Es ist wieder Zeit für den charmantesten Negativ-Preis der Medienbranche: Bereits zum siebten Mal ehrt die Redaktion des Medienmagazins DWDL.de Personen, Unternehmen und Leistungen des vergangenen Jahres, die "ziemlich ui-jui-jui" waren. Hintergrund dieser seit 2008 vergebenen Auszeichnung ist eine Aussage des ehemaligen ARD-Programmdirektors Günter Struve, der einen gewagten Auftritt der Künstlerin Lady Bitch Ray in der Sendung "Schmidt & Pocher" gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" mit zum Kult gereiften Worten kommentierte, diese Sendung sei "ziemlich ui-jui-jui" gewesen. In Anerkennung dieser charmanten, aber deutlichen Kritik verleiht das Medienmagazin DWDL.de den Goldenen Günter. In dieser Woche werden wir Ihnen jeden Tag einen der Gewinner vorstellen.

Der Goldene Günter© DWDL / Bulo
Der Goldene Günter 2014 in der Kategorie "Unangebrachte Kollegenschelte des Jahres" geht an ZDF-Chefredakteur Peter Frey.

Zu den Überraschungen dieses Jahres gehörte der kaum noch gemöglich gehaltene Anflug von Relevanz im Programm von RTL. Das "Team Wallraff" hatte im Frühjahr massive Hygiene-Mängel in Filialen von Burger King festgestellt - mit der Folge, dass sich das Unternehmen erst kürzlich dazu gezwungen sah, die Verträge mit dem Franchisenehmer Yi-Ko zu kündigen. Dass das ZDF nur wenige Tage nach Ausstrahlung der Wallraff-Folge im Rahmen seiner "ZDFzeit" ein Duell zwischen Burger King und McDonalds veranstaltete, ließ einen spannenden Vergleich zu - mit überraschend deutlichem Ausgang zugunsten von RTL.

Während der Privatsender mit spannenden Fakten und echter Recherche überzeugte, bot die Doku im ZDF in erster Linie eine Ansammlung von Belanglosigkeiten. "Nur Fast Food im Zweiten", urteilte DWDL.de kurz nach der Ausstrahlung des Films, dessen wenige kritische Stellen eher wie ein Fremdkörper daherkamen - ganz so, als habe man dem "Team Wallraff" zumindest ein bisschen was entgegensetzen wollen. Dass der eigene Anspruch an die Dokumentationen zur besten Sendezeit nicht gerade hoch ist, wurde schließlich wenige Tage später deutlich, als sich ZDF-Chefredakteur Peter Frey in einem denkwürdigen Interview zur Ausrichtung von "ZDFzeit" äußerte.

"Es ist Dienstag, 20:15 Uhr, wenn sich's der Deutsche auf seiner Couch gemütlich macht und sich anderswo die Nonnen für ihren Auftritt schon warmlaufen", sagte er in einem Gespräch, das Stefan Niggemeier für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" führte. Will heißen: Allzu viel Anspruch sollten die Zuschauer besser nicht erwarten. Das lässt sich schon alleine am Einsatz einer Football-Mannschaft erkennen. Was es über den Service einer kompletten Kette aussagt, dass ein 40 Mann starkes Team in einer zufällig ausgewählten McDonald's-Filiale von den überraschten Mitarbeitern etwas unfreundlicher behandelt wurde als bei Burger King, blieb eines der großen Rätsel dieses Films, den das ZDF Anfang Mai zur besten Sendezeit ausstrahlte. 

Dass ZDF ein Jahr zuvor im Rahmen von "WISO" - ebenfalls mitsamt des beliebigen Einsatzes einer Football-Mannschaft - schon einmal ein Duell zwischen den beiden Hamburger-Brätern durchführte, das im Unterschied zum diesjährigen Vergleich noch Burger King für sich entschied und damit gewissermaßen die Austauschbarkeit derartiger Formate eindrucksvoll unter Beweis stellte, stört den ZDF-Chefredakteur nicht. "Wir sind nicht die Stiftung Warentest", rechtfertigte er in der "FAS" lapidar die seichten Sendungen, die die Zuschauer allenfalls oberflächlich informieren und keineswegs überfordern wollen. Frey sieht seinen Sender durch diese Machart im Übrigen "auf dem richtigen Weg" - was erschreckenderweise bedeutet, dass das Ziel noch nicht mal erreicht ist. Man möchte nach den gewonnen Eindrücken gar nicht wissen, wie dieses Ziel aussehen könnte.

Fatalerweise kommt Frey zu dem Schluss, dass junge Zuschauer wenig Interesse an tiefgründiger Berichterstattung haben. Man habe eine Pflicht, ein jüngeres Publikum für Informationsinhalte zu erreichen, betonte er damals. "Und das gelingt eben nur mit solchen dramaturgischen Kniffen", so der ZDF-Chefredakteur über den blödsinnigen Football-Mannschafts-Besuch bei Burger King und McDonald's. "Das gern als Rentnersender geschmähte ZDF zeigt, dass wir auch jung können. Für uns war's ein schöner Erfolg." Tatsächlich waren die Quoten gut, doch der Anspruch des Mainzer Senders sollte ein anderer sein - erst recht, wenn das Privatfernsehen kurz zuvor zeigt, dass es auch anders geht.

"Die Themen Zalando, Burger King, Altenpflege hat 'ZDFzoom' in den letzten zwei Jahren behandelt, mit interessanten Ergebnissen und ansehnlichen Marktanteilen", klopfte sich Frey auf die Schulter und mag damit durchaus recht haben. In diesem speziellen Fall zeigte sich das ZDF allerdings vor allem als schlechter Verlierer. Dass RTL eine größere Wirkung erzielte, erklärte sich der ZDF-Chefredakteur übrigens mit einem "Überraschungseffekt", da man "solche Stoffe von diesem Sender nicht erwartet". Entsprechend unbeeindruckt zeigte er sich ob der Wallraff-Erfolge und holte sogar noch zur versteckten Kollegenschelte aus: "Bei aller Anerkennung, was RTL da leistet: Besonders originell sind Themenwahl und Erkenntnisse nicht." Ob Frey an dieser Stelle seine eigene Doku mit der von RTL verwechselte, ist nicht überliefert. Unangebracht war diese Kollegenschelte aber in jedem Fall. Vor allem, wenn man selbst im direkten Vergleich derart alt aussieht. Manchmal ist die eigene Nase eben doch meilenweit entfernt.

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