Das hätte sich das bekannteste Damenoberbekleidungsunternehmen Westfalens bei seiner Gründung vor 43 Jahren vermutlich auch nicht ausgemalt: Dass es später Mal in die deutsche Fernsehgeschichte eingehen würde, weil die nach ihm benannte Multifunktionsarena in Halle nicht nur Schauplatz einer der Schleichwerbung überführten Sat.1-Ostershow und eines abendfüllenden Grillwettstreits im ZDF sein würde. Sondern auch Austragungsort der "Großen ProSieben Völkerball-Meisterschaft", bei der sich 48 Prominente für einen auf Stadiongröße aufgemotzten Schulsportunterricht gegenseitig mit Bällen bedonnern.
Sollten das nur halb so viele Leute gesehen haben wie auf Twitter deswegen ausgeflippt sind, wird der Sender den Stadionbetreibern nächste Woche ein großes Völkerballschlachtdenkmal vor die Tür betonieren. ProSieben hat schließlich einen Ruf zu verteidigen.
In Sachen Quatschsportevents spielen die Münchner seit jeher in einer eigenen Liga (weil sich sonst niemand einen Unfug in ähnlichem Ausmaß traut). Dass sich ihr Erfinder Ende des vergangenen Jahres aus dem Business zurückgezogen hat, soll keineswegs das Aus bedeuten. The Werberahmenprogramm must go on. Also war an diesem Samstagabend vieles ein bisschen wie immer:
Das übliche TV-Personal ließ sich bis nach Mitternacht durch einen langamtigen Wettbewerb scheuchen, dessen Sieg ausschließlich symbolischer Natur ist, und bei dem es schwer fällt, die Teilnehmer zwischen den vielen Werbeflächen der Sponsoren zu identifizieren, die den Spaß bezahlen. In der Bildschirmecke stand "Dauerwerbesendung", das Moderatoren-Duo aus Sky-Sportfrau Esther Sedlaczek und ProSieben-Thoreschölermann interviewte Gewinner und Verlierer, und auf dem Spielfeld war ziemlich schnell zu merken, wen wirklich der Ehrgeiz gepackt hatte und wer nur zum Geldverdienen da war.
Um zehn vor eins in der Nacht zum Sonntag siegte das "Team Bachelor" knapp gegen die Favoriten vom "Team Internet", und wenn Sie's nicht gesehen haben, ist's vielleicht am einfachsten so zu erklären:
Stellen Sie sich "taff", "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!", "Promi Big Brother" und "Let's Dance" vor, ziehen Sie Joachim Llambi ab und versetzen sich in eine Damenoberbekleidungs-Mehrzweckhalle. Addieren Sie dann: Thorsten Legat, Micaela Schäfer, Paul Janke, Bernhard Brink, Giulia Siegel, Nico Schwanz, den Mann Aurelio, Sophia Wollersheim, Julian F.M. Stoeckl, Martin Kesici, Gina Lisa Lohfink (t.b.c.) – voilà, "Die große ProSieben Völkerball-Meisterschaft".
"Die große ProSieben Dschungel-Nachspielzeit" hätte aber auch gepasst, schließlich ist die Hälfte der Truppe schon mal aus Karrieregründen im australischen Regenwald aufgewacht. Weil's aber verwirrend gewesen wäre, außer "Team Dschungel" auch noch "Team Dschungel 2", "Team Dschungel 3" und "Team Dschungel 4" aufzustellen, wurden die Damen und Herren in anderweitig namensbeschmückte Mannschaften ausgelagert, "powered by" Mundwasserhersteller, Fast-Food-Konzern, Keksriegel oder obskurem Internetportal.
"Ein bisschen Raab'sches Flair herrscht hier noch", meinte die Gastband Revolverheld nach ihrem Unplugged-Auftritt – und hat sich in den Sozialmedien damit gewiss keine Freunde gemacht. (Also: noch weniger als sonst.) Wobei: Öder als manches Raab-Mehrstundenevent war diese Samstagabendvorstellung von Constantin Entertainment auch nicht. Zwischendurch sah's sogar mal kurz so aus, als würde das Stadionpublikum ausrasten, weil es seinen Favoriten Menderes einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters geopfert fühlte und zu Buh-Rufen anstimmte. Die übrige Zeit blieb die Veranstaltung aber ebenso öde wie erkenntnisneutral.
Sicher, Mario Basler hat bewiesen, dass er besser Promis abwerfen kann als tanzen; Evil Jared und Micaela Schäfer haben zum ersten Mal in ihrem Leben einen TV-Auftritt mit vollständiger Textilbekleidung zu Ende gebracht; und Joey Heindle hat einen Manager, der ihm nicht von seinem neuen Titel "Hallo, hallo, schönes Leben" abgeraten hat, den er aber bloß während der Werbepause im Prosieben.de-Livestream übers Playback drübersingen durfte. (Genau wie vorher schon Menderes mit "Music is my life".)
Allerdings hat's einen ziemlich langen Anlauf gebraucht, bis der Abend nach haufenweise Linienübertritten mal kurz spannend wurde. Das Botox-gepolsterte "Team Natürliche Schönheit" überraschte mit seinem Sieg gegen "Team Hardcore", woraufhin Hardrocker Kesici erklärte: "Ich kann mich jetzt bestimmt ein Jahr nicht mehr in Wacken blicken lassen." Youtube-Star Krappiwhatelse fischte seinem Team ein halbes Dutzend gegnerischer Bälle aus dem Luftraum. Und zwei Ex-"Bachelors" holten mit koordinierter Wurftaktik den Pokal nachhause, nachdem zu den Halbfinals endlich etwas mehr Schwung ins Spiel gekommen war.
Aber dass das Ballspiel jetzt tatsächlich "Kult" wird, "spätestens heute Abend", wie das Moderatorenduo vier Stunden zuvor versprochen hatte, dürfte zu bezeifeln sein. ProSieben hat sicher schon das nächste Quatschsportevent im Köcher. Ochsenrennen klingt doch nach einer hervorragenden Idee. Warum probiert das nicht mal einer aus?