Herr Shyamalan, die erste Folge von „Wayward Pines“ eröffnet ein großes Mysterium. Sehen Sie mir nach, dass ich nach mancher enttäuschenden Erfahrung mit anderen Serien dieses Genres skeptisch bin, ob es am Ende auch eine befriedigende Auflösung geben wird…

Es wird am Ende keine befriedigende Auflösung geben, weil wir die Entscheidung getroffen haben, das Rätsel von „Wayward Pines“ nicht erst am Ende der Staffel aufzulösen, sondern bereits mittendrin. Bei Folge 5, spätestens Folge 6 wird sich das große Mysterium klären.

Eine ungewöhnliche Erzählweise

Ja, das ist ungewöhnlich, aber wir wollten die Geheimnisse dieser merkwürdigen Stadt nicht überstrapazieren. Wie Sie schon sagen: Es geht um die Frage der Balance bei solchen Stoffen. Es ist ein schmaler Grat zwischen dem permanenten Wecken der Neugier durch immer mehr Mysterien und einer vernünftigen Auflösung. Das darf nicht kippen. Wenn Sie zu lange teasen, wächst die Gefahr, dass sie nicht zufriedenstellend auflösen können. Also verraten wir das Geheimnis zur Halbzeit der Staffel.

Und das nimmt auf halber Strecke nicht zu viel Spannung raus?

Glauben Sie mir: Wenn Sie erst einmal die Antwort auf alle Mysterien von „Wayward Pines“ kennen, wird die Serie nur umso spannender. Das ändert alles, weil das Publikum dann einen anderen Blick auf die Geschichte hat.

„Wayward Pines“ ist nach vielen Kinofilmen Ihre erste TV-Serie. War die Umstellung groß?

Die Geschwindigkeit der TV-Produktion ist unglaublich. Es gibt ja Marathon-Läufer und Sprinter. Wenn Sie einen Kinofilm drehen, dann müssen sie Marathon laufen können. Die Produktion dauert anderthalb bis zwei Jahre - für einen Film. Beim Fernsehen muss ungleich mehr Stoff abgeliefert werden und das in weit weniger Zeit. Wie machen das bloß die Produzenten, die 22 Episoden im Jahr abliefern müssen? Das ist unglaublich.

Wayward Pines© Fox

Was hat Sie an der Produktion einer TV-Serie so gereizt?

Die Herausforderung eines Films besteht darin, erst innerhalb kürzester Zeit alle Charaktere, die ganze Geschichte und die gewünschte Stimmung einführen zu müssen, nur um dann rechtzeitig all das zu einem befriedigenden Ende bringen zu können. Der Handlungsbogen ist sehr intensiv, weil er kurz ist. Das ist das Handwerk, was ich gelernt habe, seit ich ein Kind war. Bei einer Fernsehserie ist es anders. Die Pilotepisoden haben noch einen ähnlichen Druck, weil sie in kürzester Zeit überzeugen müssen. Aber wenn man einmal die Serienwelt eingeführt hat, gibt einem das Fernsehen einen viel größeren Spielraum für Geschichten.

Das klingt irgendwie erleichtert.

Da atmet man auf und hat eine künstlerische Freiheit, die es im Film nicht gibt. Nehmen wir beispielsweise mal, sagen wir, die 17. Folge von „Game of Thrones“. Oder die 18. Völlig egal. Da gibt es keinen Druck erst einmal einführen oder etwas zu Ende bringen zu müssen. Es kann alles passieren. Man kann mehr mit den Charakteren arbeiten und an ihnen arbeiten als beim Film, wo durch die kompakte Erzählung nicht viel Raum dafür bleibt. Bei einer Serie wie „Wayward Pines“ aber kann ich mit meinen Figuren arbeiten und viel mehr eingehen auf das, was sich erst im Laufe der Produktion ergibt. Das ist ein Spielraum, den es beim Kinofilm nicht gibt. Man kann sozusagen die Serie während der Produktion ihrem eigenen Rhythmus anpassen.

Wie sah das konkret aus?
 
Wir haben zunächst die ersten vier Episoden produziert, haben dann pausiert und uns angeschaut, was wir haben. Diesen Prozess der Beurteilung der eigenen Arbeit mit allen Beteiligten ist großartig. Man kann Feinjustierungen vornehmen und beispielsweise einzelne Szenen, Charaktere oder Handlungsstränge nochmal anders betonen.

Die Hauptrolle in „Wayward Pines“ spielt Matt Dillon. Wie kamen Sie auf ihn?

Wenn Sie sich meine Filme und deren Besetzung anschauen, dann tendiere ich dazu, meine männlichen Hauptrollen mit sehr prominenten Namen besetzen. Männer, die für mich schon Helden waren als ich jünger war. Bruce Willis, Mel Gibson, Will Smith oder eben Matt Dillon. Sie alle haben ein ganz bestimmtes Image im Gepäck. Sie sind bekannt als starke Typen, was für mich eine schöne Fallhöhe ermöglicht, wenn ich sie dann darum bitte, eine verletzliche Seite von sich zu zeigen.