bros. - wo unter anderem Hits wie "The Big Bang Theory" und "Two and a half Men" entstanden sind - hat in diesem Jahr keine einzige neue Sitcom verkauft. Deutlich mehr kommt von Universal, doch Hauptabnehmer NBC spart fast alle Comedys auf bis Anfang 2016. Trotzdem gibt es auch im Herbst schon Witziges zu sehen. "The Real O'Neals" (ABC Studios) ist eine Serie über eine katholische US-Kleinstadt-Vorzeige-Familie, bei der sich ein Sohn als schwul, eine Tochter als Diebin und die Eltern als vor der Scheidung stehend entpuppen. Herzerwärmend ist auch John Stamos, der in "Grandfathered" (ABC in Koproduktion mit Fox) binnen 5 Sekunden vom Lebemann zum Großvater wird - ob diese Geschichte allerdings für mehr als wenige Folgen taugt, sei mal dahingestellt. Im klassischen Multicamera-Stil mit der unvermeidlichen "Belachung" präsentiert sich "Dr. Ken" (Sony Pictures Television). Die Pilotfolge war tatsächlich mit vielen lustigen Sprüchen gespickt - allerdings fehlt hierzulande Hauptdarsteller Ken Jeong hierzulande die Popularität.
3.) Einsames Comedy-Highlight: "The Muppets" (ABC Studios)
Das Screening, das für die vielleicht meisten Lacher gesorgt hat, war das der neuen "Muppets"-Serie - und das, obwohl es gar keinen vollständigen Piloten, sondern nur einen rund zehnminütige Clip zu sehen gab. Da dieser davon handelte, wie Kermit, Miss Piggy, Fozzie und Co. auf die neue Show reagieren und dementsprechend mit Gags über die TV-Branche gespickt war, lässt sich leicht erklären, wieso er bei einem Publikum aus ebendieser Branche so gut ankam. Gehalten ist die neue Serie im Mockumentary-Stil - und wenn die Serie nur ansatzweise halten kann, was diese ersten 10 Minuten versprachen, dann ist es ein Segen, dass die "Muppets" ihren Weg zurück ins Fernsehen gefunden haben.
4. ) Alles schonmal dagewesen: Remakes als Megatrend
Nicht nur die "Muppets" waren schonmal da, auch sonst holten sich die Kreativen ihre Ideen in diesem Jahr allzu häufig aus dem Archiv. "Akte X" wird neu aufgelegt, die "Heroes" werden "Reborn", "Minority Report" wird weiter erzählt, selbst die eher mittel-bekannte Sitcom "Coach" kommt nach 18 Jahren zurück, für "Uncle Buck" (ABC) wurde der John-Candy-Film zur Serie umfunktioniert, "Game of Silence" (Sony für NBC) basiert auf einer türkischen Serie, "Limitless" (CBS) auf dem in Deutschland wenig bekannten Film "Ohne Limit", "Rush Hour" auf der gleichnamigen Film-Reihe mit Jackie Chan. Das muss nichts Schlechtes sein. Warners "Rush Hour" etwa konnte beispielsweise durch das sehr gut funktionierende Duo John Foo und Justin Hires und mit starken Sprüchen punkten beim Screening in LA. Vor allem wenn man bedenkt, dass neben Remakes auch Spin-Offs ("Chicago Med", "Criminal Minds: Beyond Borders", "Legends of Tomorrow") eine große Rolle spielten, wünschen wir uns für das kommende Jahr schon einmal wieder mehr originäre Ideen.
5.) Weiter im Trend: Starke Frauen
Mit "Scandal" und Kerry Washington hat sie den Trend ausgelöst, mit "How to get away with Murder" und Viola Davis hat sie im vergangenen Jahr erneut einen Megahit gelandet und auch für die kommende Saison liefert Shonda Rhimes wieder eine Serie mit einer starken Frau im Mittelpunkt: "The Catch" (ABC Studios). Ganz so einfach zugänglich wie "How to get away with Murder" ist die neueste Serie aus Shondaland vielleicht nicht - doch im Laufe des Piloten entwickelt auch "The Catch" die bekannten Shonda-Rhimes-Stärken. Mireille Enos spielt darin Alice Martin, eine toughe Ermittlerin in Betrugsfällen - und muss kurz vor ihrer anstehenden Hochzeit feststellen, dass sie selbst einem Heiratsschwindler auf den Leim gegangen ist, der ihr gesamtes Bankkonto leer geräumt hat. Die Serie verbindet den Fall der Woche mit dem Katz-und-Maus-Spiel, das sich zwischen Alice und ihrem Ex-Verlobten entwickelt. Starke Frauen gibt's aber auch anderswo. Sei es bei "Blindspot" (Warner), wo Jaimie Alexander eine zunächst zwar eingeschüchterte Frau spielt, die mit Tattoos übersät auf dem Times Square gefunden wird, schnell aber zeigt, dass sie mehr als nur ein Opfer ist. Und dann ist da natürlich auch "Supergirl" (ebenfalls Warner) zu nennen, die dem wachsenden Superhelden-Genre mit Melissa Benoist eine der raren weiblichen und noch dazu im Piloten sehr sympathischen Hauptfiguren hinzufügt.
6.) Superkräfte, überall Superkräfte
Überhaupt bleibt das Superhelden-Genre eines der derzeit angesagtesten - und das liegt vor allem daran, dass Warner aus dem DC-Comics-Universum immer neue Serienstoffe entwickelt. Neben "Supergirl" bringt The CW Anfang 2016 mit "DC's Legends of Tomorrow" noch einen weiteren Serien-Ableger an den Start, der bereits bekannte Figuren aus den beiden Serien "Arrow" und "The Flash" vereinigt. Zu sehen gab es davon beim Warner-Screening über einen kurzen dreiminütigen Trailer hinaus auch für Einkäufer jedoch noch nichts. Ein bisschen bitter für Warner: Mit "Supergirl" (bei CBS) und "Gotham" (bei Fox) müssen im Herbst zwei der DC-Serien im direkten Duell gegeneinander antreten. Bei Disney übrigen betonte man zwar die Bedeutung des Marvel-Universums für das Kino-Portfolio. Doch bei TV-Serien bleibt es bei "Agents of S.H.I.E.L.D." und einer fast etwa überraschenden Fortsetzung von "Agent Carter" - in diesem Jahr zumindest.