Nur Stunden bevor Hannelore Kraft den neuen rot-grünen Koalitionsvertrag unterzeichnete, skizzierte sie zum Auftakt des Medienforums NRW am Montagvormittag in Köln ihre Leitlinien für die Medienpolitik des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Und dabei hatte sie letztlich für alle Medien-Gattungen ein Zuckerchen dabei, allen voran widmete sie sich aber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Kraft hält dabei wenig davon, die Möglichkeiten von ARD und ZDF im Web immer stärker zu beschränken, wie es von Seiten der Verleger und der privaten Konkurrenz immer wieder gefordert wird.
Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei laut Bundesverfassungsgericht dynamisch zu verstehen - somit habe er also nicht nur eine Bestands-, sondern auch eine Entwicklungsgarantie. Da man die junge Generation immer schlechter im Fernsehen erreiche, müsse diese eben im Internet "abgeholt" werden. Daher werde NRW im Länderkreis eine Initiative ergreifen, mit der die Telemedienangebote von ARD und ZDF gestärkt werden sollen.
Ein konkreter Punkt dabei ist auch die Pflicht für ARD und ZDF, viele der Angebote nach sieben Tagen wieder aus den Mediatheken und sonstigen Internet-Angeboten zu löschen. Diese Regelung sei "nicht einleuchtend", so Kraft. Beitragszahler sollten die Angebote jederzeit und überall abrufen können. "Das sage ich auch als Nutzerin, die es nicht immer schafft, interessante Angebote innerhalb von sieben Tagen abzurufen."
Gleichzeitig spricht sich Kraft allerdings auch dafür aus, die Zahl der Sparten-Ableger von ARD und ZDF zu verringern. Diese Angebote müssten neu justiert werden. Die ARD hat sie dabei ohnehin bereits auf ihrer Seite: Die ARD-Vorsitzende Monika Piel hat schon vor einiger Zeit angekündigt, Gespräche mit den Ministerpräsidenten aufzunehmen, an deren Ende wohl die Reduzierung auf nur noch zwei Kanäle - EinsExtra und einem aus Einsfestival und EinsPlus hervorgehenden Kanal für Jüngere - stehen dürfte.
Doch Hannelore Kraft vertrat neben der Rückenstärkung für ARD und ZDF auch Positionen, die ihr Beifall aus der Ecke der anderen Mediengattungen brachte. So sprach sie sich dafür aus, die "hohe Regelungsdichte" für Privatsender zu verringern. Die viel diskutierte "Anreizregulierung" solle statt immer neuer Verbote und Gesetze künftig greifen. Es gab allerdings auch Kritik an ProSiebenSat.1, die jüngst die Sat.1-Lizenz in Hamburg statt wie zuvor Rheinland-Pfalz beantragt haben, nachdem man mit der dortigen Vergabe der Drittanbieter-Plätze unzufrieden war.
"Es kann meines Erachtens nicht sein, dass die Länder in der Regulierung durch eine Art 'Lizenz-Tourismus' gegeneinander ausgespielt werden", so die NRW-Ministerpräsidentin. Begegnen müsse man dem, indem die Zuständigkeiten für bundesweite Sachverhalte "klar bei einer 'Medienanstalt der Länder'" bündle. Ganz abschaffen will Kraft die einzelnen Landesmedienanstalten aber nicht. Sie sollen sich jedoch nur noch um lokale und regionale Fragen kümmern.
Und auch die Verlage bedachte Kraft dann noch mit einigen Worten, die man dort gern hörte. Die Vorschläge zur Novellierung des Pressefusionsrecht, das Fusionen unter Verlagen erleichtern soll, gehen Kraft nicht weit genug. Besonders so genannte "Sanierungsfusionen" sollten ihrer Meinung nach erleichtert werden. Und ohne die Worte explizit in den Mund zu nehmen, äußerte sich Hannelore Kraft auch noch zu den Themen Urheber- und Leistungsschutzrecht. "Für mich ist klar: Wir können uns eine Alles-Umsonst-Mentalität im buchstäblichen Sinne nicht leisten." Kreativität müsse sich auch für die Kreativen lohnen. "Sowohl die Kreativität der Einzelnen als auch die Leistung von Sendern, Produzenten und Verlagen stellen das Rückgrat der Kreativwirtschaft dar." Kraft stellte aber auch klar, dass sie von Hinterzimmer-Verhandlungen in diesem Bereich nicht viel hält. "Wir brauchen noch mehr Offenheit und Partizipation an der Medien- und Netzpolitik, damit dieser Rahmen auch passt und als passend empfunden wird."