Roger Schawinski, bis Ende 2006 Geschäftsführer von Sat.1, plauderte schon in seinem Buch "Die TV-Falle" recht offen und kritisch über die deutsche Medienbranche. In einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der "Vanity Fair" schoss er nun wieder einmal kräftig gegen die TV-Macher - und vor allem auch seine ehemaligen Kollegen.
Bei den deutschen Sendern hat er Verzweiflung und Panik ausgemacht. "In einer Zeit, in der beinahe jeder neue Versuch ein Flop wird, verliert man schnell nicht nur die Nerven, sondern - was noch viel schlimmer ist - auch den Glauben an sich selbst." Daraus würden dann auch Blitz-Absetzungen wie etwa nach der ersten Folge der RTL-Serie "Die Anwälte" oder nach zwei Folgen des Sat.1-"iTeams" resultieren.
"Im deutschen Fernsehen hat ein hilfloses Hin- und Hergewechsel von Formaten, Sendeplätzen und Inhalten eingesetzt, bei dem einem schwindlig werden kann", so Schawinski. Die "Verzweiflung angesichts der miesen Erfolgsbilanz" führe dabei inzwischen häufig dazu, dass man auf Ideen komme, "bei denen selbst die absoluten Grundregeln des Fernsehmachens ausgehebelt werden".
Als Beispiel nennt Schawinski die Nachrichtensendungen, die plötzlich nicht mehr zu jahrelang gelernten Zeiten kommen. Die "Tagesthemen" etwa seien erst vorverlegt worden, inzwischen variieren die Sendeplätze beinahe täglich. Da sei es kein Wunder, dass die Zuschauer aus bleiben. Besondes stößt Schawinski aber die jüngste Entscheidung seines Ex-Senders Sat.1 auf, seine Nachrichten von 18:30 Uhr auf 20 Uhr zu verlegen.
"Bei Sat.1 wurde die Ratlosigkeit wegen der katastrophalen Quoten am Vorabend jüngst so übermächtig, dass man schließlich auch den letzten Funken Vernunft über Bord warf", so Schawinski in deftigen Worten. Gegen die "Tagesschau" anzutreten, das sei "als ob das Fußballspiel Deutschland gegen Brasilien auf dem einen Sender übertragen würde, und man käme auf die Idee, auf dem anderen Kanal gleichzeitig das Spiel der entsprechenden Junior-Nationalmannschaft zu zeigen."