Man muss bis ins Jahr 2011 zurückgehen: Damals entschied die rheinland-pfälzische Medienanstalt LMK, bei der Sat.1 damals lizenziert war, die begehrten Drittsendezeiten bis 2018 erneut an die gleichen Bewerber wie eh und je zu vergeben: dctp und News and Pictures. Das löste eine ganze Lawine an rechtlichen Streitigkeiten aus. Die unterlegenen Bewerber gingen gegen die Entscheidung vor und bekamen recht, sodass die LMK das Verfahren wiederholen musste - und wieder zum gleichen Entschluss kam.
Sat.1 ging noch einen Schritt weiter und klagte nicht nur gegen diese Entscheidung, sondern wechselte im Ärger über die LMK kurzerhand auch noch die Medienanstalt. Die neue Lizenz wurde bei der MA HSH beantragt, wogegen wiederum die LMK vergeblich vorging. Zugleich argumentierte Sat.1, dass man sich eigentlich gar nicht mehr verpflichtet sehe, überhaupt Sendezeit für unabhängige Dritte anzubieten und verwies darauf, dass Sender und Sendergruppe angesichts gesunkener Marktanteile inzwischen gar nicht mehr über der entsprechenden Marktanteilsschwelle lägen. Die LMK wiederum vertrat den Standpunkt, dass dafür nur der Beginn des Verfahrens im Jahr 2011 entscheidend sei - und da lag ProSiebenSat.1 noch über dieser Hürde.
In letztem Punkt setzte sich die LMK nun vor dem Verwaltungsgericht Neustadt in einer Eilentscheidung durch. Zugrunde gelegt werden müssen demnach die Zuschaueranteile zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung. Dementsprechend bleibt Sat.1 bis 2018 weiterhin verpflichtet, pro Woche 180 Minuten Sendezeit für unabhängige Dritte zur Verfügung zu stellen und deren Sendungen zu finanzieren. Und trotzdem geht die LMK nicht komplett als strahlender Sieger vom Platz.
Denn das Verwaltungsgericht urteilte zugleich, dass der sogenannte "Sofortvollzug" der Vergabeentscheidung für die Drittsendelizenz, bei der es keine Verständigung zwischen Sat.1 und der LMK gab, wegen "Mängeln bei der Ermittlung programmlicher Defizite und bei der Krterienbildung" aufgehoben wird. De facto heißt das: News and Pictures kann die Drittsendelizenz erstmal nicht mehr nutzen. Das Gericht räumte lediglich eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2014 ein. Nach diesem Zeitpunkt ist Sat.1 nach derzeitigem Stand nicht mehr verpflichtet, "Planetopia" und "Weck up" auszustrahlen. Dort lacht man sich ins Fäustchen: Mit im Schnitt nur 5,1 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe ist "Planetopia" nicht gerade ein Quotengarant am Montagabend.
Offiziell heißt es bei Sat.1 dazu: "Das Verwaltungsgericht Neustadt erkennt wesentliche Verfahrensfehler bei der Drittsendezeitvergabe. Damit bestätigt das Gericht die Rechtsansicht von Sat. 1. und beschließt konsequenterweise eine teilweise Aussetzung der Drittsendezeitprogramme. Wir prüfen nun in Ruhe die Entscheidungsgründe und bewerten danach unser weiteres Vorgehen."
Über das weitere Vorgehen bereits entschieden hat hingegen die LMK. Sie hat angekündigt, vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einzulegen, um den Sofortvollzug wiederherstellen zu lassen, sodass "Planetopia" auch bis mindestens zum Abschluss des Hauptverfahrens auf Sendung bleiben kann. Die Medienhüter geben sich siegessicher: "Die angeblichen Mängel (...) werden sich überzeugend widerlegen lassen. Die Verpflichtung des Rundfunkstaatsvertrages zur Einräumung von Drittsendezeit dient der Sicherung der Meinungsvielfalt im Rundfunk. Deshalb kann es nach Ansicht der LMK nicht hingenommen werden, dass entgegen festgestellter Verpflichtung nur ein Teil der Drittsendezeit zur Verfügung steht."
Keine Auswirkungen hat die Eilentscheidung des Gerichts unterdessen für den zweiten Nutznießer der Drittsendezeit-Regelung dctp, die "Spiegel TV Reportage" bzw. "Focus TV Reportage" sowie "News and Stories" beisteuern. Sat.1 und die LMK hatten hier bereits eine Verständigung erreicht, die unangetastet bleibt.