Es klang schon reichlich skurril: Ausgerechnet der Deutsche Bundestag betrieb in den letzten Monaten einen Piratensender - so zumindest die Auffassung der Landesmedienanstalten. Das Parlamentsfernsehen war in den letzten Jahren nämlich immer weiter ausgebaut worden. Nicht nur die technische Reichweite wurde vergrößert, auch inhaltlich begab man sich auf neues Terrain. Denn während man sich anfangs auf die Übertragung von Debatten beschränkte, kamen später auch Interviews und Reportagen dazu - eigene redaktionelle Beiträge also.

Genau damit überschritt man aber aus Sicht der Medienwächter die Grenze zum Rundfunkangebot - und das darf man in Deutschland nur mit entsprechender Lizenz betreiben. Doch der Bundestag hatte eine entsprechende Lizenz nicht nur nie beantragt - er hätte sie auch gar nicht bekommen können. Schließlich muss Rundfunk in Deutschland staatsfern sein und ein Verfassungsorgan wie der Bundestag schließt sich als Programmveranstalter da von selbst aus.

Mitte März teilte die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) öffentlich mit, dass es "keine Rechtsgrundlage für ein so gestaltetes Parlamentsfernsehen" gebe. Knapp einen Monat später folgte die Reaktion des Bundestags. Bereits seit kurz vor Ostern verzichtet man bei der TV-Ausstrahlung auf sämtliche redaktionelle Beiträge wie etwa Interviews mit Abgeordneten oder Berichte über Ausstellungen im Bundestag und beschränkt sich stattdessen auf die Übertragung von Plenardebatten, öffentliche Ausschuss-Sitzungen und Sonderveranstaltungen.

Produzieren lässt Bundestags-Präsident Norbert Lammert die Interviews, Reportagen und sonstigen redaktionellen Beiträge aber trotzdem weiterhin. Allerdings werden sie künftig nur noch über die Mediathek des Bundestags im Internet abrufbar sein. Dieses Angebot gewinne ohnehin immer stärker an Bedeutung. 2010 habe man rund zwei Millionen Zugriffe auf den Livestream des Bundestags-TVs sowie das Video-on-Demand-Angebot der Mediathek verzeichnet. "Wir freuen uns über den großen Zuspruch, den die Mediathek seit ihrer Einführung 2010 findet", so Bundestagspräsident Norbert Lammert.

Bei den Medienwächtern sieht man durch diese Änderung die eigenen Forderungen erfüllt. Der ZAK-Vorsitzende Thomas Fuchs zeigte sich auf DWDL.de-Anfrage erfreut über die Entscheidung und die zügige Umsetzung. Einen Unterschied macht es für die meisten aber ohnehin nicht. Empfangen kann der Großteil der Deutschen den Sender sowieso nur übers Internet. Daneben wird das Parlamentsfernsehen zwar auch - neben dem digitalen Kabel in Berlin - über den Satelliten Astra 3B, 23,5 Grad Ost ausgestrahlt. Die deutschen Sender senden ihre Programm aber in der Regel über die Position 19,2 Grad Ost, sodass für den Empfang des Parlamentsfernsehens eine zweite Schüssel oder ein spezieller LNB nötig ist.

Mehr zum Thema