Bevor der Abend Fahrt aufnahm, fand WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn, dessen Sender in diesem Jahr den Fernsehpreis-Vorsitz innehat, ernste Worte. Er, der in den vergangenen Wochen vor der Kamera ausführlich über die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg berichtete, sprach zunächst über den hohen Zuspruch für die AfD, insbesondere bei jungen Wählerinnen und Wählern.

"Unsere Demokratie steht vor harten Prüfungen", sagte Schönenborn und erklärte dann auch, wieso ein Thema wie dieses zu diesem Aufeinandertreffen der Fernsehbrache gehöre. "Wir haben das Privileg, dass wir mit dem was wir tun direkten Zugang zu den Köpfen der Menschen haben. Viele schenken uns jeden Tag Stunden Zeit". Dabei erinnerte er zugleich an die Verantwortung der Branche. "Mit diesem Privileg gestalten wir Werte und Wirklichkeit in dieser Gesellschaft mit"

Ganz so ernst blieb es freilich nicht an diesem äußerst stimmungsvollen Abend, der – wie schon im Vorjahr – am Vorabend der traditionellen TV-Gala in der Kölner Flora stattfand und ganz besonders für all jene gedacht war, die hinter den Kulissen auf vielfältige Weise für das Gelingen von Produktionen aller Genres sorgen. Den ersten Preis des Jahres, jenen für das beste Buch in der Unterhaltung, nahmen Raphael Selter, Schlecky Silberstein, Henriette Johnson und Jan Krebs für die ZDFneo-Comedy "Browser Ballett" entgegen. Damit war dann auch der Ton für Abend gesetzt, schließlich sollten noch vier weitere Auszeichnungen nach Mainz gehen. Etwa an Anna Kühlein, die für die ZDFneo-Horrorserie "Was wir fürchten" den Preis für die beste Musik erhielt, oder an Luise Schröder und Julian Vogel, die für ihre Kamera-Arbeit den Fernsehpreis in der Informations-Kategorie geehrt wurden.

Eine spannende Randnotiz bot der Abend übrigens mit Blick auf Netflix: Während der Streamingdienst bei der "Nacht der Kreativen" zunächst leer ausging, erhielt die btf-Produktion "Pauline" einen Preis für die beste Ausstattung in der Fiktion. Bemerkenswert ist das vor allem deshalb, weil die Serie ursprünglich für Netflix produziert werden sollte, der Streamingdienst jedoch wenige Tage vor Drehbeginn einen Rückzieher machte – wodurch der Weg für Disney+ frei war, wo man an diesem ersten Fernsehpreis-Abend nun also allen Grund zur Freude hat.

Und auch einen zweiten Preis heimste der Streamer ein: Die Auszeichnung für das beste Buch in der Fiktion erhielt nämlich Annette Hess für ihr sehenswertes Drama "Deutsches Haus". Noch bevor feststand, dass sie den Preis gewinnen würde, hatte sie bereits in einem kurzen Interview mit Esther Sedlaczek, der Moderatorin des Abends, für einen Lacher gesorgt. Auf die Frage, ob es ihr denn schwer fällt, die Kontrolle als Autorin irgendwann abzugeben, antwortete Hess: "Das fällt unheimlich schwer. Deswegen gebe ich die Kontrolle auch nicht mehr ab!" Danach erzählte sie noch sehr eindrücklich vom offensichtlich sehr nachhaltigen Schock, der sie einst ereilte, nachdem sie ihren ersten Film sah, für den sie das Buch geschrieben hatte - und in dem sie sich und ihre Arbeit so gar nicht mehr wiederfand.

Der ganze große Abend von "Der Zweiflers", der mit Abstand am häufigsten nominierten Serienproduktion des Jahres, war es übrigens noch nicht – auch wenn immerhin einer von drei möglichen Preisen an die ARD-Serie ging, konkret der Preis für die beste Kamera an Phillip Kaminiak. Bei der "Nacht der Kreativen" musste die Produktion von Turbokultur jedoch zwei Mal der Konkurrenz vom ZDF den Vortritt lassen: Einerseits Martin Menzel, der den Fernsehpreis für seine Montage im Doku-Drama "Ich bin! Margot Friedländer" hochverdient bekam, andererseits den Regisseurinnen Katja Benrath und Mia Maariel Meyer, die für die ZDFneo-Serie "Push" ausgezeichnet wurden. 

An die RTL-Gruppe ging übrigens zunächst nur ein Preis, nämlich - wie schon im Vorjahr - jener für Regisseur Mark Achterberg und seine Arbeit bei der Tanzshow "Let's Dance". Jubel in Unterföhring war hingegen gar nicht erst zu erwarten, weil kein Format von ProSiebenSat.1 in einer der Werkskategorien nominiert war. Hier wird man umso mehr auf den Mittwoch hoffen, wenn der Deutsche Fernsehpreis in die zweite Runde gehen wird - mit der großen TV-Gala in Köln-Ossendorf.

Alle Gewinnerinnen und Gewinner der "Nacht der Kreativen"

Fiktion

Beste Regie Fiktion 

  • Katja Benrath, Mia Maariel Meyer für Push (ZDFneo/Bantry Bay) 
  • Marvin Kren, Cüneyt Kaya für Crooks (Netflix/Wiedemann & Berg TV) 
  • Anja Marquardt, Clara Zoë My-Linh von Arnim für Die Zweiflers (ARD/hr/Degeto/Turbokultur) 

Bestes Buch Fiktion 

  • Luisa Hardenberg für Push (ZDFneo/Bantry Bay) 
  • Annette Hess für Deutsches Haus (Disney+/Gaumont) 
  • Marc O. Seng für Blindspot (ZDF/Network Movie) 

Beste Kamera Fiktion 

  • Christian Alvart, Christian Huck für Oderbruch (ARD/Degeto/Syrreal Entertainment/CBS) 
  • Henner Besuch für Die Quellen des Bösen – Jagd nach dem Runen-Mörder (RTL+/Wüste Medien)
  • Phillip Kaminiak für Die Zweiflers (ARD/hr/Degeto/Turbokultur) 

Beste Montage Fiktion 

  • Vincent Assmann, Aurora Franco Vögeli für Die Zweiflers (ARD/hr/Degeto/Turbokultur) 
  • Linda Bosch für Was wir fürchten (ZDFneo/Bavaria Fiction) 
  • Martin Menzel für Ich bin! Margot Friedländer (ZDF/UFA Documentary) 

Beste Musik Fiktion 

  • Dascha Dauenhauer für Deutsches Haus (Disney+/Gaumont) 
  • Anna Kühlein für Was wir fürchten (ZDFneo/Bavaria Fiction) 
  • Liam Mour für Boom Boom Bruno (Warner/Odeon Fiction) 

Beste Ausstattung Fiktion 

  • Lea Fumy-Schleef, Uta Materne (Production-Design) für Pauline (Disney+/btf - bildundtonfabrik)
  • Ralf Schreck (Szenenbild), Mirjam Muschel (Kostüm) für Gute Freunde – Der Aufstieg des FC Bayern (RTL+/UFA Fiction)
  • Anette Schröder (Kostüm) für Legend of Wacken (RTL+/Florida Film) 

Information

Beste Kamera Information/Dokumentation

  • Luise Schröder, Julian Vogel für Einzeltäter (ZDF/Das Kleine Fernsehspiel/CORSO Film)
  • Peter Thompson, Anton Elchaninov, Florian Ledoux für Terra X: Die Arktis – 66,5 Grad Nord (arte/ZDF/colourFIELD)
  • Nikolai von Graevenitz, Antonia Lange für Wachtendonk (RTL+/The Thursday Company)

Beste Montage Information/Dokumentation

  • Janine Dauterich, Chris Wright für Der Fall Jens Söring: Tödliche Leidenschaft
    (Netflix/Fruitmarket)
  • Kim Frank für ECHT – Unsere Jugend (ARD / SWR / ARD Kultur / MDR / NDR / rbb / BR / Radio Bremen / Kim Frank Produktion)
  • Annette Muff für Capital B – Wem gehört Berlin? (arte/rbb/WDR/Port au Prince / Fruitmarket)

Unterhaltung

Beste Regie Unterhaltung 

  • Andrea Achterberg für Frag doch mal die Maus (ARD/WDR/Ansager & Schnipselmann) 
  • Mark Achterberg für Let‘s Dance (RTL/Seapoint/BBC Studios) 
  • J. Patrick Arbeiter für Lass dich überwachen! (ZDF/Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld) 

Bestes Buch Unterhaltung 

  • Raphael Selter, Schlecky Silberstein, Henriette Johnson und Jan Krebs für Browser Ballett: Brüste des Terrors (4), Mein bester Freund wählt AfD (5), Der KI-Kollege (6) (ZDFneo/Steinberger Silberstein)
  • Torsten Sträter für Sträter (ARD/WDR/Prime Productions)
  • Dietrich Krauß, Max Uthoff, Claus von Wagner für Die Anstalt - Nahost-Konflikt, Moral und der Weihnachtsmann (ZDF/redspider networks) 

Beste Ausstattung Unterhaltung 

  • Bode Brodmüller (Set-Design), Adriano Ciarrettino (Requisite) für Die Teddy Teclebrhan Show (Prime Video/Leonine Studios/KOFBELU)
  • Michael König (Set-Design) für Lass dich überwachen! (ZDF/Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld)
  • Florian Wieder, Per Arne Janssen (Set-Design), Paola von Griesheim (Requisite) für Let's Dance (RTL/Seapoint/BBC Studios) 

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